Langschwanz-Chinchilla (Chinchilla lanigera) in der Wilhelma Stuttgart
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Taxon ohne Rang: Nagetiere und Hasen (GLIRES)
Ordnung: Nagetiere (RODENTIA)
Unterordnung: Stachelschweinverwandte (Hystricomorpha)
Familie: Chinchillas (Chinchillidae)
Unterfamilie: Chinchillas und Hasenmäuse (Chinchillinae)
Langschwanz-Chinchilla
Chinchilla lanigera • The Long-tailed Chinchilla • Le chinchilla à longue queue
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Das in der Natur stark gefährdete Langschwanz-Chinchilla ist als Pelzlieferant berühmt und als Heimtier populär geworden. Es wird sehr häufig in Zoos gezeigt und kann im Rahmen des Zooschulunterrichts eingesetzt werden, um über eine tiergerechte Haltung zu informieren. Körperbau und KörperfunktionenLangschwanzchinchillas erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 22-24 cm, eine Schwanzlänge von 14-17 cm und ein Gewicht von 370-500 g, bei gehaltenen Tieren auch mehr. Die Ohren sind 45-48 mm lang. Vorder- und Hinterpfoten haben je 4 Zehen. Der Schwanz ist buschig. Das seidige, extrem weiche Fell ist blaugrau oder bräunlich grau gefärbt. Es besteht aus 20-40 mm langen Haaren. Diese stehen in Büscheln, die jeweils aus einer Pore herauskommen und aus einem Grannenhaar und 50-75 Wollhaaren bestehen. Die Weibchen werden meist schwerer als die Männchen. Sie haben zwei Paar brustständige und ein Paar leistenständige Zitzen [2; 6]. VerbreitungSüdamerika: Tiefere Lagen von Nord- und Mittelchile. Nur noch Reliktvorkommen [3]. Lebensraum und LebensweiseDas Langschwanzchinchilla besiedelt, ödes, trockenes und zerklüftetes Terrain in Höhenlagen von 400-1'650 m. Der typische Lebensraum ist felsig oder sandig mit spärlichem Bewuchs mit Dornbüschen, wenigen Gräsern, Kräutern und Stauden, verstreuten Kakteen und gegen die Küste Stände von sukkulenten Bromelien. Die Tiere sind hauptsächlich dämmerungs- und nachtaktiv und ruhen tagsüber in Felsspalten oder -höhlen. Ihre Nahrung besteht aus den unterschiedlichsten verfügbaren Pflanzen, die sie, wie die Agutis, zwischen die Pfoten nehmen und im Sitzen fressen. Chinchillas sind sozial und bildeten früher Kolonien von über 100 Individuen Männchen und Weibchen werden im Mittel mit 8 Monaten, gelegentlich schon mit 5.5 Monaten geschlechtsreif. Nach einer Tragzeit von 111 (105-118) Tagen werden 2-3 (1-6) Junge geboren, die während 68 Wochen gesäugt werden. Die Geburtsintervalle liegen bei etwa 214 Tagen [1; 3; 4; 6]. Gefährdung und SchutzUm 1960 glaubte man, die Art sei im Freiland ausgestorben. Sie wurde aber wiederentdeckt und 1965 als "sehr selten und vermutlich mit abnehmendem Bestand" in die Rote Liste aufgenommen. 1996 wurden nur noch 42 Kolonien festgestellt, was zur Kategorisierung als "gefährdet" führte. Da die Zahl der Kolonien weiter abnahm, beurteilte man sie 2008 als unmittelbar von der Ausrottung bedroht. Eine Neubeurteilung, bei der festgestellt wurde, dass trotz allgemeinem Negativtrend ein Teil der Populationen zunimmt, führte 2016 zur Einstufung als "stark gefährdet" (Rote Liste: ENDANGERED) [3]. Der internationale Handel mit Exemplaren der Wildform ist nach CITES Anhang I eingeschränkt. Die von den Zoos, Pelztierfarmen und Privaten gehaltenen Zuchttiere sind von CITES nicht betroffen. Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):
