"Rückgezüchtete" Tarpane (Equus ferus ferus †) im Tierpark Hellabrunn, München
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Überordnung: LAURASIATHERiA
Ordnung: Unpaarzeher (PERISSODACTYLA)
Familie: Pferdeartige (Equidae)
Tarpan † und Dülmener Wildpferd
Equus ferus ferus † • The Tarpan • Le tarpan
Equus ferus f. caballus •The Dülmen Pony • Le poney de Dulmen
- Körperbau und Körperfunktionen
- Rasse und Bestand
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Als Tarpan wird die westliche, im 19. Jahrhundert ausgestorbene Unterart des Wildpferds bezeichnet. Bei den heute namentlich in Wildparks gezeigten "Tarpanen" handelt es sich um aus Kreuzungen verschiedener primitiver Pferderassen entstandene "Rückzüchtungen", die phänotypisch unserer Vorstellung des Tarpans entsprechen. Das Dülmener Wildpferd, ist eine ursprüngliche, tarpanähnliche Ponyrasse, die weitgehend unbeeinflusst vom Menschen halbwild im Merfelder Bruch bei Dülmen lebt. Körperbau und KörperfunktionenDer Phänotyp des Tarpans ist nicht bekannt. Es wird vermutet, dass die Steppentarpane gelblicher, die Waldtarpane grauer gewesen waren. Der einzige fotografisch dokumentierte Tarpan, war ein 1866 in der ukrainischen Steppe gefangener Hengst von dunkelgrauer Farbe, mit einem Stockmaß von 113 cm und einer Kippmähne, bei dem es sich wohl entweder um einen Wildpferd-Hauspferd-Bastard oder um ein verwildertes Hauspferd gehandelt hat [2]. "Rückgezüchtete" Tarpane haben ein Stockmaß von 130-140 cm. Sie ähneln stark dem polnischen Konijk oder dem Dülmener. Im Gegensatz zu echten Wildpferden haben sie keine Steh-, sondern eine Kippmähne [4; 6]. Dülmener Wildpferde sind mittelgroße Ponies mit einem Stockmaß von 125-140 cm. Sie haben einen verhältnismäßig edlen Kopf mit kurzen, spitzen Ohren, einen relativ langen Hals, gut bemuskelten Rücken, stark abschüssige Kruppe und tief angesetzten Schweif. Es handelt sich in aller Regel um mausgraue Falben mit Aalstrich, dunklem Maul und oft Zebrastreifen an den Beinen. Weiße Abzeichen sind unerwünscht. Andere Farbtypen kommen gelegentlich vor [3; 8; 9]. Rasse und BestandDas Dülmener Wildpferd lebt seit ca. 600 Jahren in freier Wildbahn. Eine urkundliche Erwähnung der Rasse findet sich bereits im Jahre 1316. Seit 1850 bevölkert die Rasse das für sie eingerichtete, 350 ha große „Wildbahngehege“ der Herzöge von Croy im Merfelder Bruch bei Dülmen, die mit dieser Maßnahme den Grundstein für das Fortbestehen der Rasse legten. Der Bestand liegt gegenwärtig bei rund 300 Individuen. Während diese Pferde als sogenannte „Wildlinge“ bezeichnet werden, werden die Nachkommen der ca. 50 außerhalb des Geländes lebenden Stuten und Hengste „Dülmener“ genannt. Die alte Rasse steht seit 1994 auf der Roten Liste der gefährdeten Nutztierrassen der GEH und werden folglich als extrem gefährdet (Gefährdungskategorie I) eingestuft [3; 8; 9]. Bedeutung für den MenschenRückgezüchtete Tarpane und Dülmener (ebenso wie andere urtümliche Pferderassen) eignen sich für die Biotoppflege in Naturschutzgebieten, wo sie der Verbuschung entgegenwirken und ein Mosaik unterschiedlicher Kleinlebensräume mit kurzgefressenen Grasflächen, Hochstaudenfluren in den weniger zugänglichen Bereichen und durch Trittsiegel entstandenen offenen Rohböden gestalten. HaltungDer Tarpan starb im Mittelalter in Mitteleuropa, im 