Hausschwein

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Nichtwiederkäuer (Nonruminantia) bzw. Schweineartige (Suina)
Familie: Schweine (Suidae)
Tribus: Schweine i.e.S (Suini)

D NB 650

Hausschwein

Sus scrofa f. dom. • The Domestic Pig • Le porc domestique

119 001 005 003 sus scrofa dom angler hanstedt PD1Angler Sattelschwein (Sus scrofa f. dom.) im Wildpark Lüneburger Heide, Hanstedt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

119 001 005 003 sus scrofa dom kunekune schwarzach schiedt2Kunekuneschweine (Sus scrofa f. dom.) gehören zu den Rassen mit stark verkürztem Gesichtsschädel. Wildpark Schwarzach © Martin Schiedt, Sinsheim, https://www.schiedt.org

119 001 005 003 sus scrofa dom mangalitza mundenhof PD2Schwalbenbauch-Mangalitza- oder Wollschwein (Sus scrofa f. dom.) in der Suhle im Tiergehege Mundenhof, Freiburg i.Br. © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

119 001 005 003 sus scrofa dom mangalitza mundenhof PD1Bei primitiven Schweinerassen sind die Ferkel ähnlich gestreift wie die Frischlinge von Wildschweinen: Ferkel des Schwalbenbauch-Mangalitza- oder Wollschweins (Sus scrofa f. dom.) im Tiergehege Mundenhof, Freiburg i.Br. © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

119 001 005 003 sus scrofa dom bentheimer nordhorn PD1Mädchen mit Ferkeln des Bunten Bentheimer Landschweins (Sus scrofa f. dom.) im Kontaktgehege des Tierparks Nordhorn © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

119 001 005 003 sus scrofa dom schwaeb illerbeuren PD1Besucher streicheln Schwäbisch-Hällisches Landschweins (Sus scrofa f. dom.) im Schwäbischen Bauernhofmuseum Illerbeuren © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

119 001 005 003 sus scrofa dom mini zooschule LDZwergschwein (Sus scrofa f. dom.) im Zooschul-Unterricht im Zoo Landau © Zooschule Landau (Pressefoto)

119 001 005 003 scrofa dom bentheimer hann hann1Säugende Ferkel des Bunten Bentheimer Landschweins (Sus scrofa f. dom.) im ErlebnisZoo Hannover © Zoo Hannover (Pressefoto)

119 001 005 003 sus scrofa dom haenge wels PD2Vietnamesische Hängebauchschweine (Sus scrofa f. dom.) im Tiergarten Wels © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

119 001 005 003 sus scrofa dom haenge schwarzeberge PD1Vietnamesische Hängebauchschweine (Sus scrofa f. dom.) im Publikumskontakt im Wildpark Schwarze Berge, Rosengarten-Vahrendorf © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

119 001 005 003 sus scrofa dom woll LSN PD1Schweinegehege im Parc animalier de Sauvabelin bei Lausanne © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

119 001 005 003 sus scrofa dom pietrain HD PD1Ferkel des Piétrainschweins (Sus scrofa f. dom.) im Zoo Heidelberg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Das Hausschwein ist der wichtigste Fleischlieferant unter den Säugetieren. Früher gab es zahllose lokale Rassen. Diese sind heute aus der Landwirtschaft weitgehend verschwunden und durch Hochleistungsschweine ersetzt worden, die in abgeschirmten Ställen gehalten werden. Den Zoos obliegt es daher, einerseits den Kontakt zwischen den Besuchern und Schweinen zu ermöglichen und andererseits, sich an Zuchtprogrammen für bedrohte Rassen zu beteiligen, wobei dem Publikum klargemacht werden muss, dass hier die Devise "Erhalten durch Aufessen" gilt.

Stammformen und Domestikation

Stammformen des Hausschweins sind verschiedene Wildschwein-Unterarten. Die Erstdomestikation erfolgte etwa 7800 Jahre v. Chr. im Gebiet des sogenannten fruchtbaren Halbmonds in Vorderasien. Weitere autochthone Domestikationszentren für Schweine befanden sich in Südostasien, China (ab dem Ende des 7. Jahrtausends v. Chr.) und Südschweden (2400 Jahre v. Chr.). Aus dem ursprünglichen Domestikationsgebiet heraus verbreiteten Siedler die Hausschweinehaltung nach Ägypten, Indien und auf die Balkanhalbinsel. Für Mitteleuropa sind Einwanderungswege über das Mittelmeer nach Südeuropa sowie entlang der großen europäischen Flüsse nachgewiesen (ab 5500 v. Chr.). Während polynesische Einwanderer schon frühzeitig Hausschweine auf ozeanische Inseln mitbrachten (ab 4500 v. Chr.), sind in Amerika, in großen Teilen Afrikas und in Australien erst mit Beginn der europäischen Kolonisation Schweine gehalten worden [4; 6; 8].

