Weissnacken-Moorantilope

Weißnacken-Moorantilope (Kobus megaceros), Bulle im Zoo Osnabrück
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Ried- und Wasserböcke (Reduncinae)

D EN 650

EEPWeißnacken-Moorantilope

Kobus megaceros • The Nile Lechwe • Le cobe de Mrs. Gray

119 009 016 004 kobus megaceros lyon PD1Weißnackenmoorantilope (Kobus megaceros), Kuh im Zoo Lyon © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

119 009 016 004 kobus megaceros mapApproximative Verbreitung der Weißnacken-Moorantilope (Kobus megaceros)

119 009 016 004 kobus megaceros köln KR1Weißnackenmoorantilope (Kobus megaceros), voll ausgefärbter Bulle im Kölner Zoo © Klaus Rudloff, Berlin

119 009 016 004 kobus megaceros lyon PD2Weißnackenmoorantilope (Kobus megaceros), Kuh im Zoo Lyon © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

119 009 016 004 kobus megaceros miami PD1Weißnackenmoorantilope (Kobus megaceros), Kleine Gruppe im Miami Metro Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

119 009 016 004 kobus megaceros dvur PD1Weißnackenmoorantilope (Kobus megaceros), Haremsgruppe im Zoo Dvůr Králové © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

119 009 016 004 kobus megaceros dvur PD2Weißnackenmoorantilope (Antilope megaceros), Kuh im Zoo Dvůr Králové © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

119 009 016 004 kobus megaceros lyon PD3Weißnackenmoorantilope (Kobus megaceros), Kühe an der Tränke im Zoo Lyon © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

119 009 016 004 kobus megaceros ostrava KR1Weißnackenmoorantilope (Antilope megaceros), Bulle jagt Elenantilope im Zoo von Mährisch-Ostrau © Klaus Rudloff, Berlin

119 009 016 004 kobus megaceros dvur PD3Weißnackenmoorantilope (Antilope megaceros), Weibchengruppe im Zoo Dvůr Králové © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

119 009 016 004 kobus megaceros sigean PD2Weißnackenmoorantilope (Antilope megaceros), umfärbender Bulle im Zoo Safari africain de Sigean © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

119 009 016 004 kobus megaceros lisieux PD1Weißnackenmoorantilope (Antilope megaceros), Weibchenrudel im CERZA-Zoo, Lisieux © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Die Weißnackenmoorantilope ist eine mittelgroße Antilope, die in ihrer Heimat stark gefährdet ist und deren Zukunft in Anbetracht der schwirigen politischen Situation im Hauptverbreitungsgebiet düster aussieht. In europäischen Zoos wird sie nicht sehr oft gehalten, es gibt aber zum Teil größere Gruppen und dank einem Erhaltungszuchtprogramm niummt die Zahl der Haltungen in den letzten Jahre zu.

Körperbau und Körperfunktionen

Die Weißnacken-Moorantilope ist eine mittelgroße Antilope, etwas kleiner als der Litschi-Wasserbock und etwas größer als ein Damhirsch, mit einer Kopf-Rumpflänge von 160-180 cm, einer Schulterhöhe von rund einem Meter (100-105 cm) und einem Gewicht von etwa 90-120 kg bei den Bullen und einer Kopf-Rumpflänge von 130-170 cm, einer Schulterhöhe von 80-85 cm und einem Gewicht von 60-90 kg bei den Kühen. Der mit einer Endquaste versehene Schwanz ist 45-50 cm lang.

Der Rumpf ist hinten überbaut. Als Anpassung an das Leben in Feuchtgebieten sind die Klauen relativ lang. Die innere Klauen sind deutlich schmaler als die äußeren.

