Hausmaus (Mus musculus) im Tierpark Berlin
© Klaus Rudloff, Berlin
Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Taxon ohne Rang: Nagetiere und Hasen (GLIRES)
Ordnung: Nagetiere (RODENTIA)
Unterordnung: Mäuseverwandte (Myomorpha)
Überfamilie: Mäuseartige (Muroidea)
Familie: Mäuse (Muridae)
Unterfamilie: Altweltmäuse (Murinae)
Tribus: Echte Mäuse und Ratten (Rattini)
Hausmaus
Mus musculus domesticus • The House Mouse • La souris grise
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Die Hausmaus, vor wenigen Jahrzehnten im Zoo nur als Futtertier oder zu bekämpfender Schädling von Bedeutung, wird zunehmend auch zum zoopädagogisch wertvollen Ausstellungstier, mit dem Ziel, Kinder mit einem der ältesten Begleiter der Menschheit vertraut zu machen. Körperbau und KörperfunktionenDie Hausmaus hat eine Gesamtlänge von 150-182 mm wovon 76-95 mm auf den Schwanz entfallen. Der Hinterfuß misst 16-19 mm [1]. Das Gewicht liegt in der Größenordnung von 20-30 Gramm. Die Fellfärbung reicht von graubraun bis schwarz auf dem Rücken und ist heller bis weiß an der Unterseite. Schwarze Mäuse sind vor allem aus den Bündner Südtälern bekannt und wurden früher als Tabakmäuse (Mus poschiavinus) bezeichnet [1; 3]. VerbreitungUrsprünglich eine paläarktische oder orientalische Art, ist die Hausmaus heute weltweit verbreitet, ausgenommen in der antarktischen Region [3; 5; 6]. Lebensraum und LebensweiseHausmäuse kommen in zwei ökologischen Varianten vor: es gibt weniger an den Menschen gebundene Populationen, die im Freiland z. B. in Trockenmauern zu finden sind und sich hauptsächlich von Grassamen und Insekten ernähren und kommensale Mitberwohner menschlicher Behausungen, die sich von allem Fressbaren ernähren, das anfällt und die gerne Vorratslager von Getreide anlegen. BAUMANN [1] schreibt über die kommensale Hausmaus: sie "bewohnt alle Teile der menschlichen Wohnungen. Jeden Winkel, jede Ritze weiss sie als Versteck zu benützen, in dem sie sich vor allem tagsüber aufhält." Das trifft heute nicht mehr in diesem Ausmaß zu. Moderne Bauten bieten oft suboptimaler Lebensbedingungen, und die stete Verfolgung durch den Menschen kombiniert mit der hohen Hauskatzendichte im Siedlungsgebiet hat vielfach zu lokalem Aussterben der Art geführt [3]. Hausmäuse leben in Familienverbänden bestehend aus einem dominanten Männchen, mehreren Weibchen und deren Nachwuchs. Die Sippen haben ein ausgeprägtes Territorialverhalten, das sie mit Kot- und Harnmarkierung verdeutlichen. Die Vermehrung der Hausmaus ist auffallend stark. Vom frühen Frühjahr bis in den Spätherbst, bei guten Bedingungen auch im Winter können Nestjunge festgestellt werden. Nach einer Trächtigkeit von 22-24 Tagen wirft das Weibchen in einem warmen, aus Heu, Stroh, Papier, Federn und anderen Materialien gebauten Nest 5-6(-10)mal jährlich 4-9(-14) Jungem die nackt und blind sind. Nach zwei Wochen sind die Augen offen und erscheint das Harkleid. Mit drei Wochen werden die Jungen entwöhnt. Die Lebenserwartung beträgt im Mittel drei Monate, das Höchstalter wild lebender Tiere 20 Monate [1; 3; 5]. Gefährdung und SchutzDie Hausmaus ist zwar aus vielen modernen Wohnungen verschwunden, besiedelt aber ansonsten erfolgreich vom Menschen modifizierte oder geschaffene Lebensräume. Sie ist daher nicht nur nicht gefährdet, sondern wird als Schädling verfolgt. Schutzmaßnahmen sind keine erforderlich (Rote Liste: LEAST CONCERN) [6]. Der internationale Handel ist nicht durch CITES geregelt. Bedeutung für den MenschenWirtschaftliche Bedeutung: Als Kommensalen des Menschen können Hausmäuse erhebliche Schäden an Lebensmittelvorräten anrichten. Wie andere kleine Nager sind sie potenzielle Überträger oder Reservoire auf den Menschen übertragbarer Krankheiten. Kulturelle Bedeutung: Als Mitbewohner menschlicher Behausungen ist die Maus natürlich auch in Fabeln zu finden, So z.B. bei ÄSOP oder Martin LUTHER:
Dann kommt sie in Sagen vor, z.B.: und in Märchen, etwa bei den Gebrüdern GRIMM oder Ludwig BECHSTEIN: und nicht zuletzt ist sie auch ein Hauptdarsteller von Bildergeschichten, so in manchen von Wilhelm Busch, z.B. wobei sie den heutigen Kindern eher in der Form der Disney-Figuren Micky und Minnie Maus oder Jerrys, des pfiffiger Gegenspielers von Kater Tom in der US-amerikanischen Trickfilmserie „Tom und Jerry“ vertraut sind, oder aber aus der ARD-Kindersendung „Die Sendung mit der Maus“. Zahlreich sind auch die Geschichten und Witze über Elefanten und Mäuse. Das Gerücht, wonach Elefanten Angst vor Mäusen hätten, ist übrigens falsch. Wenn etwas knifflig ist und einem fast zur Verzweiflung bringt, so ist es sprichwörtlich "zum Mäuse melken", also fast unmöglich. Tatsächlich werden Mäuse zu Versuchszwecken mittels einer Pipiette oder einer speziellen Mäusemelkmaschine gemolken, wobei in einer hablen Stunde etwa 0.25 ml Milch gewonnen werden können. HaltungHaltung in europäischen Zoos: Die Hausmaus, als unerwünschter Kommensale in jedem Zoo vorhanden, wird in etwa 30 Zoos ausgestellt, rund die Hälfte dieser Zoos befinden sich im deutschsprachigen Raum. Häufiger als wilde Hausmäuse werden – vorzugsweise, aber nicht immer, wildfarbene - Farbmäuse in Zoos gezeigt. Für Details siehe Zootierliste. Wie Hausmäuse gehalten werden: Noch vor nicht allzu langer Zeit kamen Hausmäuse und ihre domestizierten Formen im Zoo nur als Futtermäuse vor oder aber als Schädlinge, die es zu bekämpfen galt. HEDIGER [4] widmete in seinem Buch "Mensch und Tier im Zoo: Tiergartenbiologie" den Mäusen, die er für faszinierende Lebewesen hält, und vor allem ihrer Bekämpfung ein ganzes Kapitel: "Nicht mit Speck fängt man Mäuse". Gründe für die Notwendigkeit der Mausbekämpfung nennt er zahlreiche. Einmal sind sie ungeheure Futter- und Nahrungsmittelschädlinge. Dass sie Im Weinkeller die Etiketten der teuersten Weine abnagten, Eintrittsbillete durch Zerraspeln entwerteten und sich in Filzpantoffeln der Tierpfleger einnisteten, waren kleinere Sünden. Viel problematischer ist ihre Rolle als Überträger von Zoonosen. Zwar sind die Zeiten der Pest in Europa vorbei, aber Typhus, andere Salmonellosen (z.B. Salmonella typhi-murium), Leptospirose, Tularämie, Rotlauf sowie verschiedene Virus- und Pilzerkrankungen können durch Mäuse übertragen werden. HEDIGER predigte deshalb seinen Tierpflegern immer wieder, Mäuse nicht mit bloßen Händen anzufassen. Nachdem die Hausmaus aber aus dem Alltag der städtischen Bevölkerung weitgehend verschwunden ist, wird sie (oder werden wildfarbene Farbmäuse) immer häufiger im Zoo ausgestellt. Meist geschieht dies in Form von Terrarien oder durch Glasscheiben einsehbaren Räumen, die als etwas altertümliche Küchen, Vorratskammern oder Wohnstuben eingerichtet sind und den Kommensalismus der Hausmaus gut illustrieren. WEIGL gibt als Höchstalter für eine im Londoner Zoo gehaltene Färöer-Hausmaus 4 Jahre an [7]. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll 1-2 Hausmäusen ein Gehege von mindestens 0.3 m³ Grundfläche zur Verfügung gestellt werden, für jedes weitere Adulttier 600 cm² mehr. Die Grundfläche ist für eine Schaugehege zwar angemessen, die Tierschutzsachverständigen der Zoos machten jedoch darauf aufmerksam, dass eine tiergerechte Haltung auch auf kleinerer Fläche möglich ist. Die Zusatzflächen für weitere Tiere sind ziemlich praxisfremd. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für 2 Hausmäuse einen Behälter von 1'800 cm² vor und für jedes weitere Tier 500 cm² mehr. Anhang 3 legt abweichende Bestimmungen für Versuchstiere fest. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) muss die Käfiggröße pro Paar mindestens 80 x 30 x 30 cm (Länge x Breite x Höhe) betragen, wobei der Gitterabstand nicht über 8 mm betragen darf. Für jedes weitere adulte Tier sind 20% der Bodenfläche hinzuzurechnen. Für Mäuse, die als Futtertiere gehalten werden, muss die minimale Behälterfläche 350 cm² betragen, die Höhe 14 cm. Pro Maus ist eine Fläche von 115 cm² erforderlich. ZuchtformenAls Farbmäuse (Mus musculus f. domestica) werden die domestizierte Zuchtformen der Hausmaus bezeichnet. Farbmäuse werden als Labor-, Heim- und Futtertiere verwendet. Die "Weiße Maus" ist seit Mitte des 19. Jahrhunderts einer der wichtigsten Modellorganismen für Tierversuche. Von ihr gibt es verschiedene Inzuchtstämme mit jeweils unterschiedlichen genotypischen Eigenschaften. Ebenfalls ein Abkömmling der Hausmaus ist die Japanische Tanzmaus, die aufgrund von Defekten im Innenohr taub ist und einen gestörten Gleichgewichtssinn hat. Da diese Defekte genetisch bedingt sind, fällt die Zucht von Tanzmäusen unter das Verbot der "Qualzucht". In der Schweiz gilt seit dem 1.1. 2015 die Tanzmaus explizit als verbotene Zuchtform. Auch die Zucht der Nacktmaus, der neben dem Haarkleid auch die Thymusdrüse fehlt, ist als sogenannte "Qualzucht" zu betrachten. Es werden jedoch für wissenschaftliche Zwecke Ausnahmen gemacht, weil die Nacktmaus ein wichtiger Modellorganismus für die Diagnostik und Therapie von Krebserkrankungen ist. Taxonomie und NomenklaturDie Hausmaus wurde 1758 von Carl von LINNÉ unter ihrem heute nioch gültigen Namen im Rahmen der binären Nomenklatur erstmals wissenschaftrlich beschrieben. Mäuse in Westeuropa werden der (bisweilen als eigenständige Art gewerteten) Unterart domesticus zugeordneten, die einen längeren Schwanz hat als die osteuropäische musculus. Zwischen den beiden Formen gibt es eine Hybridzone. In Europa bis Zentralasien kommen weitere Hausmausformen vor, deren taxonomischer Status vielfach unklar ist. Zypern- (M. cypriacus), Balkan- (M. macedonicus) und Algerien-Hausmaus (M. spretus) sowie die Ährenmaus (M. spicilegus) werden in der Regel als eigene Arten anerkannt [2; 8]. |
Literatur und Internetquellen
- BAUMANN, F. (1949)
- GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)
- HAUSSER, J. et al. (Hrsg., 1995)
- HEDIGER, H. (1965)
- MATSCHEI, C. (2016)
- MUSSER, G. et al. 2016. Mus musculus (errata version published in 2017). The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T13972A115117618. http://www.iucnredlist.org/details/13972/0. Downloaded on 21 May 2018.
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)