Rotes Riesenkänguru (Macropus rufus), Weibchen in der Wilhelma Stuttgart
© Wilhelma (Pressefoto)
Unterklasse: Beuteltiere (MARSUPIALIA)
Ordnung: Känguruverwandtschaft (DIPROTODONTIA)
Unterordnung: Känguruartige (Macropodiformes)
Familie: Kängurus (Macropodidae)
Unterfamilie: Eigentliche Kängurus (Macropodinae)
Rotes Riesenkänguru
Macropus (Osphranter) rufus • The Red Kangaroo • Le kangourou roux
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
Weitere Bilder auf BioLib.cz |
Das Rote Riesenkänguru ist nicht gefährdet, es ist jedoch von zoopädagogischem Interesse als Prototyp der Beuteltiere, wegen seinem ausgesprochenen Geschlechtsdimorphismus und als gute Botschafterart für Naturschutz in Australien. Es ist das in Europa am häufigsten gehaltene Riesenkänguru. Körperbau und KörperfunktionenDas Rote Riesenkänguru ist der größte Vertreter der Familie. Böcke können von 22 bis 85(-92) kg schwer werden und sind mannshoch, wenn sie sich auf den Hinterbeinen aufrichten. Ihre Kopf-Rumpflänge liegt zwischen 93 und 140 cm, die Schwanzlänge zwischen 71-100 cm. Die Weibchen bleiben mit 74-110 cm Kopf-Rumpf- und 64-90 cm Schwanzlänge deutlich kleiner und mit 17-39 kg entsprechend leichter. Ein weiterer Sexualdimorphismus besteht hinsichtlich der Färbung: Die Böcke haben ein rötlichbraunes Fell, bei den Weibchen ist es meistens blaugrau [6; 11]. VerbreitungAustralien. Fehlt in den tropisch- oder gemässigt feuchten Regionen Nordaustraliens und der Ost- / Südostküste sowie im Südwesten des Kontinents [4]. Lebensraum und LebensweiseLebensraum des Roten Riesenkängurus sind trockene und halbtrockene Gebiete, mit hoher mittlerer Jahrestemperatur und geringen, sporadischen Niederschlägen, die über eine Grasnarbe verfügen. Die Tiere sind hauptsächlich dämmerungs- und nachtaktiv. Sie leben in kleinen Gruppen mit häufig wechselnder Zusammensetzung. Sie sind relativ standorttreu und nutzen in semi-ariden Zonen Streifgebiete von etwa 4-5 km², in ariden Zonen von etwa 18 km². Bei Nahrungsknappheit wandern sie über Distanzen von 25-30 km zu neuen Nahrungsgründen[11]. Hauptnahrung sind Gräser, es werden aber auch Kräuter und Blätter von Büschen genommen. Während Trockenperioden können die Tiere längere Zeit ohne Wasser auskommen, indem sie ihren Flüssigkeitsbedarf durch Sukkulenten decken. Weibchen werden mit 15, Böcke mit 24 Monaten geschlechtsreif. Paarungen können während des ganzen Jahres vorkommen. Nach einer Trächtigkeit von 33 Tagen wird ein einzelnes Junges geboren, das 7.5-8 Monate im Beutel bleibt und mit etwa einem Jahr entwöhnt wird. Die Weibchen können unmittelbar nach der Geburt wieder gedeckt werden, worauf es zu einer Keimruhe kommt, bis das ältere Geschwister den Beutel verlassen hat [6; 12]. Gefährdung und SchutzDas Rote Riesenkänguru ist in den trockeneren Gebieten Australien weitverbreitet und ist häufig. Seine Bestände haben überall dort zugenommen, wo der Busch gerodet wurde, um Grasland für die Viehhaltung zu gewinnen. Daher gilt es aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2015 nicht als gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [4; 12]. Es dürfte sich um die häufigste Känguru-Art handeln. Für 2011 wird der Gesamtbestand in den "commercial harvest areas" von Südaustralien, Westaustralien, New South Wales und Queensland mit 11.5 Millionen Individuen angegeben. In dieser Region war das Östliche Graue Riesenkänguru mit 16 Millionen Individuen noch häufiger, aber im Gegensatz zu jenem ist das Rote auch im Northern Territory weit verbreitet. Der Gesamtbestand kann in Abhängigkeit von den klimatischen Bedingungen von Jahr zu Jahr stark schwanken, im Zeitraum 2001-2011 fluktuierte er zwischen 7.6 und 17.5 Millionen, wird aber längerfristig als stabil angesehen [1]. Der internationale Handel ist nicht durch CITES geregelt. Für lebende Tiere gelten Ausfuhrbeschränkungen Australiens. Bedeutung für den MenschenRote Riesenkängurus gehören zu den Arten, die in Australien kommerziell genutzt werden und für die jährlich eine Abschussquote festgelegt wird. Im Jahr 2008 z.B. wurden in den Bundesstaaten Queensland, Neu-Südwales, Südaustralien und Westaustralien