Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Affen (Simiae / Haplorrhini)
Teilordnung: Eigentliche Affen (Simiiformes)
Überfamilie: Neuwelt- oder Breitnasenaffen (Platyrrhini)
Familie: Krallenaffen (Callitrichidae)
Kuhl-Büscheläffchen, Bahia-Seidenaffe
Callithrix kuhlii • The Wied's Marmoset • L'ouistiti de Kuhl
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Das Kuhl-Büscheläffchen ist eine gefährdete Tierart aus dem Atlantischen Regenwald Brasiliens. Von der erst 1985 entdeckten Art wurden nur wenige Exemplare aus dem Ursprungsland ausgeführt. Dementsprechend war es in Zoos nur sehr selten anzutreffen und ist in Europa heute ganz verschwunden. Körperbau und KörperfunktionenKuhl-Büscheläffchen haben eine Kopf-Rumpflänge von 20-23 cm und eine Schwanzlänge von 29-33 cm. Das Gewicht beträgt ungefähr 350-400 g. Der Kopf ist bei Erwachsenen grau-beige (bei Jungtieren schwarz) mit einem weißen Stirnfleck und hellgrauen Wangen. Die nicht sehr großen, abwärts gerichteten Ohrbüschel sind schwarz, ebenso Brust, Arme, Hände und Füße. Der Rücken ist grau meliert mit Querstreifen, der Schwanz ist schwarz und grau geringelt und die Oberschenkel sind rotbraun [1; 4; 6]. VerbreitungTropisches Südamerika: Ost-Brasilien, Bundesstaaten Bahia und Minas Gerais zwischen dem Rio de Contas und Rio Jequitinhonha [3; 4; 6]. Lebensraum und LebensweiseKuhl-Büscheläffchen besiedeln Atlantische Feucht- und Regenwälder sowie teilweise laubabwerfende Wälder des Tieflands bis zu submontanen Stufe, vom Meeresspiegel bis auf eine Höhe gegen 900 m. ferner Piaçava-Palmhaine, Sekundärwälder, von einheimischen Bäumen beschattete Kakaoplantagen und Gummibaumpflanzungen. Sie ernähren sich von Früchten, Blüten, Nektar, Wirbellosen, Baumfröschen und kleinen Echsen. Besonders wichtig sind Baumexsudate, an die sie dank ihrer spezialisierten Zähne gelangen, mit denen sie Löcher in die Baumrinde nagen. Im Zoo werden diese Exsudate durch Gummi arabicum substituiert, um Durchfälle zu vermeiden. Sie leben in Gruppen von 5-9(-16) Tieren, worunter sich oft je 2 geschlechtsreife Männchen und Weibchen befinden. Die Tiere suchen ihre Nahrung meist im Geäst in einer Höhe von 6-13 m über dem Boden, gehen aber auch auf den Boden, um von Wanderameisen aufgescheuchte Insekten und Spinnen zu fangen. Gelegentlich gehen sie gemeinsam mit Goldkopflöwenäffchen auf Futtersuche [1; 3; 6]. Meist pflanzt sich in einer Gruppe nur das α-Weibchen fort. Nach einer Tragzeit von etwa 143 Tagen bringt es meist Zwillinge zur Welt. Die Geburtsintervalle betragen im Mittel 156 Tage [4; 6]. Gefährdung und SchutzDas 1985 erstbeschriebene Kuhl-Büscheläffchen wurde 1996 als gefährdet eingestuft, später galt es als nicht- oder nur potenziell gefährdet. Aufgrund einer Neubeurteilung im Jahr 2015 ist es seit 2019 wieder als gefährdet (VULNERABLE) in der Rote Liste aufgeführt, weil im Zeitraum 2013-2031 eine Abnahme des Bestands um über 30% befürchtet wird. Gründe dafür sind Lebensraumverlust, illegaler Fang für den nationalen Heimtiermarkt, Unfälle durch motorisierten Verkehr und elektrische Leitungen sowie Bastardierung mit Weiß- und Schwarzbüscheläffchen [3]. Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang II geregelt. Bedeutung für den MenschenDas Kuhl-Büscheläffchen wird in Brasilien in begrenztem Umfang als Heimtier gefangen [3]. Von 1985-2019 bewilligte Brasilien etwas Wissenschaftsmaterial zur Ausfuhr, lebende Wildfänge wurden keine registriert. Im selben Zeitraum wurden weltweit 24 Nachzuchttiere international abgegeben, Ausfuhrländer waren Brasilien und Frankreich [2]. HaltungWEIGL gibt als bekanntes Höchstalter rund 20 Jahre für einen im Zoo La Palmyre gehaltenen männlichen Wildfang an [5]. Nach den "Best practice"-Leitlinien der EAZA soll Kuhl-Büscheläffchen tagsüber ein Gesamtvolumen (innen / außen) von 32.5 m³ (3+10 m² / 2.5 m hoch) zur Verfügung stehen, wobei das Gehege unterteilbar sein soll [1]. Haltung in europäischen Zoos: Kuhl-Büscheläffchen waren in europäischen Zoos stets selten, die Zootierliste verweist nur auf zwei Zoos in Frankreich, welche die Art früher gehalten haben. In beiden Zoos gab es Geburten und in mindestens einem erfolgreiche Aufzucht. Heute (2024) ist die Art in Europa nicht mehr vertreten, und daher gibt auch weder ein Zuchtbuch noch ein Zuchtprogramm. Mindestanforderungen an Gehege: Die auf dem Tierart-Datenblatt für das Weißbüscheläffchen gemachten Angaben zum Säugetiergutachten 2014 des BMEL, zur Stellungnahme der Tierschutz-Sachverständigen der Zoos gelten auch für diese Art. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Innengehege mit einer Fläche von 3 m² und 2 m Höhe vor. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 0.5 m² zu ergänzen. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen. Dazu ist ein Innengehege mit einer Fläche von 10 m² und einer Höhe von 2.5 m erforderlich. Taxonomie und NomenklaturDas Kuhl-Büscheläffchen wurde erst 1985 von dem brasilianischen Primatologen Adelmar Faria COIMBRA-FILHO, der im Lauf seiner Karriere auch mal Direktor des Zoos von Rio de Janeiro gewesen war, unter seinem heute noch gültigen Namen beschrieben. Es gibt keine Unterarten. Kuhl-Büscheläffchen hybridisieren in der Natur mit Schwarzbüscheläffchen [3; 4; 6]. |
Literatur und Internetquellen
- CARROLL, B. (ed., 2002) / BARRÃO RUIVO, E. (ed. 2010)
- CITES TRADE DATA BASE
- NEVES, L., BICCA-MARQUES, J., JERUSALINSKY, L. et al. (2019). Callithrix kuhlii. The IUCN Red List of Threatened Species 2019: e.T3575A17936243. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2019-3.RLTS.T3575A17936243.en. Downloaded on 23 March 2021.
- SCHRÖPEL, M. (2010)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- ZIEGLER, T. (2002)