Echte Schmuckschildkröten

Echte Schmuckschildkröte (Pseudemys sp.) im Zoo Osnabrück
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Ordnung: Schildkröten (TESTUDINATA)
Unterordnung: Halsbergerschildkröten (CRYPTODIRA)
Familie: Neuwelt-Sumpfschildkröten (Emydidae)

D LC 650

Echte Schmuckschildkröten

Pseudemys spp. - The Cooters - Les pseudémys

Echte Schmuckschildkröten (Pseudemys spp.) sind eine im Südosten der USA weitverbreitete Schildkrötengattung mit mehreren Arten. Nachdem in Europa die Einfuhr der Buchstaben-Schmuckschildkröte (Trachemys scripta elegans) weitestgehend verboten wurde, ist die Einfuhrvon  Pseudemys weiterhin möglich, weshalb die Zoos nach wie vor mit zahlreichen Tieren aus Privathand beglückt werden, bei denen sowohl Ursprungsgebiet als auch die genaue Art unbekannt sind. Da sich die einzelnen Arten stark ähneln, es innerhalb der Arten eine erhebliche Variabilität der Zeichnung gibt, und zudem ein taxonomisches Durcheinander besteht, lassen sich viele Tiere nicht eindeutig bestimmen.

301 007 027 002 pseudemys concinna vermutl BBG AF1Echte Schmuckschildkröte (vermutlich Pseudemys concinna) im Tiergarten Bernburg © Andreas Filz, TG Bernburg

301 007 027 000 pseudemys sp mapApproximatives natürliches Artareal der Echten Schmuckschildkröten (Pseudemys spp.)

301 007 027 002 pseudemys concinna vermutl BBG AF2Echte Schmuckschildkröte (vermutlich Pseudemys concinna) im Tiergarten Bernburg © Andreas Filz, TG Bernburg

301 007 027 000 pseudemysEchte Schmuckschildkröte (Pseudemys sp.) im Tierpark Nordhorn © Franz Frieling, TP Nordhorn

 

301 007 027 000 pseudemys sp OS AF2Echte Schmuckschildkröte (Pseudemys sp.) im Zoo Osnabrück © Andreas Filz, Tiergarten Bernburg

301 007 027 000 pseudemys floridana HillewaertFlorida-Schmuckschildkröte (Pseudemys (concinna) floridana) © Hans Hillewaert. Übernommen aus Flickr unter der CC BY-NC-ND 2.0-Lizenz

301 007 027 000 pseudemys texana FarrTexas-Schmuckschildkröte (Pseudemys texana) im Colorado River, Travis County, Texas © William L. Farr. Übernommen aus Wikimedia Commons unter der CC BY-SA 4.0-Lizenz

301 007 027 000 pseudemys gorzugi FtWorth SesamehoneytartRio Grande-Schmuckschildkröte (Pseudemys gorzugi) im Fort Worth Zoo © Sesamehoneytart. Übernommen aus Wikimedia Commons unter der CC BY-SA 4.0-Lizenz

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301 007 027 000 pseudemys alabamensis BillSummerour1Alabama-Schmuckschildkröte (Pseudemys alabamensis) Rücken- und Bauchansicht eines Jungtiers. Bill Summerour. Gemeinfrei.

 

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Körperbau und Körperfunktionen

Schildkröten der Gattung Pseudemys sind mittelgroße bis große Wasserschildkröten mit deutlichem Geschlechtsdimorphismus. Männchen erreichen eine Carapaxlänge von 33 cm, Weibchen bis 43 cm. Erwachsene Männchen haben verlängerte Vorderklauen und einen dickeren Schwanz. Ihre Kloakenöffnung befindet sich hinter, die der Weibchen unter dem Panzerrand. Der Panzer von Jungtieren ist hinten gezahnt und trägt einen medialen Kiel, während ältere Individuen oft einen flachen oder konkaven Carapax haben. Die Grundfarbe des Rückenpanzers ist oliv, braun oder schwarz mit einem Muster aus gelben bis orangefarbenen oder roten Balken, Wellenlinien oder konzentrischen Kreisen, das bei älteren Tieren weitgehend verschwinden kann. Bei Jungtieren ist die Grundfarbe grün. Das Plastron ist relativ groß und gelenklos mit einer hinteren medialen Kerbe. Es ist es blassgelb bis orange oder korallenfarben, bei einigen Populationen mit einem dunklen, verästelten Muster, das im Allgemeinen den Nähten folgt. Die Haut kann braun, oliv, grün oder schwarz sein. Gelbe Streifen sind normalerweise am Kopf, am Hals und an den Gliedmaßen vorhanden [5].

