Krauskopfpelikan

Krauskopfpelikan (Pelecanus crispus) im Tierpark Bern
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Ordnung: Ruderfüsser (Pelecaniformes)
Familie: Pelikane (Pelecanidae)

D NT 650

EEPKrauskopfpelikan

Pelecanus crispus • The Dalmatian Pelican • Le pélican frisé

210 002 001 003 pelecanus crispus lesna PD1Krauskopfpelikan (Pelecanus crispus) im Zoo Zlín-Leśna © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

210 002 001 003 pelecanus crispus mapApproximative Verbreitung des Krauskopfpelikans (Pelecanus crispus). Dunkelblau: Ganjahres- und Brutgebiete; gelb: Winterquartiere

210 002 001 003 pelecanus crispus BSL PD1Krauskopfpelikan (Pelecanus crispus) im Zoo Basel, Detail © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

210 002 001 003 pelecanus crispus tregomeur PD1Krauskopfpelikan (Pelecanus crispus) im ZooParc de Trégomeur © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

210 002 001 003 pelecanus crispus scorff PD1Krauskopfpelikan (Pelecanus crispus) im Zoo de Pont-Scorff © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

210 002 001 003 pelecanus crispus dvur PD1Krauskopfpelikan (Pelecanus crispus) im ZooDvůr Králové nad Labem © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

210 002 001 003 pelecanus crispus lesna PD2Krauskopfpelikan (Pelecanus crispus) im Zoo Zlín-Leśna © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

210 002 001 003 pelecanus crispus brn PD3Krauskopfpelikan (Pelecanus crispus) im Januar im Tierpark Bern hudert Jungvogel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

210 002 001 003 pelecanus crispus BRN PD6Krauskopfpelikan (Pelecanus crispus) Jungvogel im Nest, Januar im Tierpark Bern © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

210 002 001 003 pelecanus crispus brn PD4Krauskopfpelikan (Pelecanus crispus) im Tierpark Bern © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

210 002 001 003 pelecanus crispus brn PDKrauskopfpelikan (Pelecanus crispus) im Tierpark Bern © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

210 002 001 003 pelecanus crispus wien dZupancKrauskopfpelikane (Pelecanus crispus) im Tiergarten Schönbrunn © Daniel Zupanc / TG Schönbrunn (Pressefoto)

210 002 001 003 pelecanus crispus TPB MKaiserJunge Krauskopfpelikane (Pelecanus crispus, 5 und 7 Tage alt, im Tierpark Berlin © Martin Kaiser, TP Berlin

210 002 001 003 pelecanus crispus villars PD1Krauskopfpelikane (Pelecanus crispus) auf großer Anlage im Parc des Oiseaux, Villars-les-Dombes © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

210 002 001 003 pelecanus crispus enclosure tregomeur PD1Anlage für Krauskopfpelikane (Pelecanus crispus) im ZooParc de Trégomeur © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Der global als potenziell gefährdet eingestufte, auch in Europa vorkommende Krauskopfpelikan bietet, nebst seiner Biologie, auch wegen seiner kulturellen Bedeutung und seines früheren Vorkommens in Mitteleuropa reichlich Stoff für die Zoopädagogik. Er ist der am zweithäufigsten in europäischen Zoos gehaltene Vertreter der Pelikane.

Körperbau und Körperfunktionen

Mit einer Gesamtlänge von 160–180 cm, wovon 37-45 cm auf den Schnabel fallen, einer Flügelspannweite von 310–345 cm und einem Körpergewicht von 10-13 kg ist der Krauskopfpelikan der größte Vertreter seiner Familie. Weibchen sind im Mittel etwas kleiner und leichter als Männchen.

Die zur Brutzeit stark verlängerten Federn an Hinterkopf und -hals sind lockig gekräuselt. Der federlose Bereich ums Auge ist schmal. Die Iris ist hellgelb, der Kehlsack im Brutkleid rotorange, sonst gelborange. Die Füße sind bleigrau. Die Armschwingen haben dunkle Spitzen, die Handschwingen sind schwärzlich, das übrige Gefieder ist weiß mit silbergrauem Anflug [4; 6; 9].

Verbreitung

Europa und Asien: Brutvogel in Albanien, Bulgarien, Griechenland, Kroatien, Rumänien, Serbien und Montenegro, Ukraine, Iran, Kasachstan, möglicherweise China und Irak. Nicht brütend in Ägypten, Bangladesch, Hongkong, Indien, Libanon, Nepal, Pakistan, Syrien und Türkei [1]. Die Verbreitung überlappt sich teilweise mit der des Rosapelikans, so lassen sich z. B. am Prespasee im Dreiländereck von Nordmazedonien, Albanien und Griechenland beide Arten beobachten.

Situation in Mitteleuropa: Noch zur Römerzeit brüteten Krauskopfpelikane am Niederrhein. In der Neuzeit trat die Art im deutschsprachigen Raum nur noch als gelegentlicher Gastvogel auf. Der bedeutendste Einflug ereignete sich am 8. Juli 1768, als ein Schwarm von 130 Stück in der Nähe von Lindau auf dem Bodensee einfiel. Die nächstgelegenen Brutvorkommen in Ungarn starben wohl um die Mitte des 19. Jahrhunderts aus [7; 8].

