Beschäftigung

Aufgehängter Baumstamm als Spielzeug und zum Hornabwetzen für Breitmaulnashorn (Ceratotherium simum) im Zoo Dortmund
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

In der Wildbahn sind Tiere ständig einer Vielzahl unterschiedlicher Umweltreize und Herausforderungen ausgesetzt. Sie nutzen sowohl angeborene Verhaltensstrategien, als auch kognitive Fähigkeiten, um sich flexibel damit auseinanderzusetzen und erfolgreich anzupassen. Bei Zootieren dagegen ist der Tierhalter von Gesetzes wegen verpflichtet, sie mit allem Nötigen zu versorgen und sie vor Gefahren zu schützen. Das Tier hat keine Herausforderungen mehr. Es muss eigentlich nichts mehr tun, weil der Mensch für alles sorgt, und das kann zu Langeweile und Frustration führend und das Auftreten von Verhaltensstörungen begünstigen [MEYER et al., 2010].

haltung 10-3-5-0 Futterkiste waschbaer goldau

Futterkiste für Waschbären im Natur- und Tierpark Goldau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

haltung 10 3 5 6 futterkiste braunbar goldau PD1

Futterkiste für Braunbären im Natur- und Tierpark Goldau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Um die Tiere zu beschäftigen, haben die Zoos daher Programme zur Umwelt- oder Verhaltensanreicherung entwickelt, d.h. sie bieten den Tieren immer wieder neue Umweltreize in Form von Gehegeelementen, Spielzeugen, Gerüchen, oder stellen ihnen Aufgaben, die sie entweder selbständig oder im Rahmen von Dressurprogrammen interaktiv mit dem Tierpfleger lösen müssen.

Aus Gründen der Praktikabilität muss das Ziel dabei sein, dass die Tiere länger beschäftigt sind als der Tierpfleger für die Vorbereitung der Beschäftigung braucht. Auch soll das Interesse der Tiere an der angebotenen Anreicherung möglichst lange anhalten. Dazu wurden im Krefelder Zoo Untersuchungen bei drei Menschenaffenarten durchgeführt, bei denen Drehkonsolen, Stocherkästen, Schläuche, Stocherrören und Pakete zum Einsatz bgelangten [SCHREINER et al. 2012].

Die Nahrungsaufnahme kann so gestaltet werden, dass sie möglichst viel Zeit in Anspruch nimmt, etwa dadurch dass Futter versteckt oder im Gehege verteilt, oder aber in einer Form dargeboten wird, die für das Tier mit Arbeit verbunden ist. Ein Verhaltenskreis, der in der Wildbahn überwiegend auf Jungtiere beschränkt ist, nimmt im Zoo auch beim erwachsenen Tier einen Teil seines Tagesablaufs ein, nämlich das Spielen. Je nach Art sind unterschiedlich Objekte als Spielzeug geeignet. Aktivitäten im Verband mit Artgenossen sind für alle sozial lebenden Arten wichtig, ebenso der Kontakt mit Menschen. Dabei spielen nicht nur die Tierpfleger, sondern auch die Besucher als Faktoren der Umweltanreicherung eine nicht unerhebliche Rolle [BLASZKIEWITZ, 2011].

Literatur:

lineblack1px

Beispiele

Futterapparat unterhält Orang-Utans im Tiergarten Schönbrunn

haltung 10-3-5-1 orang enrich

Verhaltensanreicherung: Eislutscher. Orang-Utan im Tiergarten Schönbrunn © Norbert Potensky, TG Schönbrunn

haltung 10-3-5-3 orang enrich

Verhaltensanreicherung: Futterautomat. Orang-Utan im Tiergarten Schönbrunn © Norbert Potensky, TG Schönbrunn

haltung 10-3-5-2 orang enrich

Verhaltensanreicherung: Jutesack. Orang-Utan im Tiergarten Schönbrunn © Norbert Potensky, TG Schönbrunn

Fruchtige Eislutscher oder vielseitig verwendbare Jutedecken: Die Pfleger der Orang-Utans im Tiergarten Schönbrunn überlegen sich laufend neue Überraschungen für die Affengruppe. Die Aufmerksamkeit der drei Weibchen Nonja, Sol, Mota und des Männchens Vladimir gehört derzeit vor allem ihrem neuen Futterapparat.

