Unechte Karettschildkröte (Caretta caretta) im Océanopolis Brest
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Ordnung: Schildkröten (TESTUDINATA)
Unterordnung: Halsbergerschildkröten (CRYPTODIRA)
Familie: Meeresschildkröten (Cheloniidae)
Unechte Karettschildkröte
Caretta caretta • The Loggerhead Sea Turtle • La caouanne
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Die Unechte Karett ist eine große Meerschildkröte mit sehr weiter Verbreitung, die auch vor europäischen Küsten angetroffen wird und Nistplätze im Mittelmeer hat. Körperbau und KörperfunktionenTypisch für die Unechte Karettschildkröte ist ihr sehr großer Kopf, der nur ein Paar Präfrontalschilder aufweist. Weibchen können bis 110 cm lang werden, bleiben aber meist kleiner. Der rotbraune Carapax ist flach und lang mit gesägtem Hinterrand. Die einzelnen Schilder sind dünn und überlappen sich nicht. Es sind 5 Wirbelschilder und je 5, selten 6, Rippenschilder und 11-12 Randschilder vorhanden. Das Nuchalschild ist breit und in direktem Kontakt mit den beiden ersten Rippenschildern. Das Supracaudalschild ist geteilt. Das gelbliche Plastron weist in der Regel beidseits drei Inframarginalschilder auf. Bei Schlüpflingen ist der etwa 5 cm lange Rückenpanzer gestromt und die Wirbelschilder sind gekielt [2; 9]. VerbreitungDie Nistplätze der 10 Subpopulationen befinden sich an Stränden tropischer, subtropische und gemäßigter Ozeane und Meere, einschließlich des Mittelmeers. Die Mittelmeerpopulation hat ihre Nistplätze hauptsächlich im östlichen Mittelmeer (v.a. Griechenland, Israel, Türkei, Zypern), wo jährlich über 7'200 Nester gezählt werden. Die größte Kolonie befindet sich auf Zakynthos. Wandernde Tiere wurden bis 70º nördlicher (Murmansk) und 35º südlicher (Rio de la Plata) beobachtet [1; 2]. Lebensraum und LebensweiseUnechte Karettschildkröten nisten an Sandstränden von Inseln und des Festlands. Nach dem Schlupf begeben sich die Jungtiere, Meeresströmungen folgend, in den offenen Ozean, wo sie sich von Schwebeorganismen, wie marinen Nacktschnecken und Seeblasen (Physalia spp.), ernähren. Nach 4-19 Jahren konzentrieren sich die Halbwüchsigen auf den Kontinentalschelfen, wo sie mehr Nahrung finden und bis zur Geschlechtsreife mit 10-39 Jahren wachsen. Ihre Nahrung besteht hauptsächlich aus Mollusken, Krebstieren, Seeigeln und Quallen. Danach wandern die Tiere beider Geschlechter zwischen ihren Nahrungsgründen und den Nistplätzen hin und her. Die bis zu 6 Stunden dauernden Paarungen finden im Wasser statt. Die Männchen verlassen vermutlich zeitlebens das Wasser nicht. Die Weibchen kommen in Abständen von 2.5–3 Jahren zur Eiablage an Land, wo sie in der Dämmerung oder nachts mit ihren Beinen eine birnförmige Grube ausheben, in welche sie die Eier deponieren. Im Verlauf von 6-8 Wochen produzieren sie mehrere Gelege, von denen jedes meist zwischen 90 und 150 kugelige Eier umfasst, insgesamt meist 400-500 pro Saison [1; 4; 6; 9]. Gefährdung und SchutzAuf der Roten Liste wurde die Unechte Karettschildkröte seit 1982 als gefährdet geführt. 1996 wurde sie als stark gefährdet angesehen, 2015 aber trotz negativem Populationstrend wieder in die Kategorie "Gefährdet" zurückgestuft. Der Status der einzelnen Subpopulationen ist allerdings sehr unterschiedlich und variiert von "Nicht gefährdet" bis zu "Unmittelbar vom Aussterben bedroht". Die größte Gefahr besteht darin, dass Schildkröten als Beifang in Fischernetze gelangen und ertrinken [1]. Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang I eingeschränkt. Die Unechte Karettschildkröte fällt unter Anhang 2 der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume und ist ist eine streng zu schützende Tierart nach den Anhängen II und IV der FFH-Richtlinie (92/43/EWG). Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):