Verbreitung

Das natürliche Areal umfasst die östlichen USA und Nordmexiko [3; 4]. Details siehe unter Taxonomie.

Lebensraum und Lebensweise

Echte Schmuckschildkröten besiedeln vor allem Flüsse mit stellenweise dichter Vegetation, gehen aber auch in andere Gewässer, einschließlich Brackwasser. Die Nahrung besteht überwiegend oder ausschließlich aus Wasserpflanzen. Weibchen werden mit etwa 14 cm Carapaxlänge geschlechtsreif. Im Süden beginnt die Paarungszeit schon im Januar. Die Paarung findet im Wasser statt. Dabei schwimmt das Männchen dicht über seiner Partnerin und beklopft deren Kopf mit den langen Krallen der Vorderfüße. Die Ablage der jeweils 6-19 (4-30) Eier erfolgt von Mai bis Juli, der Schlupf der etwa 35 mm messenden Jungtiere im August/September. Ein Weibchen kann jährlich bis zu 6 Gelege produzieren [1; 2; 7-13].

Gefährdung und Schutz

Die Alabama-Schmuckschildkröte (P. alabamensis) gilt als stark (Rote Liste: ENDANGERED), die Rio Grande-Schmuckschildkröte (P. gorzugi) als potenziell (NEAR THREATENED) gefährdet. Alle anderen Formen sind nicht gefährdet (LEAST CONCERN) [7-13].

Bedeutung für den Menschen

Echte Schmuckschildkröten werden in großem Stil für den Export gezüchtet und gebietsweise für den nationalen und internationalen Tierhandel oder zur Ernährung für den Eigenbedarf gesammelt.In den Jahren 2003-2005 exportierten die USA insgesamt 11'169'657 Pseudemys, davon waren nur 63'659 Wildfänge [7-13; 14].

Haltung

Im Sinne einer guten Haltungspraxis wird empfohlen, dass ein Terrarium mindestens dem 6x3-fachen der Carapaxlänge und die Wassertiefe dem 4- bis 5-fachen der Carapaxbreite entsprechen soll. Das Wasser sollte für Jungtiere 22-25ºC warm sein, bei erwachsenen sind tiefere Temperaturen möglich. Je nach Provenienz ist eine Winterruhe von ca. 3 Monaten bei 8 -12°C angezeigt [2; 15].

Haltung in europäischen Zoos: Alljährlich werden zahlreiche Schmuckschildkröten von privaten Haltern entsorgt, indem sie irgendwo in einem öffentlichen Gewässer ausgesetzt werden - und auch Zoos werden mit solch nicht mehr erwünschten Tieren beglückt. In aller Regel lässt sich der Ursprung der Tiere nicht feststellen, und in Anbetracht der unübersichtlichen Taxonomie scheitert die genaue Artbestimmung vielfach.

Vertreter der Gattung Pseudemys werden in rund 100 Einrichtungen gezeigt, von denen sich etwa die Hälfte im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Es ist davon auszugehen, dass viele Tiere nicht korrekt identifiziert und nicht Pseudemys zugeordnet, sondern als Trachemys scripta angesehen wurden.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Reptiliengutachten 1997 des BMELF soll ein Terrarium für eine Kleingruppe mindestens 5x so lang und 2.5x so breit sein wie die Carapaxlänge. Der Wasserstand soll das Doppelte der Carapaxbreite betragen. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.02.2024) schreibt für 1-2 Tiere ein Gehege mit einem Landteil vor, der das 2x2-fache, und einem Wasserteil, der das 5x3-fache der Carapaxlänge misst. Für jedes weitere Tier kommen beim Wasserteil das 2x2-fache der Carapaxlänge dazu. Die Wassertiefe muss dem Doppelten der Carapaxlänge entsprechen. In der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024), die merkwürdigerweise nur die Art Pseudemys floridana regelt, ist für 1-2 über 20 cm lange Tiere ein Becken mit 1'000 l Inhalt und ein Landteil von 0.3 m² erforderlich. Für jedes weitere Tier braucht es 350 l mehr Wasser und 0.15 m² mehr Land.

