Königspinguin (Aptenodytes patagonicus) im Zoo Zürich
Enzo Franchini, Zoo Zürich
Ordnung: Pinguine (Sphenisciformes)
Familie: Pinguine (Spheniscidae)
Königspinguin
Aptenodytes patagonicus • The King Penguin • Le manchot royal
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Der Königspinguin ist von großem zoopädagogischem Interesse, namentlich auch in Zusammenhang mit dem Klimawandel, dem in den kommenden Jahren ein erheblicher Teil der Wildbestände zum Opfer fallen dürfte. Da die Art wegen ihres als drollig empfundenen aufrechten Gangs beim Publikum sehr beliebt ist, eignet sie sich vorzüglich als Klimabotschafter. Weil er aber hohe Anforderungen an die Haltung stellt, ist die Zahl der Zoos, die ihn zeigt begrenzt ist. Körperbau und KörperfunktionenMit einer Gesamtlänge von 94-95 cm und einem Gewicht von 9-15 kg und mehr, wobei die Weibchen etwas kleiner sind als die Männchen, ist der Königs- nach dem Kaiserpinguin (A. forsteri) der zweigrößte noch lebende Vertreter seiner Familie [4; 6; 7]. BREHM [2] gibt eine detaillierte Beschreibung des "Königsfetttauchers":" Ihn kennzeichnen der kräftige Bau, der lange, schlanke, an der Spitze ober- und unterseits schwach herabgebogene, an der Wurzel des Unterschnabels und zwischen dessen Kieferästen befiederte Schnabel, die stämmigen, langzehigen, mit sehr langen und kräftigen Nägeln bewehrten, bis zu den Zehen herab befiederten Füße, die langen, schmalen Flossenflügel und der aus etwa dreißig schmalen, steifen, schnellkräftigen Federn bestehende Schwanz. Kopf und Nacken, Kehle und Gurgelgegend sind tief bräunlichschwarz, ein länglich eiförmiger, aufrecht stehender Fleck hinter dem Ohre, von welchem aus ein schmaler Streifen an der Halsseite herab verläuft, wie letzterer und der Vorderhals lebhaft dotter- oder königsgelb, alle Obertheile streifig eisengrau, da die an der Wurzel graubräunlichen Federn vor der Spitze licht bläulich- oder aschgrau gefärbt sind, alle Untertheile, von der noch gilblichen Oberbrust an, weiß, an den Hals- und Oberbrustseiten durch ein schmales schwarzes Band von den Obertheilen geschieden, die Schwingen und Steuerfedern dem Rücken ähnlich gefärbt, erstere der Länge nach bindenartig gezeichnet, unterseits dagegen weiß. Der Schnabel ist hornschwarz, der größte Theil des Unterkiefers von der Wurzel an lebhaft lackroth, der Fuß bräunlich." VerbreitungAntarktis und Subantarktis: Brutgebiete in der Subantarktischen Region, namentlich in Südargentinien und Südchile, den Falklandinseln, Südgeorgien und den Südlichen Sandwichinseln, Heard und McDonaldinseln, Französischen Süd- und Antarktisgebieten sowie Macquarie. Die Vögel wandern von der Antarktis bis nach Australien und Neuseeland, Südafrika, St. Helena, Uruguay und Brasilien [1]. Lebensraum und LebensweiseKönigspinguine brüten auf den der Antarktis vorgelagerten Inseln mit ganzjährig eisfreien Sand- oder Kiesstränden und ertragreichen und stabilen Nahrungsquellen für die Kükenaufzucht in der Nähe. Diese Voraussetzungen sind im Bereich der antarktischen Polarfront gegeben, einem Strömungssystem, das durch das Aufsteigen von nährstoffreichem Tiefenwasser für ausreichend Nahrung für die Pinguine sorgt. Die Nahrung besteht überwiegend aus Fischen, insbesondere Laternenfischen (Electrona carlesbergi, Krefftichthys anderssoni), die meist in Tiefen bis zu 50 m, gelegentlich bis über 240 m gefangen werden. Eine weitere wichtige Komponente sind Kalmare (Onychotheutidae). Die meisten Brutkolonien, die bis zu 300'000 Vögel umfassen können, befinden sich an flach abfallenden Stränden, wo Küken gewöhnlich nicht nass werden. Das Gelege besteht aus nur einem Ei, das von beiden Partnern abwechselnd während 52-56 Tagen in einer Bauchfalte über den Füßen ausgebrütet wird. Das beim Schlupf noch spärliche dunkelgraue Gefieder wird sehr dick und weich. Es isoliert ausgezeichnet und schützt so die 70 cm