18. Jahrhundert in Polen und im 19. Jahrhundert in Russland aus, wobei es sich bei den letzten Tieren um Bastarde mit Hauspferden gehandelt haben könnte. Bei den heute in Zoos gezeigten "Tarpanen" handelt es sich um "Rückzüchtungen", hervorgegangen aus Kreuzungen von Przewalskipferden hauptsächlich mit Dülmener Pferden, Konijks, Islandponies und Gotlandponies [4; 6]. Haltung in europäischen Zoos: Waldtarpan-Rückzüchtungen werden in rund 45 Einrichtungen gehalten, von denen sich über drei Viertel im deutschsprachigen Raum befinden. Dülmener Wildpferde können im Merfelder Bruch besichtigt werden. In Zoos sind sie nur ganz ausnahmsweise anzutreffen. Für Details siehe Zootierliste. Mindestanforderungen an Gehege: Die Vorschriften für normale Hauspferde sind für die im Zoo wie Wildpferde gehaltenen Primitivrassen kaum zu brauchen. In der Regel dürften die für Przewalskipferde geltenden Vorschriften zur Anwendung kommen. Für diese gibt das Säugetiergutachten 2014 des BMEL eine minimale Gehegefläche von 1'000 m² für 5 Tiere vor, für jedes weitere 100 m² zusätzlich. Für die zeitweilige Abtrennung des Hengstes oder unverträglicher Tiere sollte ein Abtrenngehege von 150 m² mit Sichtschutz vorhanden sein. Eine Aufstallung ist nicht nötig, jedoch ein Unterstand mit einer Fläche von 5 m² pro Tier. Die Anforderung, wonach bei extensiver Haltung eine Mindestanzahl von 1 Hengst und 2 Stuten erforderlich sein soll, ist widersinnig. Extensivhaltungen spielen hauptsächlich für die Pflege von Naturschutzgebieten eine Rolle. Dazu werden häufig nicht Zuchtgruppen, sondern Wallache oder reine Hengst- oder Stutenherden eingesetzt. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 5 Urwildpferde ein Außengehege mit einer Mindestfläche von 1'000 m² vor und für jedes weitere Tier 100 m² mehr. Ein Stall ist nicht erforderlich, jedoch ein allen Tieren Platz bietender Unterstand. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) fordert für bis zu 5 Tieren ein Außengehege von 800 m², für jedes weitere Tier 80 m² mehr. Junghengste und Jungstuten müssen von der Herde getrennt gehalten werden können. Ein Stall ist nicht erforderlich, jedoch geeignete Unterstände. Taxonomie und NomenklaturIm Neolithikum kamen Wildpferde von Spanien bis Ostasien vor, wobei sich die Taxonomen darüber streiten, ob es sich um mehrere Arten oder nur um Unterarten handelte. GROVES [in 2] geht davon aus, dass es in historischer Zeit nur noch eine Art mit zwei Unterarten, dem Tarpan Equus ferus ferus (Synonyme: E. f. sylvaticus und E. f. gmelini) und Equus ferus przewalskii gegeben habe, die zusammen eine Kline bildeten. Dies ist nicht unumstritten, weil ferus nur 64, przewalskii aber 66 Chromosomen hat, macht aber biologisch Sinn, weil es trotz unterschiedlicher Chromosomenzahl immer wieder zur Vermischung von Przewalskipferden und Hauspferden, die als Abkömmlinge von ferus gelten, gekommen ist und die Mischlinge fruchtbar sind. Carl von LINNÉ hatte 1758 das Hauspferd Equus caballus genannt. Der niederländische Arzt und Naturforscher Pieter BODDAERT beschrieb 1785 das europäische Wildpferd als Equus ferus. Nach dem Prinzip, dass die Namen von Haustierformen nicht zur Bezeichnung von Wildarten verwendet werden sollen, ist entsprechend der Nomenklatur von BOHLKEN das Hauspferd Equus ferus forma caballus zu nennen [1; 7; 10; 11]. |