Mähnenrobbe (Otaria byronia) im Zoo Heidelberg
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Unterordnung: Hundeartige (Caniformia) bzw. Robben (Pinnipedia)
Familie: Ohrenrobben (Otariidae)
Mähnenrobbe, Patagonischer Seelöwe
Otaria flavescens (=byronia) • The South American Sea Lion • L'otarie à crinière
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Die in ihrem Ursprungsgebiet nicht mehr gefährdete Mähnenrobbe ist wegen ihrer Nutzungsgeschichte und dem ausgeprägten Sexualdimorphismus zoopädagogisch interessant und wegen ihrer Körpergröße beeindruckend und so gut als Botschafter für den Meeresschutz zu verwenden. Sie wird daher in recht vielen Zoos gehalten. Körperbau und KörperfunktionenDie auch Patagonischer Seelöwe genannte Mähnenrobbe zeigt einen ausgeprägten Geschlechtsdimorphismus: Währenddem die Bullen über 245-260 cm lang werden und ein Gewicht von 300-350(-520) kg erreichen können, werden die Weibchen nur 195-200 cm lang und etwa 144-170 kg schwer. Die Ohren sind kurz und die Schnauze plump. Die Bullen haben eine ausgeprägte Mähne, die bis auf die Schultern reicht. Die Fellfarbe ist variabel, vorherrschend dunkelbraun, auch grau, gold- oder stumpfgelb (daher der Name flavescens). In nassem Zustand wirkt sie dunkler. Jungtiere sind bei der Geburt weitgehend schwarz und werden mit 1-2 Monaten dunkelbraun. Im Gegensatz zu den Seebären haben Seelöwen keine Unterwolle. Auf Spanisch heißen sie daher auch "lobo marino de un pelo", während mit "lobo marino de dos pelos" der Südamerikanische Seebär bezeichnet wird [1; 2; 7; 9]. VerbreitungSüdatlantik und Südpazifik: Küsten und vorgelagerte Inseln von Argentinien, Südbrasilien, Chile, Falklandinseln, Peru, Uruguay, gelegentlich Ekuador [1]. Lebensraum und LebensweiseMähnenrobben pflanzen sich auf felsigen Inseln fort. Während der Paarungszeit sind die Bullen territorial und fasten. Die Tiere kommen ab Mitte Dezember bei den Wurf- und Paarungsplätzen an. Die Weibchen werden von den Bullen dominiert und in ihre Territorien getrieben, wo sie meist 2-3 Tage nach Ankunft ihr Junges werfen und sich 6 Tage später paaren. In Peru, also in Äquatornähe, sind die Weibchen nicht in einen Harem eingebunden, weil die Bullen oft ins Wasser müssen, um ihre Körpertemperatur zu regulieren und daher die Kühe nicht beisammen halten können. Häufig gibt es gemischte Kolonien von Mähnenrobben und Seebären. In diesen Fällen versuchen junge Bullen oft, am Rand der Kolonie einen aus Seebären bestehenden Harem aufzubauen und mit diesen zu kopulieren, was häufig zu deren Tod führt. Die Tragzeit dauert etwa 50-51 Wochen, wovon 3 Monate auf eine Keimruhe fallen. Die Jungtiere kommen weit entwickelt mit offenen Augen zur Welt und messen etwa ein Drittel der Länge des Muttertieres. Wie bei den anderen Ohrenrobben auch verlassen die Weibchen ihre Jungen ab dem 8.-9. Lebenstag immer wieder, um im Meer auf Nahrungssuche zu gehen. Die Dauer dieser Exkursionen nimmt zu, je älter die Jungtiere werden. Mit etwa 8-10 Monaten werden die Jungen entwöhnt. Geschlechtsreife wird mit 4-5 Jahren erreicht, aber Bullen gelangen nicht zur Fortpflanzung, ehe sie 9-11 Jahre alt sind [2; 3; 7; 9]. Mähnenrobben sind opportunistische Jäger, die sich u.a. von Sardellen (Engraulis anchoita), Sardinen (Sardina spp.), Heringen (Clupea spp.), Seehechten (Merluccius hubbsi), Bartmännchen (Ophidiidae), Grenadierfischen (Macrouridae), Kalmaren (Loligo gahi), Kraken (Enteroctopus megalocyathus) und anderen Weichtieren sowie Krebstieren ernähren [1; 9]. In den Atemwegen der Mähnenrobben können Lungenmilben parasitieren. Die Übertragung erfolgt durch direkten oder indirekten Kontakt von Tier zu Tier. Der Befall kann ohne Symptome einhergehen, kann aber auch zu schweren Erkrankungen führen. Die Übertragung kann von Tier zu Tier erfolgen [11]. Gefährdung und SchutzDie Mähnenrobbe hat sich zwar noch nicht ganz von der früheren Bejagung erholt, hat aber eine weite Verbreitung und einen großen Bestand von mittlerweile etwa 425'000 Tieren. Sie gilt daher nach einer Beurteilung aus dem Jahr 2015 als nicht gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1]. Der internationale Handel ist nicht unter CITES geregelt. Die Art fällt unter Anhang II des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten. Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):
