Blauaugen-Maki

Blauaugenmaki-Weibchen (Eulemur flavifrons mit Jungtier im Kölner Zoo
© Rolf Schlosser, Kölner Zoo

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Halbaffen (Prosimiae / Strepsirrhini)
Teilordnung: Maki-Verwandte (Lemuriformes)
Familie: Makis (Lemuridae)

D CR 650

EEPBlauaugenmaki, Sclater-Maki

Eulemur flavifrons • The Sclater’s Lemur • Le maki aux yeux turquoises

106 001 002 005 eulemur m flavi male koeln KR1Blauaugen-Maki (Eulemur flavifrons), Männchen im Kölner Zoo © Klaus Rudloff, Berlin

 

106 001 002 005 eulemur m flavi mapApproximative Verbreitung des Blauaugen-Makis (Eulemur flavifrons)

 

106 001 002 005 eulemur m flavi mulhouse PD1Blauaugen-Maki (Eulemur flavifrons), Weibchen im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen im Elsass © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

106 001 002 005 eulemur m flavi pair linton KR1Blauaugen-Maki (Eulemur flavifrons), Paar im Linton Zoo © Klaus Rudloff, Berlin

 

106 001 002 005 eulemur m flavi female linton KR1Blauaugen-Maki (Eulemur flavifrons), Weibchen im Linton Zoo © Klaus Rudloff, Berlin

 

106 001 002 005 eulemur m flavi f koeln wDreier1Blauaugen-Maki (Eulemur flavifrons), Weibchen im Kölner Zoo © Wolfgang Dreier, Berlin

 

106 001 002 005 eulemur m flavi f koeln wDreier2Blauaugen-Maki (Eulemur flavifrons), Weibchen im Kölner Zoo © Wolfgang Dreier, Berlin

 

106 001 002 005 eulemur m flavi female koeln PD1Blauaugen-Maki (Eulemur flavifrons), Weibchen im Kölner Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

106 001 002 005 eulemur m flavi female ostrau KR1Blauaugen-Maki (Eulemur flavifrons), Weibchen im Zoo von Mährisch-Ostrau / Ostrava © Klaus Rudloff, Berlin

 

eulemur m flavi f schwitzerBlauaugenmaki-Weibchen (Eulemur m. flavifrons) © C. Schwitzer

 

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Diese verschollene und erst 1983 wiederentdeckte Lemurenart gilt auf Madagaskar als vom Aussterben bedroht und wird auch in Zoos trotz internationalem Zuchtbuch und regionalen Zuchtprogrammen nur selten gehalten.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Blauaugenmaki ist ein mittelgroßer Lemur mit einer Kopf-Rumpflänge von 39-45 cm, einer Schwanzlänge von 51-65 cm und einem Normalgewicht von 1.8-1.9 kg. Es besteht ein auffälliger Geschlechtsdichromatismus: Die Männchen sind schwarz, die Weibchen rotbraun bis rotgrau mit schwarzem Gesicht und heller Unterseite. Kastrierte Männchen nehmen die Färbung der Weibchen an. Vom Mohrenmaki unterscheiden sich die Tiere durch ihre türkisblauen Augen und die Weibchen zusätzlich durch das Fehlen der weißen Ohrbüschel [10].

Verbreitung

Madagaskar: Beschränkt auf die Sahamalaza-Halbinsel und ein kleines angrenzendes Gebiet in Nordwest-Madagaskar [1].

Lebensraum und Lebensweise

Blauaugenmakis besiedeln halbfeuchte Primär- und Sekundärwälder. Sie leben in Gruppen von 4-11 Individuen, wobei die Männchen die Gruppe oft wechseln oder  weggehen und wieder zurück kommen. Sie sind überwiegend dämmerungsaktiv, haben aber auch Aktivitätsphasen mitten im Tag oder nachts. Im Rahmen einer 12 Monate dauernden Untersuchung im Sahamalaza-Nationalpark wurde festgestellt, dass auf dem Speiseplan der Blauaugenmakis 72 verschiedene Pflanzenarten aus 35 Familien stehen. Von 52.3% Arten wurden die Früchte, von 47.7% die Blätter gefressen. Ferner nahmen die Tiere Blüten, Insekten (insbesondere Zikaden) und Pilze auf. Die Gruppen haben Streifgebiete von 4-20 ha [1; 8; 10].

