Blessbockkuh (Damaliscus pygargus phillipsi) mit Kalb im Zoo Berlin
© Zoo Berlin (Pressefoto)
Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Kuhantilopen (Alcelaphinae)
Blessbock
Damaliscus pygargus phillipsi • The Blesbok • Le damalisque à front blanc
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Der Blessbock ist eine Tierart, die am Rand der Ausrottung stand, durch Schutz und vernünftiges Management gerettet werden konnte und heute ein wirtschaftlich relevantes Element für Tourismus und Wildfarmen in Südafrika darstellt. Er bietet also ausgiebig Stoff, um im Zooschulunterricht Natur- und Artenschutzstrategien zu diskutieren. Vergesellschaftet mit anderen Arten seiner Heimat stellt er auch für das allgemine Zoopublikum eine Bereicherung dar. Körperbau und KörperfunktionenDer Blessbock erreicht eine Kopf-Rumpflänge von 140-160 cm und eine Schulterhöhe von rund 95 (85-110) cm. Böcke werden etwa 70 kg, Weibchen 61 kg schwer. Beide Geschlechter tragen bis 50 cm lange, geschwungene Hörner. Die Fellfarbe der Oberseite ist braun in verschiedenen Schattierungen. Schwanzbasis, Unterseite und Unterbeine sind weißlich. Die namengebende Blesse ist in der Regel zwischen den Augen durch ein braunes Stirnband unterbrochen. Die Schwanzquaste ist schwarz. Kälber tragen ein hellbraunes Jugendkleid [3; 4; 5; 8; 10]. VerbreitungSüdliches Afrika: Südafrika, ursprünglich nur im Highveld, heute auch in Wildfarmen und Naturschutzgebieten der Karoo, im Bushveld und im Natal-Middelveld, (wieder) eingeführt in Botswana, Lesotho, Namibia und Swasiland [1]. Lebensraum und LebensweiseDer Blessbock besiedelt vorzugsweise flaches, offenes mit kurzen Gräsern bestandenes Grasland in Höhenlagen bis zu 2'000 m und kommt auch im Fynbos vor. Die Nahrung besteht fast ausschließlich aus Gräsern. Die Tiere leben in Kuhherden, und Junggesellengruppen, altere Böcke sind territorial. Sie sind wie die meisten Kuhantilopen im Zoo nicht immer umgänglich, weil sie auch dort ihre im Freiland 1-4 ha große Reviere verteidigen. Mit ihren leierförmigen Hörnern sind sie gerne bereit, auch kräftigere Gegner zu attackieren. Das heißt, selbst bei ihrer Versorgung im Zoo ist Vorsicht geboten. Streitigkeiten werden „kniend“ (auf den Handwurzelgelenken) ausgetragen – oftmals nur mit Hilfe berührungsloser Imponierattacken. Die Kühe sind zeit ihres Lebens etwas geselliger und auch der tierpflegerische Umgang fällt mit ihnen leichter [3; 5; 6; 8; 10]. Im südlichen Afrika fällt die Brunft auf den Zeitraum März-Mai. Nach einer Tragzeit von 210-242 Tagen setzen die Kühe meist im November-Dezember jeweils ein einzelnes Kalb, das sofort der Mutter folgt [6; 10]. Gefährdung und SchutzDer Blessbock ist heute nicht mehr gefährdet, sondern kommt in grossen Beständen in Wildfarmen und Naturschutzgebieten vor (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1]. Der internationale Handel ist nicht durch CITES geregelt. Die Einfuhr aus den Ursprungsländern ist wegen der restriktiven Veterinärbestimmungen der EU so gut wie ausgeschlossen. Bedeutung für den MenschenBlessböcke kamen einst in riesigen Beständen im südafrikanischen Highveld vor, wo sie das Schicksal manch anderer in offenem Grasland lebender Art teilten: Zur Gewinnung von Fleisch und Häuten oder aus reiner Vergnügungssucht wurden die Herden zusammengeschossen, bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts nur noch etwa 2'000 Tiere vorhanden waren. Schutzmaßnahmen und gutes Management, hauptsächlich auf privatem Farmland, führte zu einer Erholung der Bestände und heute dürften wieder etwa eine Viertelmillion Blessböcke im südlichen Afrika zu finden sein. Dass etwa 97% der Blessböcke auf eingezäuntem Privatland vorkommen, hatte - wie etwa beim Damhirsch oder dem Springbock - einen gewissen Domestikationseffekt, indem es mittlerweile auch weiße, gelbe, rote oder schwarze Zuchtstämme gibt. Die Tiere werden für Phototourismus, Trophäen- oder Fleischjagd genutzt und sind in Südafrika eine wesentliche Komponente des nationalen Lebendwildhandels [3; 4, 5]. HaltungBlessböcke werden oft auf "Afrika"-Anlagen gemeinsam mit Vögel wie Afrikanischem Strauss, Pelikanen, Nilgans, Kranichen oder Hornraben, sowie mit anderen Säugetieren, z.B. Breitmaulnashorn, Hartmann- oder Steppenzebra, Watussirind, Giraffe, Elenantilope, Großem Kudu, Nyala, Spießbock, Impala oder Springbock gehalten. Das Höchstalter wird von WEIGL mit rund 23 Jahren für einen aus nach Namibia in die USA importierten weiblichen Wildfang angegeben [9]. Haltung in europäischen Zoos: Der Blessbock wird in rund 50 europäischen Zoos gezeigt von denen sich etwa 10 im deutschprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Es gibt für ihn ein Europäisches Zuchtbuch (ESB), das vom Chessington Zoo in England geführt wird. Der von der EAZA überwachte Bestand umfasste (2018) 224 Tiere [11]. Die europäische Erstzucht gelang vermutlich 1875 im Zoo Berlin [PM Zoo Berlin, 10.10.2011]. Währenddem südafrikanische Zoos oft auch Farbmutanten präserntieren, ist das in Europa nicht der Fall. Wie Blessböcke gehalten werden (Beispiel):
Forschung im Zoo: Blessböcke sind gelegentlich Gegenstand von Forschung oder forschendem Lernen im Zoo. So wurde z.B. in der ZOOM Erlebnisweilt in Gelsenkirchen die Raumnutzung und interspezifische Interaktionen von Blessböcken und anderen Arten in der Gemeinschaftshaltung untersucht [2]. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 400 m² zur Verfügung stehen. Für jedes weitere Tier kommen 30 m² zur Basisfläche dazu. Zudem wird ein Stall von 4-5 m²/Tier vorgegeben. Die Stalltemperatur soll mindestens 10ºC betragen. Dazu ist festzustellen, dass die mittlere Mindesttemperatur in Bloemfontein, also mitten im Artareal des Blessbocks, von Mitte April bis Ende Oktober unter 10ºC, von Mitte Mai bis Ende August sogar unter dem Gefrierpunkt liegt. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Gehege mit Trenn- oder Absperrmöglichkeit vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 80 m² zur Basisfläche dazu. Ferner ist ein Stall mit einer Fläche von 8 m²/Tier erforderlich. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist für 1-5 Tiere ein Außengehege von 800 m² erforderlich, für jedes weitere 80 m² mehr. Zudem ist ein beheizter Stall mit einem Mindestausmaß von 5 m² pro Tier mit einer Mindesttemperatur von 10°C vorgeschrieben. Die Haltung hat in Gruppen mit einem erwachsenen Männchen, mehreren Weibchen und deren Nachwuchs zu erfolgen. Taxonomie und NomenklaturDer Blessbock wurde 1823 von dem englischen Forschungsreisenden William John BURCHELL als "Antilope albifrons" beschrieben. SCLATER & THOMAS stellten ihn 1894 als "Damaliscus albifrons" in die neue und heute noch gültige Gattung Damaliscus. Später wurde er als Unterart mit dem Buntbock in einer Art zusammengefasst und hieß fortan "Damaliscus dorcas phillipsi". Fleißige Taxonomen stellten dann aber fest, dass die Artbezeichnung "dorcas" bereits vergeben war und dass Burchell nicht zwischen Bless- und Buntbock unterschieden hatte, was eine Änderung des Namens erst in "Damaliscus pygargus albifrons" und dann in die heute gültige Bezeichnung Damaliscus pygargus phillipsi HARPER 1939 zur Folge hatte, womit der amerikanische Biologe Francis HARPER seinem Financier John Charles PHILLIPS und sich selbst ein Denkmal schuf. Manche Autoren, die das biologische Artkonzept ablehnen, betrachten Bunt- und Blessbock wieder als getrennte Arten, was aber von der IUCN nicht mitgemacht wird [1; 4; 7; 10]. |
Literatur und Internetquellen
- DALTON, D. et al. (2017). Damaliscus pygargus ssp. phillipsi. The IUCN Red List of Threatened Species 2017: e.T30209A50197495. http://www.iucnredlist.org/details/30208/0. Downloaded on 13 June 2018.
- ENGELS, S. (2008)
- GRZIMEK, B. (ed., 1970)
- KINGDON, J., HAPPOLD, D., BUTYNSKI, T. HOFFMANN, M., HAPPOLD, M., KALINA, J. (Hrsg. 2013)
- MILLS, G & HES, L. (1999)
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- SCLATER, P. L. & OLDFIELD, T. (1894-1900)
- SMITHERS, R. H. N. (1983)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- HAMMER, C. (2019) EAZA Antelope TAG - Savannah Antelope Subgroup - 2019 - Valencia.