Bedeutung für den MenschenWirtschaftliche Bedeutung: Mähnenrobben wurden während Tausenden von Jahren von der indigenen Bevölkerung Südamerikas im Rahmen der Subsistenzwirtschaft genutzt und vom 16. Jahrhundert an von Europäern wegen ihres Fleischs, Öls und ihrer Häute kommerziell bejagt, was zu einer drastischen Reduktion der Bestände führte. Gegenwärtig ist eine kommerzielle Jagd nicht erlaubt, es werden aber immer wieder Tiere gewildert oder landen als Beifang in Fischernetzen [1]. Haltung im ZooIm Freiland sterben viele junge Mähnenrobben in den ersten Lebenswochen, weil sie von schwereren Artgenossen erdrückt werden oder bei den ersten Schwimmversuchen ertrinken. Die Mütter sind kurz nach der Geburt wieder empfängnisbereit. Bei dem nicht immer nur zärtlichen Liebesspiel können die kleinen Robben schon mal dazwischengeraten und erdrückt werden. Im Zoo kann man dies verhindern, indem Mutter und Kind die ersten Wochen nach der Geburt vom Rest der Gruppe getrennt werden, solange bis der Nachwuchs an Land und im Wasser sicherer geworden ist und nicht mehr ganz so eng an der Mutter "klebt" [PM Zoo Heidelberg]. Den publizierten Altersrekord in Menschenobhut hält ein Bulle, der im japanischen Toba-Aquarium geboren wurde und ebendort nach 29 Jahren starb [8]. Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund 55 Zoos gehalten, von denen sich gegenwärtig (2024) sechs im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Es gibt ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das vom Zoo Danzig koordiniert wird, und es wurden von der EAZA Haltungsempfehlungen herausgegeben [6]. Wie Mähnenrobben gehalten werden (Beispiel): Forschung im Zoo: Mähnenrobben sind immer wieder Gegenstand wissenschaftlicher Arbeiten. So wurden im Zoo Heidelberg verhaltensbiologische Beobachtungen durchgeführt [3] und diagnostische Möglichkeiten und die epidemiologische Bedeutung der Tuberkulose der Mähnenrobben geprüft [4]. An der Tierärztlichen Hochschule Hannover wurden tierart- und erregerspezifische Maßnahmen zur Optimierung des Gesundheitsmanagements evaluiert [5] und am Tiergarten Schönbrunn wurden die bei der Art vorkommenden Lungenmilben (Orthohalarachne diminuata) erforscht [11]. Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten 2014 gibt für 5 Ohren- bzw. Hundsrobben generell eine Beckenfläche von 200 m² und eine Kubatur von 400 m³ vor bei Wassertiefen, die sich jeweils an der Körperlänge der Tiere orientieren. Wie diese Zahlen zustande kamen, wurde nie begründet. Die Fläche liegt über der Empfehlung der EAZA Best Practice Guidelines und ein fixes Volumen ist sinnfrei, wenn die Wassertiefe auf die Körperlänge der Tiere abgestimmt werden soll. Zudem tragen einheitliche Beckendimensionen dem Umstand nicht Rechnung, dass es massive Größenunterschiede zwischen den einzelnen Arten gibt (mittleres Gewicht weibliche Südamerikanische Seebären 45 kg, Südliche See-Elefanten 700 kg). Eine Differenzierung ist deshalb angezeigt. Für Zucht- oder Weibchengruppe von Mähnenrobben ist die Vorgabe des Säugetiergutachtens angemessen. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Becken mit einer Mindestfläche von 150 m² und einer Tiefe von 3 m vor. Für jedes weitere Tier ist die Fläche um 15 m² zu erhöhen. Für die Erhöhung um 50% bei der Beckenläche und um 150% beim Volumen gegenüber einer früheren Fassung der Verordnung gibt es keine Begründung. Ferner ist ein Landteil von 15 m² pro Robbe erforderlich. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) verlangt für bis zu 5 Tieren ein Becken mit einer Mindestfläche von 300 m² und einer Tiefe von 3 m, für jedes weitere Tier ist die Fläche um 30 m² zu erhöhen. Es ist ein Landteil erforderlich, der es allen Robben erlaubt, sich gleichzeitig am Land aufzuhalten, ferner müssen Absperrboxen vorhanden sein, deren Maße sich nach der Körpergröße der Art richten. Taxonomie und NomenklaturIm Jahr 1800 beschrieb der englische Naturforscher George SHAW in lückenhafter Weise eine Jungrobbe unklarer Herkunft als "Phoca flavescens", wobei man später davon ausging, dass es sich um eine Mähnenrobbe gehandelt hätte. 1816 stellte der französische Naturforscher François Auguste PÉRON sie in die neue Gattung Otaria. Allerdings wurde die Art 1820 nochmals von dem französischen Zoologen Henri Marie Ductrotay de BLAINVILLE als "Phoca byronia" beschrieben, wobei in diesem Fall die Artidentitär unstrittig war. Beide Artbezeichnungen koexistieren bis heute, wobei vor ein paar Jahren Otaria flavescens dominierte, heute jedoch die Rote Liste der IUCN und das Handbuch der Säugetiere den Namen Otaria byronia übernommen haben [2; 7; 9; 10]. |
Literatur und Internetquellen
- CÁRDENAS-ALAYZA, S. et al. (2016). Otaria byronia. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T41665A61948292. http://www.iucnredlist.org/details/41665/0. Downloaded on 23 May 2018.
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- FEHR, U. (2004)
- JURCZYNSKI, K. (2012)
- MARKOWSKI, S. (2013)
- MEIJER, G. (2008)
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
- EBMER, D., KNIHA, E., STRAUSS, V., KÜBBER-HEISS, A. et al. (2022)