Körperbau und Körperfunktionen

Im Neolithikum, zu Beginn der Domestikation, waren die domestizierten Schweine etwas kleiner als die Wildform, der sie im Übrigen glichen. Mit zunehmender Rassebildung (nach FAO gibt es weltweit 730 Schweinerassen [15]) weitete sich das Spektrum hinsichtlich Körpergröße, Körperform und Färbung drastisch. Es gibt Zwergschweine, die nicht schwerer als 12 kg werden und Riesenschweine mit einer Schulterhöhe von über 120 cm, die bis auf 1'000 kg gemästet werden können. Es gibt Schweine mit Steh- und solche mit Schlappohren. Manche sind praktisch nackt, andere haben ein Wollkleid entwickelt. Bei manchen Rassen ist der Gesichtsschädel mopsartig verkürzt. Hochleistungsrassen wurden bis zu vier zusätzliche Rippenpaare angezüchtet, sie liefern also 32 Koteletts anstatt nur 24 wie das Wildschwein. Das Gesäuge der Sauen hat 12-16 Zitzen. Die Zahl der Ferkel pro Wurf variiert u.a. in Abhängigkeit von der Rasse. Währenddem das Cerdo Iberico es im Mittel auf 6.9 Ferkel bringt, liegt der Durchschnitt bei der Deutschen Landrasse bei 13.5 Ferkeln [3; 7; 8; 13].

Rassen und Bestände in Mitteleuropa

Nach FAO gibt es in Europa 333 registrierte Rassen, von denen 151 bereits ausgestorben sind [15]. Für 2019 wurden in Deutschland 25'926'200 Schweine in 21'200 Haltungen ausgewiesen, in Österreich waren es 2'773'225 in beinahe gleich vielen (21'092) Haltungen, und in der Schweiz wurden 1'362'646 Schweine in rund 6'200 Betrieben gehalten. Die wichtigsten Rassen in der Fleischproduktion sind im deutschsprachigen Raum das Edelschwein und die Landrasse (Veredeltes Landschwein), eine größere Rolle spielt auch das aus Belgien stammende Piétrain-Schwein. Eine Spezialität der ehemaligen DDR ist das "Leicoma"-Schwein, ein Hybride zwischen mehreren Rassen, dessen Name sich von Leipzig, Cottbus und Magdeburg herleitet, wo sich die hauptsächlichen Zuchtgebiete befanden. Die Bestände der übrigen gegen 20 in der Region gehaltenen Rassen liegen im Promillebereich [5; 10; 11; 12].

Wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung

Die wirtschaftliche Bedeutung des Hausschweins ist enorm. Nebst Fleisch und Fett liefert es Häute für die Verarbeitung zu Leder, Schwarten zur Produktion von Gelatine, Borsten zur Bürstenherstellung, Herzklappen für die Xenotransplantation und Gülle als Dünger für die Felder. Besonders trainierte Schweine werden zur Trüffelsuche eingesetzt. Zwergrassen wurden gezüchtet, um als Versuchstiere in der medizinisch-pharmazeutische Forschung zu dienen. Der Weltbestand an Schweinen nahm laut FAO von 1961 bis 2014 von 406 Millionen auf 1 Milliarde Individuen zu [1]. In Mitteleuropa ist das Schwein der mit Abstand bedeutendste Fleischlieferant. 2019 wurden in Deutschland 55 Millionen Schweine geschlachtet, die einen Fleischertrag von 5.22 Milliarden kg ergaben. Der Schweinefleischverzehr lag 2018 bei 35.7 kg pro Kopf der Bevölkerung. In Österreich waren es 5'063'302 Schlachtungen im Jahr 2019, rund 10% weniger als ein Jahrzehnt zuvor. In der Schweiz (2018) lag die Zahl der Schlachtungen bei 2'574'090, der Netto-Fleischertrag bei rund 171 Millionen kg und der pro Kopf-Konsum bei 21.6 kg [10; 11; 12].

Im Judentum und im Islam gilt das Schwein als unrein und sein Fleisch darf nicht gegessen werden. Im Gegensatz dazu war das Schwein bei den alten Germanen positiv besetzt, wurde den Göttern geopfert, und was diese nicht beanspruchten, landete auf dem Esstisch. Der Eber "Gullibursti" (der mit den goldenen Borsten) war Freyr, dem Gott des Ackerbaus, "Hildisvini"  dessen Gattin Freyja heilig, wie das "Hyndluljóð" der Lieder-Edda berichtet [9].