insgesamt 804'278 Tiere erlegt womit die festgelegte Quote längstens nicht ausgeschöpft wurde, 2011 waren es 1'517'243 und 2012 gar 2'118'867 Stück [1; 4]. HaltungRote Riesenkängurus werden oft mit Emus, Schwarzen Schwänen, Hühnergänsen und Bennettkängurus vergesellschaftet. In Australien werden Rote Riesenkängurus häufig in begehbaren Anlagen gehalten, wo sie sich den Besuchern gegenüber vertraut zeigen [6] und, wo Füttern erlaubt ist, bisweilen aufsässig werden. In Europa sind die Zoos zurückhaltender und setzen für Kontaktgehege eher die kleineren Wallabies ein. Wie Untersuchungen von SCHÜRER an Schädeln von Kängurus aus europäischen und australischen Zoos und aus dem Freiland ergeben haben, sind Rote Riesenkängurus häufiger von "Lumpy Jaw Disease", einer bakteriellen Infektion der Kieferknochen, betroffen als andere Macropus-Arten [9]. Rote Riesenkängurus können im Zoo ein Alter von 25 Jahren erreichen [10]. Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in über 80 Zoos gehalten, von denen sich etwa ein 10 im deutschsprachigen Raum befinden. In EAZA Zoos bezifferte sich die Zahl der 2021 gehaltenen Tiere auf 319. Für Details siehe Zootierliste. Wie Riesenkängurus gehalten werden (Beispiele):
Forschung im Zoo: Rote Riesenkängurus sind gelegentlich Studienobjekte für Doktor-, Diplom- und Examensarbeiten, die häufig das Verhalten, insbesondere auch in Zusammenhang mit den Haltungsbedingungen zum Thema haben [5; 7; 8]. Das Säugetiergutachten 2014 des BMEL gibt für große Kängurus ein Außengehege vor, das für 5 Tiere eine Fläche von 300 m² und für jedes weitere Tier 30 m² mehr aufweisen soll. Als Basisfläche für das Innengehege werden 30 m² angegeben und zusätzlich 4 m² für jedes weitere Tier. Praxiserfahrung mehrerer Rote Riesenkängurus haltender Zoos zeigt, dass eine Stallfläche von 4 m² pro Tier, wie sie z.B. die schweizerische Tierschutzverordnung vorschreibt, ausreichend ist. Darüber hinaus sind in klimatisch günstigen Regionen Deutschlands große Kängurus weitgehend winterhart (die gemittelte Monats-Nachttemperatur liegt in Teilen des natürlichen Areals im Winter bei 0°C) und suchen die Stallungen nur kurzzeitig auf, was gegebenenfalls eine weitere Reduktion der Stallflächen ohne Nachteil für die Tiere erlaubt. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 5 Tiere ein Außengehege von 300 und ein Innengehege von 20 m² vor, für jedes weitere Tier kommen 30 bzw. 4 m² zur Basisflächen dazu. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) sind für bis zu 5 Tiere ein Außengehege von 500 und ein Innengehege von 25 m² erforderlich. Für jedes weitere Tier sind die Flächen um 50 bzw. 2.5 m² zu erweitern. Nach JACKSON soll für 5 Tiere eine Gehegefläche von 340 m² nicht unterschritten werden [6]. Taxonomie und Nomenklatur1822 wurde das Rote Riesenkänguru vom französischen Zoologen Anselme Gaëtan DESMAREST als "Kangurus rufa" beschrieben. Später wurde es in die von George SHAW vom Britischen Museum bereits 1790 aufgestellte Gattung Macropus eingeordnet. 1997 wurde die Art von McKENNA & BELL als einzige Art in eine Gattung Megaleia gestellt, die bereits 1848 von dem Münchener Zoologen Johannes Nepomuk Franz Xaver GISTEL als Untergattung aufgestellt worden war, aber DAWSON & FLANNERY hatten schon 1985 gezeigt, dass sie in die Gattung Macropus, Untergattung Osphranter gehört. Seit 2015 wird Osphranter auch als eigene Gattung gehandelt, aber nicht alle Referenzwerke /-datenbanken haben diesen Schritt mitgemacht. Die Art ist monotypisch [3; 11; 12; 13]. |
Literatur und Internetquellen
- AUSTRALIAN GOVERNMENT - Commercial kangaroo harvest in 2008 und Population estimates
- CURTIS, L. K. (2006)
- DAWSON, L. & FLANNERY, T. (1985)
- ELLIS, M. et al. (2016). Macropus rufus. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T40567A21953534. http://www.iucnredlist.org/details/40567/0. Downloaded on 30 June 2018.
- HOPPNER, S. (2011)
- JACKSON, S. M. (2003)
- NEUGEBAUER, M. (2009)
- SCHÜRER, U. (1978)
- SCHÜRER, U. (1980a)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- WILSON, D.E. & REEDER, D. M. (2005)
- GLOBAL BIODIVERSITY INFORMATION FACILITY (GBIF)