Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans), Männchen mit Eipaket
© Peter Janzen, DGHT
Ordnung: Froschlurche (Anura)
Unterordnung: Urfrösche (Archaeobatrachia)
Familie: Scheibenzüngler (Alytidae / Discoglossidae)
Geburtshelferkröte
Alytes obstetricans • The Midwife Toad • Le sonneur accoucheur
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Die Geburtshelferkröte ist eine regional gefährdete Amphibienart mit einer für eine einheimische Art einzigartigen Fortpflanzungsstrategie. Sie wäre daher von zoopädagogischem Interesse, weil sie aber praktisch ausschließlich nachtaktiv ist, wird sie in Zoos nur selten gehalten. Körperbau und KörperfunktionenDie Geburtshelferkröte wird 35-50 mm lang. Sie hat eine vertikale Schlitzpupille. Ansonsten kann man auf die Beschreibung des alten BREHM zurückgreifen, der sagt, dass sich Geburtshelferkröten auszeichnen "durch gedrungene Krötengestalt, plumpen Leib, kurze, kräftige Glieder, kurze, vierzehige Füße und dicke Schwimmhäute, warzige Drüsenhaut und feiste, am Grunde festgewachsene Zunge". Die Europäische Geburtshelferkröte ist "ein kleines Thier von etwa fünfunddreißig Millimeter Länge, sieht auf der Oberseite bläulich aschgrau, auf der Unterseite schmutzigweiß aus; die Warzen sind dunkler, die in einer vom Auge zum Hinterschenkel verlaufenden Längsreihe stehenden weißlich" [3]. VerbreitungWest- und Mitteleuropa: Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Schweiz, Spanien, eine eingeführte Population in England. Die Art fehlt in Österreich und innerhalb Deutschlands in Bayern, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt. In der Schweiz kommt sie nur nördlich der Alpen vor [2; 5; 6]. Lebensraum und LebensweiseLebensraumansprüche: Zum Austrocknen neigende, gut besonnte, Tümpel von wenigen Quadratmetern, aber auch größere, fischfreie Weiher mit Flachwasserzonen. Landlebensräume nahe bei Laichgewässer, sonnig, vegetationsarm und mit lockerem Gestein, Sand, Humus oder Lehm [5]. Lebensräume: Wälder, Gärten, Steinbrüche, Sand- und Lehmgruben, Dünen, Felshänge und Mauern [5; 7]. Biologie: Die Geburtshelferkröte ist nachtaktiv. Tagsüber versteckt sie sich unter Baumwurzeln, Geröll, Steinplatten oder in Erdhöhlen. Als einzige heimische Amphibienart paart sich an Land, legt ihre Eier nicht ins Wasser ab und betreibt eine Brutpflege. Bei der Paarung übergibt das Weibchen ihr Eipaket dem Männchen. Dieses kann sich mit weitere Weibchen paaren und auch deren Eier übernehmen. Danach zieht es sich für 20-50 Tage in ein für die Larvenentwicklung geeignetes, feuchtwarmes Versteck zurück. Sind die Eier schlupfreif, begibt es sich ins Wasser, wo die Larven schlüpfen, sofort wegschwimmen und sich verstecken. Danach streift das Männchen die leeren Eihüllen ab, geht wieder an Land und beginnt wieder nach Weibchen zu rufen. Der Ruf erinnert an das Klingeln eines Glöckleins, weshalb die Geburtshelferkröte in Deutschland auch "Glockenfrosch", in der Schweiz "Glögglifrosch" genannt wird [4; 5; 6; 7]. Gefährdung und SchutzDie Art ist nach einer Beurteilung aus dem Jahr 2008, überprüft und bestätigt 2020, weltweit nicht gefährdet. In Deutschland je nach Region auf Vorwarnliste, gefährdet, stark gefährdet, vom Aussterben bedroht oder ausgestorben. In der Schweiz bedroht (ENDANGERED) [2; 5]. Eine Pilzerkrankung, die Chytridiomykose, deren Erreger, Batrachochytrium dendrobatidis (Bd), die keratinisierte Haut der Tiere befällt, wird als eine wichtige Ursache von Bestandesrückgängen bei Amphibien auf mehreren Kontinenten angesehen. In der Schweiz hat die Geburtshelferkröte seit Mitte der 1970er-Jahre massive Bestandesrückgänge erlitten. Eine umfangreiche Untersuchung hat jedoch ergeben, dass diese Rückgänge nicht mit dem Vorhandensein von Bd korreliert sind [8]. Der internationale Handel ist durch CITES nicht geregelt. Die Geburtshelferkröte fällt unter Anhang 2 der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume und ist in Anhang IV der FFH-Richtlinie (92/43/EWG) aufgeführt. Praktische Schutzmaßnahmen: Erhaltung und Unterhalt der Laichgewässer, Schaffen neuer Gewässer und von Kleinstrukturen, wie Trockenmauern. Zoogestützte Schutzprojekte (Beispiele):
Bedeutung für den MenschenKeine Angaben. HaltungHaltung in europäischen Zoos: Die Art wird in etwa 10 europäischen Einrichtungen gezeigt, von denen sich die meisten im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste Mindestanforderungen an Gehege: In Deutschland gibt es keine konkreten Mindestanforderungen. In Österreich sind diese in Anlage 4 der 2. Tierhaltungsverordnung, in der Schweiz in Anhang 2, Tabelle 6 der Tierschutzverordnung festgelegt. Taxonomie und Nomenklatur1768 wurde die Art vom Wiener Arzt und Naturforscher Josephus Nicolaus LAURENTI als Bufo obstetricans beschrieben. 1879 wurde sie vom französischen Zoologen Fernand LATASTE in die separate Gattung Alytes gestellt, und den Molekulargenetikern ist es bisher nicht gelungen, dies zu ändern. Damit aber ja nicht alles gleich bleibt, wurde die Gattung 2006 aus der Familie Discoglossidae ausgegliedert und in eine eigene Familie Alytidae gestellt [1]. Die Bezeichnung Discoglossidae - Scheibenzüngler beruht darauf, dass die Zunge eine großflächig am Boden der Maulhöhle festgewachsene Scheibe ist, die nicht herausgeklappt werden kann [4]. |
Literatur und Internetquellen
- AMPHIBIAN SPECIES OF THR WORLD
- IUCN SSC Amphibian Specialist Group (2022). Alytes obstetricans. The IUCN Red List of Threatened Species 2022: e.T178591974A89699462. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2022-1.RLTS.T178591974A89699462.en . Accessed on 27 June 2024.
- BREHM, A. E. (1882-1887)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- MEYER, A. et al. (2009)
- NIETZKE, G. (1969)
- O'SHEA, M. & HALLIDAY, T. (2002)
- TOBLER, U. (2011)