Weißnacken-Moorantilopen zeigen den ausgeprägtesten Geschlechtsdichromatismus von allen Antilopen: Alte Bullen sind dunkel schokoladenbraun bis schwarz gefärbt und haben einen stark kontrastierenden weißen Fleck, der vom Auge bis auf die Schulter reicht und sich dann als Aalstrich bis zum Schwanz fortsetzt. Jüngere Bullen beginnen ab zwei Jahren sich umzufärben, aber der weiße Fleck wird erst später ausgebildet. Jungtiere und Kühe sind rotbraun. Bei allen Tieren ist die Unterseite zumindest teilweise weiß und es befinden sich weiße Ringe oberhalb der Klauen.

Bullen haben schlanke, gefurchte, leierartige, etwa 50-85 cm lange Hörner, die Kühe sind hornlos [1; 2; 5; 7].

Verbreitung

Nordöstliches Zentralafrika: Äthiopien und Südsudan, beschränkt auf die Sudd-Sümpfe entlang des Weißen Nils und des Sobat-Flusses sowie das Machar-Marschland an der südsudanesisch-äthiopischen Grenze [3].

Lebensraum und Lebensweise

Sümpfe und jahreszeitlich überflutete Wiesen bilden den Lebensraum der Weißnacken-Moorantilopen. Meistens halten sich die Tiere in Flachwasserzonen von 10-40 cm Tiefe auf. Wildreis (Oryza longistaminata) ist die wichtigste Nahrung zu Beginn der Regenzeit. Ansonsten werden hauptsächlich Reisquecken (Leersia), Hühnerhirsen (Echinochloa) und Flusspferdgras (Vossia cuspidata) gefressen.

Die Tiere sind sozial und werden meistens in gemischtgeschlechtlichen Herden von 50 bis zu mehreren Hundert Individuen angetroffen. Männliche Tiere können Junggesellenverbände bilden. Adulte Bullen halten sich in der Nähe von Weibchengruppen auf. Sie tolerieren noch nicht voll ausgefärbte Geschlechtsgenossen in ihrer Nähe, bekämpfen aber mit tiefgehaltenem Kopf Konkurrenten, die bereits einen weißen Nackenfleck haben [2; 3; 7].

Nach einer Tragzeit von 237 (230-240) Tagen wird jeweils ein einzelnes Kalb geboren. Dieses ist ein Ablieger und wird während der ersten 2 Lebenswochen von der Mutter nur zum Säugen aufgesucht. Im natürlichen Lebensraum fallen die meisten Geburten von November bis Januar an. Jungbullen werden mit 20-23 Monaten geschlechtsreif, weibliche Tiere mit 13-22 Monaten [4; 7].

Gefährdung und Schutz

Die Art wird auf der Grundlage einer Beurteilung aus dem jahr 2016 als stark gefährdet eingestuft (Rote Liste: ENDANGERED), da vermutet wird, dass die Gesamtpopulation in den letzten 20 Jahren um mehr als die Hälfte zurückgegangen ist. Dies deshalb, weil der Lebensraum, die Feuchtgebiete in Äthiopien und Süd-Sudan, unter anderem durch die Ölförderung zerstört wird. Da diese Zerstörung wahrscheinlich noch fortschreiten wird, muss diese Art neu beurteilt werden, sobald neue Daten vorhanden sind [3].

Der internationale Handel wird durch CITES nicht geregelt. Die Einfuhr lebender Exemplare aus den Ursprungsländern ist aber wegen der restriktiven Veterinärbestimmungen der EU so gut wie ausgeschlossen.

Bedeutung für den Menschen

Weißnackenmoorantilopen werden wegen ihres Fleischs für den Eigenbedarf und lokale Märkte gejagt. Durch Bürgerkrieg und Hungersnöte wurde der Jagddruck erhöht. Geordnete Trophäenjagd und Fototourismus, die ökonomische Anreize für die Erhaltung der Art böten, finden derzeit nicht statt [3; Artikel in Jagdpresse].