Taxonomie und Nomenklatur

Die erste wissenschaftliche Beschreibung von Echten Schmuckschildkröten stammt aus dem Jahr 1830, als der US-amerikanische Naturforscher John Eatton LE CONTE Jr. drei Arten als "Testudo concinna", "Testudo floridana" und "Testudo rubriventris" in den "Annals of the Lyceum of Natural History of New York" beschrieb. Die heute gültige Gattung Pseudemys wurde 1896 von John Edward GRAY vom British Museum in London aufgestellt. Zeitweilig wurden die Pseudemys-Arten auch der Gattung Chrysemys oder anderen Gattungen zugeordnet. Manche Autoren unterteilen die Gattung in zwei Untergattungen (Pseudemys und Ptychemys), was von der Genetik her eine gewisse Berechtigung hat, aber nomenklatorisch problematisch ist, weshalb empfohlen wird, die Bezeichnung "Ptychemys" nicht zu verwenden [1; 3: 4; 5].

Über die Zahl der Arten herrscht keine Einigkeit. SEIDEL & ERNST (1996) und die Rote Liste der IUCN (2016) führen sieben, die Turtle Taxonomy Working Group (2021) acht Arten auf [3; 5; 7-13]:

  • Alabama-Schuckschildkröte (P. alabamensis): Alabama, Missouri
  • Fluss-Schmuckschildkröte (P. concinna) - 2 Unterarten (hieroglyphica und floridana): Alabama, Arkansas, Florida, Georgia, Illinois, Indiana, Kansas, Kentucky, Louisiana, Mississippi, Missouri, North Carolina, Ohio, Oklahoma, Pennsylvania (?), South Carolina, Tennessee, Texas, Virginia, West Virginia
  • Rio Grande-Schmuckschildkröte (P. gorzugi): Einzugsgebiet des Rio Grande - Mexiko, USA (New Mexico, Texas)
  • Florida-Rotbauch-Schmuckschildkröte (P. nelsoni): Florida, Georgia
  • Halbinsel-Schmuckschildkröte (P. peninsularis): Florida
  • Nördliche Rotbauch-Schmuckschildkröte (P. rubriventris): Delaware, Maryland, Massachusetts, New Jersey, North Carolina, Pennsylvania, Virginia, West Virginia
  • Texas-Schmuckschildkröte (P. texana): Texas

Eine kritische Analyse dürfte zu einer Reduktion der Artenzahl führen, da die aktuelle Aufspaltung der Gattung durch molekulargenetische Befunde nicht gestützt wird [6].

301 007 027 000 pseudemys sp OS AF1Echte Schmuckschildkröte (<em>Pseudemys</em> sp.) im Zoo Osnabrück © Andreas Filz, TG Bernburg

 

Literatur und Internetquellen

  1. OBST, F. J. (1985)
  2. ROGNER, M. (2008)
  3. THE REPTILE DATA BASE
  4. TURTLE TAXONOMY WORKING GROUP (2014/2021)
  5. SEIDEL, M.E. & ERNST, C. H. (1996)
  6. SPINKS, P. Q., THOMSON, R. C, PAULY, G. B. et al (2013)
  7. TORTOISE & FRESHWATER TURTLE SPECIALIST GROUP (1996). Pseudemys alabamensis (errata version published in 2016). The IUCN Red List of Threatened Species 1996: e.T18458A97296493. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.1996.RLTS.T18458A8295960.en.
  8. VAN DIJK, P.P. (2011). Pseudemys concinna (errata version published in 2016). The IUCN Red List of Threatened Species 2011: e.T163444A97425355. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2011-1.RLTS.T163444A5606651.en.
  9. VAN DIJK, P.P. (2011). Pseudemys gorzugi (errata version published in 2016). The IUCN Red List of Threatened Species 2011: e.T18459A97425928. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2011-1.RLTS.T18459A8297596.en.
  10. VAN DIJK, P.P. (2011). Pseudemys nelsoni (errata version published in 2016). The IUCN Red List of Threatened Species 2011: e.T170495A97426506. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2011-1.RLTS.T170495A6782280.en.>
  11. VAN DIJK, P.P. (2011). Pseudemys peninsularis (errata version published in 2016). The IUCN Red List of Threatened Species 2011: e.T170496A97427004. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2011-1.RLTS.T170496A6782626.en.
  12. VAN DIJK, P.P. (2011). Pseudemys rubriventris (errata version published in 2016). The IUCN Red List of Threatened Species 2011: e.T18460A97427406. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2011-1.RLTS.T18460A8299690.en.
  13. VAN DIJK, P.P. (2011). Pseudemys texana (errata version published in 2016). The IUCN Red List of Threatened Species 2011: e.T170497A97427865. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2011-1.RLTS.T170497A6782942.en.
  14. WORLD CHELONIAN TRUST
  15. EINRICHTUNGSBEISPIELE

    *All Accessed on 23 September 2023.