Weisskopf-Büscheläffchen

Weißkopf-Büscheläffchen (Callithrix geoffroyi) im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Affen (Simiae / Haplorrhini)
Teilordnung: Eigentliche Affen (Simiiformes)
Überfamilie: Neuwelt- oder Breitnasenaffen (Platyrrhini)
Familie: Krallenaffen (Callitrichidae)

D LC 650

Weißkopf-Büscheläffchen

Callithrix geoffroyi • The Geoffroy’s Tufted-ear Marmoset • L'ouistiti à face blanche

106 007 002 005 callithrix geoffroyi gt vancouver PD1Weißkopfbüscheläffchen (Callithrix geoffroyi) im Greater Vancouver Zoo, Aldergrove BC © Peter Dollinger, Zoo Office Berb

106 007 002 005 callithrix geoffroyi mapApproximative Verbreitung des Weißkopf-Büscheläffchens (Callithrix geoffroyi)

106 007 002 005 callithrix geoffroyi mulhouse PD1Weißkopf-Büscheläffchen (Callithrix geoffroyi) im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

106 007 002 005 callithrix geoffroyi HDJunges Weißkopf-Büscheläffchen (Callithrix geoffroyi) im Zoo Heidelberg © Rose von Selasinsky / Zoo Heidelberg

106 007 002 005 callithrix geoffroyi HRO dreier1Weißkopf-Büscheläffchen (Callithrix geoffroyi) im Zoo Rostock © Wolfgang Dreier, Berlin

106 007 002 005 callithrix geoffroyi MH dreier1Weißkopf-Büscheläffchen (Callithrix geoffroyi) im Zoo Mülhausen im Elsass © Wolfgang Dreier, Berlin

106 007 002 005 callithrix geoffroyi HD PDWeißkopf-Büscheläffchen (Callithrix geoffroyi) im Zoo Heidelberg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

106 007 002 005 callithrix geoffroyi schmiding KR1Weißkopf-Büscheläffchen (Callithrix geoffroyi) im Zoo Schmiding © Klaus Rudloff, Berlin

106 007 002 005 callithrix geoffroyi palmyre PD1Weißkopf-Büscheläffchen (Callithrix geoffroyi) im Zoo La Palmyre © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

106 007 002 005 callithrix geoffroyi straubing PD1Weißkopf-Büscheläffchen (Callithrix geoffroyi) im Tiergarten Straubing © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

106 007 002 005 callithrix geoffroyi stralsund PD1Weißkopf-Büscheläffchen (Callithrix geoffroyi) im Zoo Stralsund © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Das selbst (noch) nicht gefährdete Weißbüscheläffchen ist eine ansprechende Tierart und daher ein guter Botschafter für den bedrohten Atlantischen Tropenwald Brasiliens. Seine Haltung wird durch ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm gefördert. Dementsprechend wird es sehr häufig in europäischen Zoos gezeigt.

Körperbau und Körperfunktionen

Weißkopfbüscheläffchen haben eine Kopf-Rumpflänge von 18-23 cm und eine Schwanzlänge von etwa 29 cm. Das Gewicht beträgt ungefähr (190-)230-350 g, wobei die Männchen etwas schwerer sind als die Weibchen. Mit Ausnahme der Großzehe, die einen Plattnagel aufweist, sind alle Finger und Zehen bekrallt. Die wenig behaarte Gesichtshaut ist meist hell fleischfarben, gelegentlich dunkel pigmentiert. Stirn, Wangen, Kinn und Kehle sind mit langen weißen Haaren bedeckt. Kopfseiten, Hinterkopf, Ohrpinsel und Mantel sind schwarz. Die spärlich behaarten Ohren selbst sind schwarz pigmentiert. Das Rückenfell ist ähnlich quergestreift wie bei Callithrix jacchus, aber etwas kontrastreicher. Die Bauchseite, Hände und Füße sind dunkelbraun bis schwärzlich. Der Schwanz ist schwarz und grau geringelt [5; 7].

Verbreitung

Tropisches Südamerika: Südost-Brasilien. Das Verbreitungsgebiet des Weißkopf-Büscheläffchens überlappt sich im brasilianischen Bundesstaat Espírito Santo mit jenem des Gelbkopf-Büscheläffchens (Callithrix flaviceps). Allerdings kommen die Weißköpfe nur im Flachland bis etwa 500 m Höhe vor, währenddem die Gelbköpfe die Hügel ab 400 m Höhe besiedeln. In der Überlappungszone können vereinzelt Hybridtiere vorkommen, allerdings nie ganze Hybridgruppen [4; 5].

Lebensraum und Lebensweise

Weißkopfbüscheläffchen besiedeln Atlantischen Regenwald, teilweise und ganz laubabwerfende Waldstücke im Caatinga-Dornbusch, Sekundärwälder und verschiedene vom Menschen stark modifizierte Lebensräume vom Tiefland bis auf eine Höhe von 500 m.

Die Tiere ernähren sich von Früchten, Blüten, Nektar, Wirbellosen, Baumfröschen und Echsen (z.B. Anolis). Besonders wichtig ist sind Baumexsudate, an die sie dank ihrer spezialisierten Zähne gelangen, mit denen sie Löcher in die Baumrinde nagen. Im Zoo werden diese Exsudate durch Gummi arabicum substituiert, um Durchfälle zu vermeiden.