Bedeutung für den MenschenWirtschaftliche Bedeutung: Dank ihrem ausserordentlich dichten und sehr feinen Haarkleid sind die Chinchillas berühmte Pelztiere. Sie wurden bereits durch die Inkas genutzt, welche Chinchillahaare zu Bettdecken und wertvollen Stoffen verwoben. Auch der Jesuitenpater Juan Ignazio MOLINA (1740-1829), der als erster vorschlug, Chinchillas kommerziell zu züchten, dachte dabei eher an ihre "Wolle", denn an Pelzfelle. Bald aber interessierte sich die Pelzindustrie für die Tiere. Der erste erfolgreiche Zuchtversuch geht auf das Jahr 1895 zurück. Chinchillas waren aber in der Natur reichlich vorhanden und wurden rücksichtslos gefangen, mit dem Ergebnis, dass sie bald einmal "kommerziell ausgestorben" waren und die Regierungen von Bolivien, Chile, Argentinien und Peru 1910 gemeinsam ein Jagd-, Fang- und Handelsverbot erliessen. Mittlerweile ist das Chinchilla weitgehend domestiziert, wobei verschiedene Farbvarianten herausgezüchtet wurden, und wird auch als Heimtier gehalten [2]. HaltungDer Weltbestand an Langschwanz-Chinchillas in menschlicher Obhut geht zur Hauptsache auf 11 Tiere zurück, die 1923 in die USA importiert wurden [3]. WEIGL gibt als Altersrekord 17 Jahre und 2 Monate an, erreicht von einem männlichen, im Londoner Zoo gehaltenen Tier [5]. Das allerälteste Chinchilla war ein privat gehaltenes männliches Tier, das 29 Jahre und 229 Tage erreicht haben soll [7]. Haltung in europäischen Zoos: Wildfarbene Chinchillas werden in rund 80 Zoos gehalten, Farbmutanten in etwa 125. Rund 25 Haltungen befinden sich im deutschsprachigen Raum. Für Details siehe Zootierliste. Mindestanforderungen an Gehege:Nach Säugetiergutachten 2014 des BMELsoll für 2 Tiere ein Gehege mit einer Grundfläche von 1 m² mit einer Höhe von 1.50 m angeboten werden, für jedes weitere Tier 0.5m² mehr. Werden die Tiere in einem Außengehege gehalten, muss ein trockener Schutzraum vorhanden sein. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) 0.5 m² mit einer Höhe von 75 cm vor, für jedes weitere Tier 0.2 m² mehr. Den Tieren ist ein Sandbad anzubieten. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) sind Chinchillas paarweise zu halten. Die Käfiggröße muss mindestens 120 x 80 x 100 cm (LxBxH) betragen. Für jedes weitere adulte Tier sind 20% der Bodenfläche hinzuzurechnen. Den Tieren sind eine Schlafhöhle, Sitzbretter in unterschiedlicher Höhe und täglich ein Sandbad mit Chinchillaspezialsand anzubieten. Taxonomie und NomenklaturDas Langschwanz-Chinchilla wurde 1829 vom englischen Arzt und Zoologen Edward Turner BENNETT unter seinem heute noch gültigen Namen erstmals wissenschaftlich beschrieben. Es gibt zwei Chinchilla-Arten: Die Kurzschwanz-Chinchilla (Chinchilla chinchilla) mit zwei Unterarten, der vermutlich ausgerotteten Königs- oder Grossen Kurzschwanz-Chinchilla (C. c. chinchilla) und den im Freiland hochbedrohten Kleinen Kurzschwanz-Chinchilla (C. c. boliviana), die als Chinchilla brevicaudata in der Pelztierzucht Verwendung findet, und Langschwanz-Chinchilla (Chinchilla lanigera, Synonym Chinchilla velligera), die heute als Farmtier weitaus am zahlreichsten ist [1; 6]. Auf Spanisch ist das grammatikalische Geschlecht des Chinchillas weiblich. |
Literatur und Internetquellen
- BICKEL, E. (1977)
- DIE CHINCHILLA-FARBEN
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- ROACH, N. & KENNERLEY, R. (2016). Chinchilla lanigera (errata version published in 2017). The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T4652A117975205. http://www.iucnredlist.org/details/4652/0. Downloaded on 22 May 2018.
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
- GUINESS WORLD RECORDS