Haltung im Zoo

Zwergrassen und Ferkel großer Rassen eignen sich für Kontaktgehege. Zwerg- oder Hängebauchschweine werden oft mit Zwergziegen, Schafen etc. vergesellschaftet.

Haltung in europäischen Zoos: In europäischen Zoos, Tier- und Wildparks werden rund 60 Schweinerassen gehalten. Am häufigsten sind die Vietnamesischen Hängebauchschweine mit rund 250 Haltungen, gegen die Hälfte davon im deutschsprachigen Raum. Gefolgt werden sie von den Zwergschweinen oder Minipigs mit über 200 Haltungen, und den Wollschweinen wovon über die Hälfte bzw. zwei Drittel im deutschsprachigen Raum. Die neuseeländischen Kunekune-Schweine bringen es auf über 60 Haltungen, die sich hauptsächlich in Großbritannien befinden. In Deutschland relativ häufig anzutreffen sind alte Landrasse, wie das Bunte Bentheimer, das Angler bzw. Deutsche Sattelschwein, das Schwäbisch-Hällische Schwein und das rotbunte Husumer Protestschwein. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Gesetzliche Mindestanforderungen sind auf die landwirtschaftliche Nutztierhaltung ausgerichtet und sind im Zoo nicht praktikabel, weil hier die Tiere extensiver gehalten werden.

Zoogestützte Schutzprojekte (Beispiel):

  • In Deutschland gelten 64% aller Nutztierrassen als gefährdet. Seit 2020 engagiert sich daher der Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) in einem  vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderten Projekt, in dessen Rahmen die wissenschaftliche Erhaltungszucht gefährdeter Rassen optimier und diese stärker als bisher nachgezüchtet werden sollen. Außerdem soll das Thema des Aussterbens einheimischer Nutztiere fest in den Unterrichtsangeboten der Zooschulen verankert und ein jährliches Fachsymposium etabliert werden. Zu den Projektrassen gehören Rotbuntes Husumer-, Buntes Bentheimer-, Leicoma- und Angler Sattelschwein.

  • In der Schweiz bemüht sich Pro Specie Rara um die Erhaltung des Schwarzen Alpenschweins un des Wollschweins. Dabei dabei arbeitet die Organisation mit dem Römischen Haustierpark in Augst, dem Tierpark Lange Erlen, dem Parc aux animaux du Bois-de-la-Bâtie in Genf, dem Papiliorama Kerzers, dem Tierpark Seeburg in Kreuzlingen und dem Parc animalier de Sauvabelin zusammen

Taxonomie und Nomenklatur

Wissenschaftlich beschrieben wurde 1758 durch Carl von LINNÉ zuerst das Wildschwein unter seinem heute noch gültigen Namen Sus scrofa. Johann Christian Polycarp ERXLEBEN, der Professor für Physik und Tierheilkunde an der Universität Göttingen war, fügte 1777 das Hausschwein als Sus domesticus in die zoologische Systematik ein. Da Haus- und Wildschwein im Prinzip eine Fortpflanzungsgemeinschaft bilden, gehören sie derselben Art an. Das Hausschwein wurde in der Folge als Unterart Sus scrofa domesticus bezeichnet, im Sinne der Nomenklatur von BOHLKEN heißt es heute Sus scrofa forma domestica [1; 6; 14].

119 001 005 003 sus scrofa dom micro herborn1Mikroschwein (Sus scrofa f. dom.) im Vogelpark Herborn © Vogelpark Herborn (Pressefoto)

Literatur und Internetquellen

  1. AGRECOL
  2. BOHLKEN , H. (1958)
  3. BONOW, J. (2016)
  4. FALKENBERG, H. & HAMMER, H. (2006)
  5. GESELLSCHAFT ZUR ERHALTUNG ALTER UND GEFÄHRDETER HAUSTIERRASSEN E. V. (GEH)
  6. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  7. HAUSTIER. NET
  8. HERRE, W. & RÖHRS, M. (1990)
  9. HOFMANN, H. (1991)
  10. SCHWEIZERISCHES BUNDESAMT FÜR STATISTIK
  11. STATISTIK AUSTRIA
  12. STATISTISCHES BUNDESAMT (DEUTSCHLAND)
  13. WELT VOM 29.01.2012
  14. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  15. ZITIERT NACH ROTE LISTEN GEFÄHRDETER TIERE ÖSTERREICHS
  16. KÖGLER, J. (2021)