Die Tragzeit beträgt 120-125 Tage. Auf Madagaskar fallen die meisten Geburten im September (August bis Oktober) an, in Europa und Nordamerika hauptsächlich im Mai. Meist wird ein Junges geboren, selten Zwillinge. Mit 6-7 Monaten sind die Jungen entwöhnt [9; 10].

Gefährdung und Schutz

Wegen Lebensraumverlust und starker Bejagung haben seit den 1970er-Jahren die Bestände des Blauaugenmakis um über 80 % abgenommen. Die Art gilt daher seit 1996, letztmals überprüft 2018, als vom Aussterben bedroht (Rote Liste: CRITICALLY ENDANGERED) [1].

Der Internationale Handel ist nach CITES-Anhang I eingeschränkt.

Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):

  • 1989 gründeten die Zoos von Köln, Mülhausen im Elsass und Saarbrücken sowie die Universität Straßburg die Association Européenne pour l'Étude et la Conservation des Lémuriens (AEECL), ein Konsortium, das sich der Erforschung und dem Schutz der madagassisches Lemuren widmet, wobei der stark gefährdete Sclater-Maki im Sahalamaza-Nationalpark Priorität genießt. Mittlerweile umfasst die Organisation etwa 30 Zoos, darunter auch der Tierpark Berlin, der Zoo Heidelberg, der NaturZoo Rheine und der Zoo de Servion. Jedes Mitglied leistet einen Jahresbeitrag von 2'000 € für die Zwecke der AEECL. Hinzu kommen weitere Spenden, so z.B. im Jahr 2019 von der Wilhelma Stuttgart 25'700 €, mehr ...

Bedeutung für den Menschen

Blauaugenmakis werden auf Madagaskar wegen ihres Fleischs gejagt und für den lokalen Heimtierhandel gefangen [1]. Die CITES-Handelsstatistik differenziert nicht zwischen Blauaugen- und Mohrenmakis. Von 1977-2017 meldete Madagaskar nebst der Ausfuhr von Wissenschaftsmaterial 32 Wildfänge, die alle in den Jahren 1979-1990 exportiert wurden. Von 1981 an wurden Nachzuchttiere international ausgetauscht, bis 2017 insgesamt 151 Stück. Hauptexportländer waren die USA und Kanada gefolgt von Deutschland und Frankreich [3].

Haltung

Das Internationale Zuchtbuch gibt als Höchstalter 27 Jahre an, als längste Haltungsdauer 25 Jahre [9].

Es gibt seit 1982 ein Internationales Zuchtbuch (ISB), das seit 2021 am Loveland Living Planet Aquarium in Colorado geführt wird. Dieses umfasste im April 2015 insgesamt 70 lebende Individuen in 20 Einrichtungen [IZY 52].

Haltung in europäischen Zoos: Die Universität Straßburg importierte 1986 ein Paar aus Madagaskar, das sie im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen einstellte. 1987 kam es dort zur europäischen Erstzucht [9].

1988 wurde der Kölner Zoo Mitglied eines Konsortiums,  das den Schutz der Makis in ihrem kleinen, nur rund 2'700 km² umfassenden Verbreitungsgebiet auf der Sahamalaza-Halbinsel, wo der Bestand im Nationalpark auf 2’780-6'950 Individuen geschätzt wurde [8], sowie ex-situ sicherstellen wollte. 1993 erhielt Köln im Rahmen dieses Projekts Nachzuchttiere aus dem Zoo Mülhausen und von der Universität Straßburg. 1994 gelang hier die deutsche Erstzucht.