großen Jungvögel wie ein warmer Wintermantel gegen die antarktische Kälte. Die Jungen werden erst mit 10-13 Monaten selbständig, weshalb es in drei Jahren zu nur zwei Bruten kommt [4; 6; 7]. Gefährdung und SchutzMit einem geschätzten Weltbestand von über 2 Millionen Individuen ist der Königspinguin noch keine gefährdete Tierart (Rote Liste: LEAST CONCERN). Allerdings bedroht die Klimaerwärmung rund 70 Prozent der Königspinguin-Bestände. Bei nicht abnehmenden Treibhausgasemissionen müssten die rund 1,1 Millionen Brutpaare ihre traditionellen Brutplätze verlassen oder würden verschwinden [1; 3]. Der internationale Handel ist nicht durch CITES geregelt. Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):
Bedeutung für den MenschenUm 1890 erhielt ein gewisser Joseph HATCH von der damals zuständigen neuseeländischen Regierung eine Konzession zur Nutzung der Königspinguine auf der Macquarie-Insel. In der Folge ließ er Jahr für Jahr 150'000 Pinguine erschlagen, um daraus rund 70'000 Liter Tran zu gewinnen. Diese Nutzung war zwar an sich nachhaltig, stieß aber bei der Bevölkerung zunehmend auf Unverständnis, weshalb die Konzession im Jahr 1919 entzogen wurde [9]. 1933 wurde Macquarie, jetzt von Australien, unter Naturschutz gestellt. Heute ist der Königspinguin ein Anziehungspunkt für den boomenden Antarktis-/Subantarktis-Tourismus. HaltungKönigspinguine werden oft mit anderen Pinguinarten (Esels-, Felsen-, Zügelpinguine) vergesellschaftet. Das Höchstalter in Menschenobhut liegt, soweit bekannt, bei 46 Jahren. Es wurde erreicht von einem weiblichen Vogel, der 2020 im Zoo Wuppertal wegen Altersbeschwerden eingeschläfert werden musste [12]. Forschung im Zoo: Königspinguine sind Gegenstand von Forschungsarbeiten und forschendem Lernen im Zoo. In Wuppertal z.B. wurde der Einsatz von Raubwanzen zur Bestimmung von Blutparasiten geprobte [5] und ausgehend vom Zoo Basel wurde eine vergleichende Untersuchung über Haltungsbedingungen und Zuchterfolg in verschiedenen Zoos durchgeführt [8; 9]. Haltung in europäischen Zoos: Bereits 1865 wurde ein von den Falkland-Inseln importierter Königspinguin im Londoner Zoo gezeigt. In Deutschland war die Art 1914 in Hagenbecks Tierpark zu sehen, wo sie in den 1930er-Jahren auch gezüchtet wurde. In der Schweiz zeigte der Zoo Basel ab 1957 Königspinguine, die zusammen mit drei weiteren Pinguinarten importiert worden waren. Noch im selben und im folgenden Jahr gab es etliche Verluste zufolge Aspergillose, aber am 26 Juli 1959 kam es zum ersten Zuchterfolg [9]. Heute wird die Art in etwa 20 Zoos gehalten, von denen sich rund ein Drittel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Alle Zoos beteiligen sich am Europäischen Zuchtprogramm (EEP, seit 2014, zuvor ESB), das 2022 in ein "New Style"-EEP umgewandelt wurde und vom Zoo Edinburgh koordiniert wird. 2021 umfasste das Programm 326 Vögel. Es werden eine Zunahme der Zahl der Haltungen und eine Vergrößerung der einzelnen Kolonien angestrebt [14]. Die europäischen Zuchten waren lange von Importen aus amerikanischen Zoos abhängig. Eine Umfrage bei europäischen und nordamerikanischen Zoos zeigte, dass die Zuchterfolge bei Kolonien mittlerer Größe mit einer Dichte von 0.25 bis 0.38 Individuen per m² die höchste Wachstumsrate hatten, und dass sich ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis positiv auswirkte. Ebenfalls positiv beurteilt wurden Spaziergänge im Freien während der kalten Jahreszeit [4; 5]. Der Königspinguin ist das Wappentier des Wuppertaler Zoos. In dessen Kolonie leben noch drei der ursprünglich 1975 eingeführten Vögel. Diese sind also über 35 Jahre alt. 2008 konnten die Wuppertaler Königspinguine, von denen rund die Hälfte eigene Nachzuchten sind, eine neue Anlage beziehen, eine der größten und modernsten Pinguinanlagen Europas. Den Tieren stehen nun eine großzügige Landfläche von etwa 100 m² und ein