In mehreren Ebenen stapeln sich im neuen Futterapparaten Leckerbissen: Brotstücke, Pellets, Nüsse und Müsli. Doch die leckeren Naschereien müssen sich die Menschenaffen erst erarbeiten. Äste und Bambusstäbe, die sie im Gehege abbrechen, dienen ihnen als Werkzeug, um das Futter im Apparat Ebene für Ebene nach unten zur Öffnung zu bekommen - und schließlich in ihre Münder.

"In der "freien Natur" verbringen Orang-Utans einen Großteil des Tages mit Nahrungssuche. Auch wir stellen ihnen das Futter nicht einfach hin, sondern verstreuen und verstecken es. Die Pfleger entwickeln immer neue, kniffelige Futterspiele für diese intelligenten Tiere", erklärt Tiergartendirektorin Dagmar Schratter. Jetzt bei der Hitze schätzen die Affen vor allem die von den Tierpflegern zubereiteten Eislutscher. Dafür werden Wasser und Obststücke in Behältern eingefroren. Die Orang-Utans versuchen an die erfrischenden Eisstäbchen heran zu kommen und lutschen sie dann genüsslich. Ein Dauerbrenner zur Beschäftigung sind Jutedecken, die alle vier Schönbrunner Orang-Utans lieben. Die Affen bauen sich damit abends ihre Schlafnester und wickeln sich auch tagsüber in diese Decken ein - derzeit vor allem als Schutz vor der Sonne.

Quelle:

  • PM TIERGARTEN SCHÖNBRUNN vom 15.07.2010

lineblack1px

Eisbombe gegen Affenhitze im Erlebnis-Zoo Hannover

haltung 10-3-5-4 hulman enrich

Verhaltensanreicherung: Eisbombe. Hulmann im ErlebnisZoo Hannover. Pressefoto Zoo Hannover

Schwüle Hitze, das Thermometer zeigt 30 Grad. Und die Affen im Erlebnis-Zoo feiern Eiszeit. Um den quirligen Affen das warme Wetter so angenehm wie möglich zu machen, hängen die Pfleger "Eisbomben" ins Gehege im Dschungelpalast. Für den tierischen Eisbecher werden frische Obststückchen, Gemüse, Sonnenblumenkerne und Rosinen in Zehn-Liter-Eimer gelegt, mit Wasser übergossen und tiefgefroren. An diesem Obstsalat am Stil wird stundenlang geleckt, gekratzt, geschabt, genagt, bis auch die letzte Rosine aus dem Packeis befreit ist. Schmeckt nicht nur lecker, kühlt auch ungemein! Und so wird den Affen bei Hitze ganz schnell "schweinekalt".

Eigentlich ist die eisige Abkühlung für die Affen nicht notwendig. Tiere können mit Hitze sehr viel besser umgehen als Menschen. Sie sind belastbarer, haben ein höchst stabiles Herz-Kreislaufsystem und sind im Ganzen viel vernünftiger: Sie ziehen sich bei Hitze in den Schatten zurück, bewegen sich nicht unnötig und trinken viel Wasser. Aber mit den tierischen Eisbomben macht der Sommer einfach noch mehr Spaß: Die verspielten Affen turnen am Eis herum, fangen die abtauenden Wassertropfen und versuchen stundenlang, an die verlockenden Leckereien zu kommen, die sie zwar sehen können, aber erst aus dem Eis befreien müssen. Und so ist die Eisbombe Tierbeschäftigung und Kühlsystem zugleich!

Quelle:

  • PM ErlebnisZoo Hannover vom 20.07.2006

PD - erg. 27.07.2013; reaktiviert 18.01.2025
(3786)