Bedeutung für den MenschenTraditionell wurden hauptsächlich Fleisch, Eier und das Schildpatt, d.h. die (dünnen) Hornplatten des Rückenpanzers genutzt [4]. Der lokale Konsum von Fleisch und Eiern stellt für manche Populationen nach wie vor ein Problem dar. Manche Urlaubsdestinationen nutzen die Art als Werbeträger, wogegen nichts einzuwenden ist, wenn dies mit dem Schutz der Nester verbunden wird. Der heutige internationale Handel ist aufgrund der Einfuhrbeschränkungen durch CITES limitiert. Im Verlauf von vier Jahrzehnten wurde die Einfuhr von nur 757 lebenden Tieren gemeldet. Ferner wurden über 11'000 Eier importiert, hauptsächlich von Spanien für Wiederansiedlungszwecke. Der Handel mit Teilen und Erzeugnissen umfasste jährlich etwas über 1'100 Objekte [3]. HaltungDie Zucht der Unechten Karettschildkröte gelang z.B. im Miami Seaquarium ab den 1980er und im Port of Nagoya Public Aquarium ab dem 1990er Jahren [5]. Zoopädagogik: Die Unechte Karettschildkröte ist eine gute Botschafter-Art für den Meeresschutz. Manche Populationen sind gefährdet, weil sie wegen touristischer Nutzung oder des durch den Klimawandel bedingten Ansteigens der Meere ihre Nistplätze verlieren. Auch Müll, insbesondere Plasticsäcke, stellt eine Gefahr für Meeresschildkröten dar. Das kann verwendet werden, um auf Verhaltensänderungen der Zoobesucher hinzuwirken. Haltung in europäischen Zoos und Aquarien: Die Art wird in rund 40 Institutionen gehalten, hauptsächlich in "stand-alone" Aquarien in Frankreich, Spanien und England. Für Details siehe Zootierliste. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Reptiliengutachten 1997 des BMELF soll ein Behälter für eine Kleingruppe mindestens 10x so lang und 5x so breit sein wie die Carapaxlänge. Der Wasserstand soll das Doppelte der Carapaxbreite betragen. Nach Schweizerischer Tierschutzverordnung (Stand 01.02.2024) ist die Haltung genehmigungspflichtig, wobei im Einzelfall geprüft wird, ob die vorgesehenen Einrichtungen eine tiergerechte Haltung erlauben. In der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) ist die Art nicht erwähnt. Taxonomie und NomenklaturDie Art wurde bereits 1758 von Carl von LINNÉ als "Testudo caretta" beschrieben. Der Gattungsname Caretta geht auf den hauptsächlich in den USA tätigen Universalgelehrten Constantine Samuel RAFINESQUE zurück. Es sind keine Unterarten anerkannt [7; 8]. |
Literatur und Internetquellen
- CASALE, P. & TUCKER, A.D. (2017.) Caretta caretta. (Amended version of 2015 assessment). The IUCN Red List of Threatened Species 2015: http://www.iucnredlist.org/details/3897/0. Downloaded on 05 June 2017.
- CITES IDENTIFICATION MANUAL
- CITES TRADE DATA BASE
- OBST, F. J. (1985)
- OWENS, D. W. & BLANVILLAIN, G. (2009)
- PATTERSON, R. & BANNISTER, A. (1988)
- THE REPTILE DATA BASE
- TURTLE TAXONOMY WORKING GROUP (2014)
- WILSON, S. & SWAN, G. (2013)