Lebensraum und Lebensweise

Krauskopfpelikane besiedeln Flüsse, Seen, Deltas und Lagunen. Sie ernähren sich von bis zu 50 cm langen Fischen, wie z.B. Aal, Hecht, Karpfen, Rotfedern oder Flussbarschen. Pro Tag benötigen sie etwa 1.2 kg Fisch.

Krauskopfpelikane sind keine Stoßtaucher. Da sie wegen ihrer lufthaltigen Knochen und der unter der Haut gelegenen Luftsäcke nicht ab der Wasseroberfläche tauchen können, treiben sie meist in Gruppen und flügelschlagend Fischschwärme in seichtes Wasser, wo sie die Beute mit Hilfe ihres Kehlsacks abschöpfen können.

Sie sind Bodenbrüter, die ihre Nester entweder vereinzelt oder in Kolonien im Schilf oder auf Steininseln, nur selten auf niedrigen Bäumen, errichten. Das Männchen bringt das Nistmaterial herbei, das Weibchen verbaut es. Gebrütet wird nach Literaturangaben ab Anfang April bis Juni/Juli. In manchen Zoos, z.B. Bern oder Herberstein,  fangen die Vögel allerdings bereits im Dezember mit dem Brüten an, und die Küken schlüpfen ab Januar. Das Gelege besteht aus (1-)2 bräunlich-weißen, ca. 95x56 mm großen Eiern, die abwechselnd von beiden Eltern während 30-32(-34) Tagen ausgebrütet werden. Zur Nahrungsaufnahme holen die Jungtiere den vorverdauten Fisch aus dem für Pelikane charakteristischen dehnbaren Kehlsack ihrer Eltern. Mit 2.5 Wochen scharen sie sich zu Kindergärten zusammen, mit 3.5 Monaten sind sie selbständig [4; 6, 9].

Gefährdung und Schutz

Der Weltbestand umfasst rund 11'400 bis 13'400 erwachsene Individuen und nimmt ab. Die Art wird deshalb seit 2017 global als potenziell gefährdet eingestuft (Rote Liste: NEAR THREATENED), die europäische Population gilt mit einem leicht zunehmenden Brutbestand von 3'400-4'700 Paaren als gesichert. Die größten europäischen Populationen befinden sich in Griechenland (1'900-2'200 Brutpaare) und in Russland (1'000-1'200 Brutpaare [1].

Der internationale Handel ist seit 1983 nach CITES-Anhang I eingeschränkt. Zuvor war die Art in Anhang II aufgeführt. Der Transfer erfolgte auf Antrag der Schweiz und Frankreichs. Die Art fällt unter Anhang I der Vogelschutzrichtlinie der EU (Richtlinie 2009/147/EG vom 30. November 2009), jeweils unter  Anhang 2 der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume und des African-European Migratory Waterbird Agreements (AEWA), sowie die Anhänge 1 und 2 der Bonner Konvention über wandernde Tierarten.

Bedeutung für den Menschen

Krauskopfpelikane werden zur Gewinnung von Fleisch und ihrer Schnäbel, die in der Mongolei zu Pferdestriegeln verarbeitet werden, bejagt und laut IUCN für den internationalen Tierhandel gefangen bzw. ausgehorstet [1]. Faktisch wurden allerdings  von 2001-2021 keine Wildfänge im internationalen Handel registriert. Im selben Zeitraum wurden weltweit 56 Nachzuchtvögel bei der Ausfuhr erfasst. Davon stammten 30 aus Deutschland und 7 aus der Schweiz [3].

BREHM weiß zur Nutzung des Krauskopfpelikans Folgendes [2]: "Die Araber fangen sie, um sie zu essen, obgleich dies nach den mohammedanischen Gesetzen eigentlich verboten ist. Denn als man die Kaaba in Mekka baute, und das Wasser weit herbeigeholt werden mußte, gebrach es bald an den nöthigen Trägern. Die Bauleute klagten, daß sie ihre Hände müßig ruhen lassen mußten; aber Allah wollte nicht, daß der heilige Bau verhindert werde, und sandte tausende von Pelekanen, welche ihren Kehlsack mit Wasser füllten und dieses den Bauleuten brachten.

Wenn ein arabischer Fischer einen Pelekan gefangen hat, durchsticht er die Augen mit einer Nadel, zieht einen Faden durch und bindet diesen wieder mit dem vom anderen Auge oben auf dem Kopfe zusammen. Die Lider entzünden sich, und der arme Vogel muß viele Schmerzen leiden, bis seine Erlösungs-, bezüglich Todesstunde schlägt."

Kulturelle Bedeutung: In der frühchristlichen Symbolik galt der Pelikan als Sinnbild der aufopfernden Mutterliebe, der sich selbst mit dem spitzen Haken am Schnabelende die Brust aufreißt, um die Jungen am Leben zu halten. Diese Legende geht wohl auf die Tatsache zurück, dass der rötliche Kropffleck und Kehlsack, der zur Brutzeit beim Krauskopfpelikan sichtbar wird, wie eine Wunde aussieht [7].