Haltung

Wie andere Wasserböcke auch lassen sich Weißnacken-Moorantilopen gut mit vielen anderen Arten vergesellschaften, so z.B. mit Afrikanischen Straußen, Pelhühnern, Kronenkranichen, Hornraben, Zebras, Giraffen, Elenantilopen, großen Kudus, Bongos, Sitatungas, Bless- und Spießböcken, Impalas oder Thomsongazellen. Bei der Gemeinschaftshaltung mit Gewöhnlichen oder Litschi-Wasserböcken kann es zu unerwünschten Bastardierungen kommen [4].

WEIGL gibt als Höchstalter für zwei in den USA gehaltene Weibchen 21 Jahre bzw. 21 Jahre und 1  Monat an [6].

Haltung in europäischen Zoos: Die Zahl der Haltungen der Weißnacken-Moorantilope hat in den letzten Jahren etwas zugenommen. Sie wird jetzt in gegen 40 europäischen Zoos gezeigt. Von diesen befinden sich nur sehr wenige im deutschsprachigen Raum; Haltungsschwerpunkte sind Italien und Frankreich. Für Details siehe Zootierliste.

Es gibt für die Art ein Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das vom Biopark Rom koordiniert wird. Diesem sind (Stand 2021) 29 EAZA-Zoos mit 300 (83.209.8) Tieren angeschlossen. 1993 waren es erst zwei Institutionen mit 21 Tieren gewesen, 2003 neun Institutionen mit 180 Tieren [diverse EAZA-Dokumente].

Wie Moorantilopen gehalten werden (Beispiel):

Mindestanforderungen an Gehege: Nach dem  Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 200 m² zur Verfügung stehen. Für jedes weitere Tier kommen 20 m² zur Basisfläche dazu. Zudem wird ein Stall von etwa 3 m²/Tier vorgegeben.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 10 Tieren ein Gehege mit Trenn- oder Absperrmöglichkeit vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 40 m² zur Basisfläche dazu. Ferner ist ein Stall mit einer Fläche von 4 m²/Tier erforderlich.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) ist für 1-5 Tiere ein Außengehege von 500 m² erforderlich, für jedes weitere 50 m² mehr. Zudem ist ein beheizter Stall mit einem Mindestausmaß von 4 m² pro Tier mit einer Mindesttemperatur von 10°C vorgeschrieben. Die Haltung hat in Gruppen mit einem erwachsenen Männchen, mehreren Weibchen und deren Nachwuchs zu erfolgen.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Weißnacken-Moorantilope war 1853 vom württembergischen Naturforscher und Afrika-Reisenden Martin Theodor von HEUGLIN (1824-1876) entdeckt worden.1855 wurde sie von dem Wiener Zoologe Leopold Joseph Franz Johann FITZINGER unter dem Namen "Adenota megaceros" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die heute gültige Gattungsbezeichnung Kobus war bereits 1840 vom Oberstleutnant der britischen Armee Charles HAMILTON SMITH vergeben worden [1; 7].

John Edward GRAY vom British Museum in London versuchte, seiner Ehefrau Maria und damit sich selbst ein Denkmal zu setzen, indem er Exemplare, die ihm der britische Konsul in Khartum 1859 sandte, unter der Bezeichnung "Kobus maria" beschrieb. Damit kam er zwar zu spät, aber im Englischen hat sich die Bezeichnung "Mrs. Gray's Waterbuck" bis heute gehalten [5].

119 009 016 004 kobus megaceros sigean PD1Weißnackenmoorantilope (Antilope megaceros), Kuh mit Kalb in der Réserve africaine de Sigean © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Literatur und Internetquellen

  1. GROVES, C.P. & GRUBB, P. (2011)
  2. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  3. IUCN SSC Antelope Specialist Group (2017). Kobus megaceros. The IUCN Red List of Threatened Species 2017: e.T11034A50189177. http://www.iucnredlist.org/details/11034/0. Downloaded on 13 June 2018.
  4. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  5. SPINAGE, C.A. (1986)
  6. WEIGL, R. (2005)
  7. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)