Wasserbecken mit 220 m³ zur Verfügung. An der tiefsten Stelle ist das Becken rund 2,5 Meter tief. Der umbaute Raum beträgt etwa 3.750 m³. Die Temperatur im Gehege beträgt konstant etwa 6-8°C. Der geschlossene Luftraum über der Anlage mit modernster Beleuchtungs-, Lüftungs-, Entkeimungs- und Kühltechnik sorgt für das richtige Klima zur Haltung der sehr empfindlichen Königspinguine. Für die Besucher besonders attraktiv ist ein15 Meter lange Acrylglastunnel unter der Wasseroberfläche. Diese damals bei Pinguinen weltweit einmalige Attraktion bietet faszinierende Einblicke in die Unterwasserwelt der Pinguine [12]. Wie Königspinguine gehalten werden (Beispiel):
Mindestanforderungen an Gehege: In Deutschland gibt es keine konkreten Mindestanforderungen an Gehege für Pinguine. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) sind Königspinguine in Gruppen von mindestens 3 Paaren zu halten. Es sind klimatisierte Innenanlagen mit einer Lufttemperatur zwischen 2 und 10°C und einer Luftfilterung durch keimtötende Lampen oder Ähnliches einzurichten. Für bis zu 6 Vögel ist eine Mindestfläche von 60 m² erforderlich, für jedes weitere Tier ist die Fläche um 2 m² zu erweitern. Zusätzlich muss ein Wasserbecken mit einer Mindestgröße von 12 m² und einer Mindesttiefe von 2 m vorhanden sein, dessen Wasserqualität durch geeignete Filteranlagen und regelmäßigen Wassertausch zu gewährleisten ist. Nach Schweizerischer Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) ist für bis zu 12 Königspinguine ein klimatisiertes Innengehege mit einer Landfläche von 45 m², einer Höhe von 2 m und einem Bassin mit Steilufern und Ausstiegen von 15 m² Fläche und 2 m Tiefe erforderlich. Für jeden weiteren Adultvogel ist die Landfläche um 3, die Wasserfläche um 1 m² zu erweitern. Während der kalten Jahreszeit sollen die Pinguine Zugang zu einem Außengehege von 100 m² (plus 3 m² für jedes weitere Tier) haben oder regelmäßig im Rahmen von Spaziergängen ins Freie gelangen. Die Vorgängerverordnung sah für das Freigehege keine Mindestfläche und für das Innengehege nur 16 m² Landfläche für 6 Vögel und 2 m² zusätzlich für jeden weiteren vor, für das Bassin 12 m² Fläche und 1 m² zusätzlich für jeden weiteren Vogel. Die Änderung erfolgte ohne Anlass und ohne Angabe von Gründen. Taxonomie und NomenklaturDer Königspinguin wurde 1778 von dem englischen wissenschaftlichen Illustrator John Frederick MILLER als "Aptenodytes patagonica" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Abgesehen davon, dass Aptenodytes seit Langem als Maskulinum behandelt wird, ist der Name nach wie vor gültig. Es wurden zwei Unterarten beschrieben, deren Gültigkeit jedoch angezweifelt wird. Die EAZA schlägt vor, zur Klärung molekulargenetische Studien im Rahmen der Zoopopulation durchzuführen [4]:
In der europäischen Zoopopulation sind beide Unterarten sowie Unterart-Hybriden vertreten. Im Rahmen des EEP wird der Königspinguin nur auf Artniveau gemanagt [14]. |
Literatur und Internetquellen
- BIRDLIFE INTERNATIONAL (2020). Aptenodytes patagonicus. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T22697748A184637776. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-3.RLTS.T22697748A184637776.en. Downloaded on 17 December 2020.
- BREHM, A. E. (1882-1887)
- CRISTOFARI, R., LIU, X., BONADONNA, F., CHEREL, Y., PISTOTIUS, P., Le MAHO, Y., RAYBAUD, V., STENSETH, N. C., LE BOHEC, C. & TRUCCHI, E. (2018)
- DEL HOYO, J., ELLIOTT, A.. & SARGATAL, J. (eds., 1992)
- DOBRZINSKI, V. (2012)
- GRUMMT, W. & STREHLOW, H. (2009)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- SCHWEIZER, S. (2013)
- SCHWEIZER, S., STOLL, P. VON HOUWALD, F. & BAUR, B. (2016)
- SIMPSON, G. G. (1976)
- ZOO BASEL - JAHRESBERICHTE
- ZOO WUPPERTAL - PRESSEMITTEILUNG
- ZOO ZÜRICH
- EAZA TAG REPORTS 2019 und Long-term Management Plan for the King penguin (Aptenodytes patagonicus) vom 28.04.2021