Das Europäische Erhaltungszuchtprogramm besteht seit 1992. Es wird vom Zoo Mülhausen im Elsass als "New Style"-EEP koordiniert. Es umfasste am 1.1.2014 26 Tiere in 8 Zoos. Heute (2024) wird die Art in 10 Zoos gehalten, darunter Köln, Mülhausen und Servion. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Für die Vorgabe des Säugetiergutachtens 2014 des BMEL von 30 m²/ 90 m³ bzw. 30 m² bei 2.5 m Höhe für das Außengehege sowie 15 m²/ 45 m³ bzw. 15 m² bei 2.5 m Höhe  für das Innengehege (Kopfrechnen sollte man können!) für die Haltung eines Paars mit bis zu 2 Nachzuchten (was im Widerspruch zu Ziffer 1.6 der Allgemeinen Bestimmungen des Gutachtens steht) und 3 m²/ 9 m³ bzw. 2 m²/ 6 m³ für jedes weitere Tier liegt keine wissenschaftliche Begründung vor. Aufgrund tierhalterischer Erfahrung stellten die Tierschutzsachverständigen der Zoos fest, dass Dimensionen von 10 m²/ 25 m³ sowohl innen wie außen für eine Gruppe bis zu fünf Tieren und jeweils eine Erweiterung der Fläche für jedes weitere Adulttier um 1.5 m² ausreichend seien.

Ferner stipuliert das Säugetiergutachten, dass Makis mindestens dreimal täglich zu füttern sind, wobei zusätzlich zu Obst und Gemüse u.a. auch Nüsse angeboten werden sollen. Dies sollte man besser nicht tun, denn sonst verfetten die Tiere. Eine Fütterungsempfehlung geben GOODCHILD & SCHWITZER [3; 7]. Daran sollte man sich halten und nicht an das Säugetiergutachten.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 5 adulte Blauaugenmakis ein Innen- und ein Außengehege mit einer Fläche von je 10 m² und einer Höhe von 3 m vor. Für jedes weitere erwachsene Tier ist die Fläche um 2 m² zu erweitern.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen. Dazu ist ein Innengehege mit einer Fläche von 15 m² und ein Außengehege von 40 m² bei einer Höhe von je 2.5 m erforderlich.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Blauaugenmaki wurde 1867 erstmals von John Edward GRAY vom British Museum in London unter dem Namen "Prosimia flavifrons" beschrieben. Nachdem er während Jahrzehnten verschollen war, wurde er 1983 wiederentdeckt. 2008 wurde dem bis anhin als Unterart des Mohrenmakis angesehenen Blauaugenmaki der Status einer eigenen Art zuerkannt. Er ist damit eine der 7 Arten, die seit 1994 durch Art-Splitting  neu entstanden sind. Im Grenzgebiet der Verbreitung von E. flavifrons und E. macaco gibt es allerdings eine Vermischung der beiden "Arten", was bedeutet, dass sie im biologischen Sinn keine unterschiedlichen Arten, sondern nur Unterarten sind. Aber das kümmert die Molekulargenetiker wenig [4].

106 001 002 005 eulemur m flavi m ostrau KR1Blauaugen-Maki (Eulemur flavifrons), Männchen im Zoo von Mährisch-Ostrau / Ostrava © Klaus Rudloff, Berlin

Literatur und Internetquellen

  1. VOLAMPENO, S. et al. (2020). Eulemur flavifrons. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T8211A115563094. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T8211A115563094.en. Downloaded on 10 February 2021.
  2. CITES TRADE DATA BASE
  3. GOODCHILD & SCHWITZER, C. (2008)
  4. MITTERMEIER R.A. et al. (2008)
  5. POLOWINSKY, S. Y. (2008)
  6. RUEMPLER, U. (1993)
  7. SCHWITZER, C. (2003)
  8. SCHWITZER, C., SCHWITZER, N., RANDRIATHAHINA G. H. & KAUMANS, W. (2005)
  9. HOPPE, P. (2018)
  10. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)