Haltung

Im Tierpark Berlin erreichte ein Krauskopfpelikan ein Alter von 38 Jahren. Die Haltung erfolgt meist auf Wassergeflügelteichen zusammen mit Gänsevögeln, Kormoranen, Störchen oder Kranichen. Eine Gemeinschaftshaltung mit anderen Arten ist möglich, allerdings besteht die Gefahr, dass Mischlinge produziert werden (z. B. mit Rosa- oder Rötelpelikan) [6].

Pelikane gehören zu den Vögeln, die nach Ansicht von Tierschutzsachverständigen der Zoos durch eine geeignete Methode (Federstutzen, Extirpation einiger Federpapillen) flugunfähig gemacht und in einer großzügigen Freianlage gehalten werden können, anstatt theoretisch flugfähig, aber in einer durchschnittlich dimensionierten Voliere, in der sie effektiv nicht fliegen können [5].

Im Idealfall wird den Vögeln eine Brutinsel zur Verfügung gestellt, auf der sie sich sicherer fühlen als am Gewässerrand.

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund 95 Zoos gehalten, von denen sich etwa 15 im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Es gibt ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP, seit 1995), das vom Zoo Rotterdam koordiniert wird. 2019 umfasste das Programm 588 Vögel in 59 Institutionen, ferner erfasste die Taxon Advisory Group 48 Vögel in 14 weiteren Zoos [10].

Wie Krauskopfpelikane gehalten werden (Beispiel):

Mindestanforderungen an Gehege: In Deutschland gibt es keine konkreten Mindestanforderungen an Gehege für Pelikane.

Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) schreibt vor, dass Pelikane in Gruppen von mindestens 4 Tieren zu halten sind. Pelikane der gemäßigten Breiten dürfen ganzjährig auf den Außenanlagen gehalten werden, wobei dafür zu sorgen ist, dass die Wasserflächen auch bei Temperaturen unter 0°C nicht zufrieren. Für bis zu 6 Pelikane ist ein Außengehege mit einer Landfläche von 60 m² und einem Bassin von 50 m² Fläche und 1 m Tiefe vorgeschrieben, für jedes weitere Tier 10 m² Landfläche mehr. Die Innenanlage muss eine Mindestfläche von 20 m² und für jedes weitere Tier 3 m² zusätzlich aufweisen.

Nach Schweizerischer Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) ist für bis zu 4 Pelikane ein Außengehege mit einer Landfläche von 60 m² und einem Schwimmbecken von 50 m² Fläche und 0.75 m Tiefe erforderlich. Für jeden weiteren Adultvogel ist die Landfläche um 10, die Wasserfläche um 5 m² zu erweitern. Ein Innengehege mit Badegelegenheit und einer Mindestfläche von 3 m² pro Vogel muss an die Außenanlage anschließen. Die Vorgängerverordnung hatte bei der Landfläche nur 40 m² vorgeschrieben. Die Erhöhung erfolgte ohne Anlass und ohne Angabe von Gründen.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Krauskopfpelikan wurde 1832 von Carl Friedrich BRUCH einem Notar und Hobbyornithologen aus Mainz, der die Gründung der Rheinischen Naturforschenden Gesellschaft initiiert hatte und deren erster Präsident wurde, unter seinem heute noch gültigen Namen erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die Art ist monotypisch, zeitweilig war sie mit dem Graupelikan (Pelecanus philippensis) als eine einzige Art aufgefasst worden [4].

Die deutsche Bezeichnung Pelikan bzw. der wissenschaftliche Name Pelecanus leitet sich ab vom altgriechischen Namen "pelekán" (πελεκάν) des Vogels, der wiederum mit "pélekys" (πέλεκυς) zusammenhängt, was Axt, Beil oder Hammer bedeutet. "crispus" ist lateinisch und bedeutet kraus, gekräuselt oder Krauskopf.

210 002 001 003 pelecanus crispus bern PD1Krauskopfpelikan (Pelecanus crispus) im Tierpark Bern © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

Literatur und Internetquellen

  1. BIRDLIFE INTERNATIONAL (2018). Pelecanus crispus. (amended version of 2017 assessment). The IUCN Red List of Threatened Species 2018: e.T22697599A122838534. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2017-3.RLTS.T22697599A122838534.en und (2021) The IUCN Red List of Threatened Species 2021: e.T22697599A166324702. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2021-3.RLTS.T22697599A166324702.en. Accessed on 07 January 2022.
  2. BREHM, A. E. (1882-1887)
  3. CITES TRADE DATA BASE
  4. DEL HOYO, J., ELLIOTT, A. & SARGATAL, J., eds. (1999)
  5. DOLLINGER, P., PAGEL, T., BAUMGARTNER, K., ENCKE, D. ENGEL, H. & FILZ, A. (2014)
  6. GRUMMT, W. & STREHLOW, H. (2009)
  7. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  8. MAUMARY, L. et al. (2007)
  9. PFORR, M. & LIMBRUNNER, A. (1991
  10. MARCORDES, B. et al. (2020)