ZIEGLER, T. et al. (2020)

ZIEGLER, T., FRANK-KLEIN, N., OMMER, S., HÜRCHE, R., LOISELLE, P. V. & VENCES, M. (2020)

Keeping and breeding of threatened endemic Malagasy freshwater fishes at Cologne Zoo (Germany): a contribution towards the advancement of a conservation breeding network.

Haltung und Nachzucht bedrohter endemischer Süßwasserfische aus Madagaskar im Kölner Zoo: ein Beitrag zur Weiterentwicklung eines Erhaltungszuchtnetzwerks.

Zool. Garten N.F. 88 (2020) 123-155

Zusammenfassung:

Als eine der größten Inseln weltweit ist Madagaskar mit seinem hohen Grad an endemischer Biodiversität ein globaler Hotspot des Artenschutzes. Mehr als zwei Drittel der 169 madagassischen Süßwasserfische, die bisher wissenschaftlich benannt worden sind, sind für Madagaskar endemisch und viele davon dazu noch mikroendemisch, d. h. sie sind nur aus sehr kleinen Arealen oder einem einzelnen Gewässereinzugsgebiet bekannt. Es spricht vieles dafür, dass Fische die am stärksten bedrohte Wirbeltiergruppe auf Madagaskar darstellen. Maßnahmen zur Lebensraumerhaltung sind dringend erforderlich, um durch Entwaldung, Überfischung und das Einbringen invasiver Arten verursachten Aussterbeereignissen entgegenzuwirken. Für viele Arten wurden bereits im Jahr 2003, d. h. vor knapp zwei Jahrzehnten, ex situ-Erhaltungszuchten als einzige derzeit greifende Bewahrungsmaßnahmen eingefordert, um drohende Aussterbeereignisse abzuwenden. Hier berichten wir über die erfolgreiche Haltung und Nachzucht des aplocheiliden Ährenfischverwandten Pachypanchax sakaramyi, der bedotiiden Ährenfischverwandten Bedotia madagascariensis und Rheocles vatosoa (alle stark bedroht) und den seltenen Buntbarschen Ptychochromis insolitus (vom Aussterben bedroht) und P. loisellei (stark bedroht), alles gefährdete endemische Süßwasserfische aus Madagaskar, die im Aquarium des Kölner Zoos in Deutschland gehalten werden.

Unser Bericht ist kombiniert mit ersten Ergebnissen unserer fortwährenden DNA-Barcoding-Analysen von ex situ-Beständen madagassischer Süßwasserfische. Da eine korrekte Identifizierung für Erhaltungszuchtprogramme ausschlaggebend ist, insbesondere wenn Rückführungen bzw. Populationsaufstockungen im natürlichen Lebensraum anstehen, sequenzierten wir zur exakten spezifischen Identifizierung ein Segment des mitochondrialen 16S rRNA Gens von den derzeit neun endemischen, im Kölner Zoo gehaltenen Süßwasserfischarten aus Madagaskar. Weiterhin geben wir Empfehlungen hinsichtlich des Schutzstatus der auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN 2020) aufgeführten endemischen madagassischen Süßwasserfische, die in dieser Studie abgehandelt werden, gemeinsam mit den nach 2003 wissenschaftlich benannten Arten. Damit möchten wir eine Vorleistung für künftige formale Neubewertungen des Status dieser Arten erbringen. Für Pachypanchax sakaramyi, Bedotia madagascariensis, Rheocles vatosoa, Ptychochromis insolitus und P. loisellei tragen wir in den jeweiligen Artkapiteln Informationen zu den diagnostischen Merkmalen, zur Verbreitung, Populationsgröße, Bedrohung und zum Schutzstatus zusammen. Darüber hinaus haben wir die Zoo-Datenbank ZIMS (Zoologische Informations-Management Software von Species360) zusammen mit der Europäischen Datenbank Zootierliste ausgewertet, um aktuelle Information über die institutionelle bzw. Zoohaltung zuvor genannter Arten zu erhalten. Der Kölner Zoo erhielt Rheocles vatosoa, Ptychochromis insolitus und P. loisellei 2019 vom Toronto Zoo in Kanada. Keine der Arten war zu diesem Zeitpunkt in einem deutschen Zoo vertreten. P. loisellei wurde darüber hinaus in Europa weder institutionell noch privat gehalten.

Der von der internationalen Madagaskar Fauna und Flora-Gruppe mit initiierte Transfer besagter Arten vom Toronto Zoo zum Kölner Zoo war demnach die Gründung sowohl der Haltung dieser Arten in Deutschland als auch der Aufbau einer Erhaltungszucht für diese und andere madagassische Süßwasserfische in Europa. Aufgrund der erfolgreichen Nachzucht von drei der aus Toronto erhaltenen bedrohten madagassischen Fischarten im Aquarium des Kölner Zoos und der nachfolgenden Verteilung des Nachwuchses in derzeit neun andere Zoos, konnte ein erster wichtiger Beitrag zum Aufbau eines Erhaltungszuchtnetzwerks bedrohter madagassischer Süßwasserfische in Europa geleistet werden: Bislang wurden bereits 215 Ptychochromis insolitus und zusätzlich 90 P. loisellei von Köln aus an europäische Zoos verteilt. Derzeit werden weiterhin gemeinschaftlich Citizen Conservation Programme – zunächst in Deutschland – für bedrohte madagassische Süßwasserfischarten etabliert, um das Erhaltungszuchtnetzwerk mit engagierten Privathaltern zu erweitern.

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