Die Äffchen leben in Gruppen von 2-15 Tieren, worunter sich meist je 2-3 geschlechtsreife Männchen und Weibchen befinden. Die Gruppen haben kleine Streifgebiete von nur wenigen ha, die während der Trockenzeit größer sind als während der Regenzeit.

Die Weißkopfbüscheläffchen sind tagaktiv, ziehen kurz nach Sonnenaufgang los und kehren am späten Nachmittag zu ihren Schlafplätzen zurück, die sich im dichten Geäst oder Lianengewirr, gelegentlich auch in einer Baumhöhle befinden. Gelegentlich gehen sie gemeinsam mit Maskenspringaffen (Callicebus personatus) auf Futtersuche [1; 4; 5; 7].

Meist pflanzt sich in einer Gruppe nur das α-Weibchen fort, bei den übrigen wird der Eisprung unterdrückt. Nach einer Tragzeit von etwa 140-150 Tagen bringt es meist Zwillinge zur Welt. Der Vater und die anderen Gruppenmitglieder beteiligen sich intensiv an der Aufzucht der Jungen und übergeben sie der Mutter nur zum Säugen [5; 7].

Gefährdung und Schutz

Früher galt das Weißkopf-Büscheläffchen als gefährdet. Da es aber gebietsweise noch relativ häufig ist und auch in einigen Schutzgebieten vorkommt, wird es seit 2008 als nicht-gefährdet eingestuft, obwohl der Gesamtbestand abnimmt (Rote Liste: LEAST CONCERN) [2].

Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang II geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Das Weißkopfbüscheläffchen wird in Brasilien in begrenztem Umfang für den Heimtierhandel gefangen [4]. Von 1977-2017 bewilligte Brasilien 38 lebende Wildfänge zur Ausfuhr. Im selben Zeitraum wurden weltweit 605 Nachzuchttiere international abgegeben, wichtigstes Ausfuhrland war Brasilien, gefolgt von Südafrika und Deutschland [2].

Haltung

Das nach WEIGL älteste bekannte Weißkopfbüscheläffchen wurde im Philadelphia Zoo geboren und starb dort im Alter von 17 Jahren und 2 Monaten [7].

Nach den "Best practice"-Leitlinien der EAZA soll Weißkopfbüscheläffchen tagsüber ein Gesamtvolumen (innen / außen) von 32.5 m³ (3+10 m² / 2.5 m hoch) zur Verfügung stehen, wobei das Gehege unterteilbar sein soll [1].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in gegen 90 Zoos gehalten, von denen sich etwa ein Sechstel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Es gibt in Europa ein Erhaltungszuchtprogramm für diese Art, das als "New Style"-EEP) vom Zoologisch-Botanischen Garten Faunia in Madrid koordiniert wird.

In vielen Zoos (z. B. Dresden, Frankfurt, Heidelberg, Köln, Münster) werden Weißkopfbüscheläffchen mit anderen Primaten (Cebuelle pygmaea, Saguinus labiatus, Alouatta seniculus) oder sonstigen Tieren (z.B. Wildmeerschweinchen, Kantschilen, Basilisken) vergesellschaftet [9].

Forschung im Zoo: Gelegentlich sind Weißkopf-Büscheläffchen Gegenstand von Forschungsarbeiten, die darauf abzielen, die Haltungsbedingungen zu optimieren [3].

Wie Weißkopf-Büscheläffchen gehalten werden (Beispiele):

Mindestanforderungen an Gehege: Die auf dem Tierart-Datenblatt für das Weißbüscheläffchen gemachten Angaben zum Säugetiergutachtens 2014 des BMEL Säugetiergutachten 2014, zur Stellungnahme der Tierschutzsachverständigen der Zoos und zu den EAZA-Haltungsrichtlinien [1] gelten auch für diese Art.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Innengehege mit einer Fläche von 3 m² und 2 m Höhe vor. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 0.5 m² zu ergänzen.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen. Dazu ist ein Innengehege mit einer Fläche von 10 m² und einer Höhe von 2.5 m erforderlich.

Taxonomie und Nomenklatur

Das Weißkopfbüscheläffchen wurde 1812 von Alexander von HUMBOLDT als "Simia geoffroyi" erstmals beschrieben. Später kam es in die bereits 1777 von  ERXLEBEN aufgestellte Gattung Callithrix. Früher wurden die Formen aurita, flaviceps, geoffroyi und penicillata als Unterarten von jacchus angesehen, heute gelten sie als selbständige Arten, obwohl sie in den Grenzgebieten miteinander hybridisieren. Die Gattung umfasst aktuell 22 Arten und wird in vier Untergattungen (Calibella, Callithrix, Cebuella und Mico) unterteilt, die bisweilen als selbständige Gattungen angesehen werden [4; 5; 7; 8].

Literatur und Internetquellen

  1. CARROLL, B. (ed., 2002) / BARRÃO RUIVO, E. (ed. 2010)
  2. CITES TRADE DATA BASE
  3. KLUGER, L.C. (2009)
  4. RYLANDS, A.B. & MENDES, S.L. (2008). Callithrix geoffroyi. The IUCN Red List of Threatened Species 2008: e.T3572A9952962. http://www.iucnredlist.org/details/3572/0. Downloaded on 18 May 2018.
  5. SCHRÖPEL, M. (2010)
  6. WEIGL, R. (2005)
  7. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  8. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  9. ZIEGLER, T. (2002)