Wilde Gäste im Zoo Basel

Wildlebendes Grünfüßiges Teichhuhn (Gallinula chloropus im Zoo Basel
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

Zoo Basel - Tiere zwischen den Gehegen

habitat BSL gehege hippo PD1Wo immer möglich werden Gehege im Zoo Basel so gestaltet, dass sie auch Lebensraum für einheimische Arten bieten. Hier im Gehege für Flusspferde, Zebraus und Strauße @ Peter Dollinger, Zoo Office Bern

habitat BSL gehege gepard PD1Gepardengehege im Zoo Basel @ Peter Dollinger, Zoo Office Bern

habitat BSL ardea ciconia PD1Freiflieger zu Besuch bei den Kormoranen: Weißstorch (Ciconia ciconia) und Graureiher (Ardea cinerea) @ Peter Dollinger, Zoo Ofice Bern

habitat BSL ciconia PD1Wildlebende Weißstörche (Ciconia ciconia) am Horst. 2023 wuchsen im Zoo Basel über 90 Storchenjunge heran @ Peter Dollinger, Zoo Ofice Bern

habitat BSL ardea PD1Wildlebender Graureiher (Ardea cinera) im Zoo Basel @ Peter Dollinger, Zoo Ofice Bern

habitat BSL anas platy PD1Stockente (Anas platyrhynchos), wildlebender Erpel im Zoo Basel @ Peter Dollinger, Zoo Ofice Bern

habitat BSL gallinula PD1Teichhühner (Gallinula chloropus) im Absperrgraben des Somaliesel-Geheges @ Peter Dollinger, Zoo Ofice Bern

habitat BSL chroicocephalus PD1Lachmöwen (Larus (= Chroicocephalus) ridibundus) bei den Rosaflamingos @ Peter Dollinger, Zoo Ofice Bern

Mit seinen Gehegen und insbesondere den naturnah gestalteten Flächen, in welche die einzelnen Anlagen eingebettet sind, bietet der Zoo vielfältige Lebensräume für wildlebende Kleintiere und Pflanzen an. Diese Organismen werden aber kaum wahrgenommen und ihre Artenzahl war bisher weitgehend unbekannt. Um die Kenntnisse über das Vorkommen der eher unscheinbaren Tiere und Pflanzen im Basler Zoo zu verbessern, erfasste vor einigen Jahren ein Team bestehend aus 48 Zoologen und Botanikern die Artenvielfalt der zwischen den Gehegen lebenden Organismen in einer drei Jahre dauernden Studie.

Hotspot Zoo

Das Ergebnis erstaunt selbst die Fachleute: 3'110 Arten von freilebenden Pflanzen, Pilzen und Tieren, einschließlich Insekten, Würmer, Schnecken, Spinnen, Asseln, Fischen, Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säugetieren mit Fledermäusen, wurden zwischen den Gehegen im Zoo Basel gefunden. So wurden unter anderen 134 verschiedene Arten von Moosen, 91 Flechten-, 15 Regenwurm-, 45 Springschwanz-, rund 300 Käfer-, 147 Schmetterlings- und 96 Vogelarten im Zoogelände nachgewiesen. Die gesamte Artenvielfalt der Schweiz wird auf 70'000 Arten geschätzt.

Nach dem momentanen Stand der Kenntnisse sind somit 6-8 % der in der Schweiz vorkommenden Arten allein im 11,6 ha großen Areal des Basler Zoos zu finden. Ein Vergleich der vorgefundenen Artenvielfalt mit derjenigen anderer Stadtparks oder Zoologischer Gärten ist kaum möglich, aus dem einfachen Grunde, weil derartig umfassende Studien bisher in keinem Stadtpark durchgeführt worden sind. Entsprechende Angaben gibt es lediglich für Pflanzen und einzelne Tiergruppen. Die im Basler Zoo nachgewiesene Vielfalt an freilebenden Tieren wurde aber in keinem anderen Stadtpark auch nur annähernd erreicht.

Besonders erstaunlich ist, dass 60% der ca. 160 im Umkreis von 20 km um das Stadtzentrum, also auf einer Fläche von rund 1'250 km², anzutreffenden Vogelarten im Zoo nachgewiesen werden konnten.

Naturnahe Gartenpflege

Verschiedene Gründe dürften für die außergewöhnlich reiche Artenvielfalt verantwortlich sein. Bei der Gründung im Jahre 1874 bestand ein Teil des heutigen Zoogeländes aus einem Auen-ähnlichen Wald. Durch schonende Gartenpflege konnten sich viele an Waldstrukturen angepasste Arten halten. Das Ufer des Birsigs ermöglicht weiterhin die Ein- und Auswanderung für gewisse Tierarten und die Böschung der Elsässerbahn stellt eine Verbindung zu offenen, trockenen Lebensräumen dar. Das kleinräumige Mosaik von verschiedenen Substraten, Strukturen und Lebensraumbedingungen erlaubt ein Nebeneinander von zahlreichen Arten auf kleinstem Raum. Auch der langjährige weitestgehende Verzicht auf Herbizide und Insektizide dürfte wesentlich zur hohen Artenvielfalt beitragen. Zudem wurden bei der Neu- und Umgestaltung von Anlagen immer wieder Pionierlebensräume geschaffen.

Seltene und gefährdete Arten

Von den insgesamt 3'110 im Zoo Basel festgestellten Arten wurden 31 Arten zum ersten Mal in der Schweiz gefunden. Bei diesen Erstnachweisen handelt es sich hauptsächlich um Vertreter von bisher in der Schweiz unzureichend bearbeiteten Gruppen (Springschwänze, Blattläuse, Zikaden). Interessanterweise beherbergt der Zoo auch zahlreiche gefährdete Tiere zwischen den Gehegen: 113 der freilebenden Arten sind in einer der nationalen Roten Listen aufgeführt. Dies weist auf den hohen Naturschutzwert des Gartens hin. Unbeabsichtigte Einschleppungen von Pflanzenparasiten (Pilze und Insekten) mit exotischen Zierpflanzen konnten hingegen nur in drei Fällen dokumentiert werden.

Mangel an Fachleuten

Diese weltweit bemerkenswerte Pionierarbeit konnte nur dank der engen Zusammenarbeit von Wissenschaftlern der Universität Basel, der Entomologischen Gesellschaft Basel, des Naturhistorischen Museums und vom Zoo Basel durchgeführt werden. Durch den Beizug externer Fachleuten konnten weitere Gruppen bearbeitet werden, aber noch lange nicht alle. Bei einigen Tiergruppen konnten die Arten wegen des Fehlens von Fachleuten nicht bestimmt werden. Der Grund dafür ist die veränderte Prioritätensetzung in der Biologie-Ausbildung an den Schweizer und ausländischen Universitäten: Mit wenigen Ausnahmen gibt es kaum mehr eine gründliche Ausbildung in den Fachbereichen Taxonomie und Systematik, wie dies exemplarisch in Bayern dokumentiert wurde. Mit Blick auf den weltweiten Schutz der Biodiversität und ihre nachhaltige Nutzung sowie auf die fortschreitende Klimaerwärmung sind biosystematische und taxonomische Kenntnisse aber von entscheidender Bedeutung.

Die effektiv im Zoo Basel vorhandene Artenvielfalt dürfte bedeutend größer sein als die 3'110 nachgewiesenen Arten. Geschätzt wurde, dass mindestens 5'500 freilebende Tier- und Pflanzenarten im Basler Zoo beheimatet sind. Dies bedeutet, dass neben den "offiziellen" 551 Zootierarten (Zoo-Artenliste von 31.12.2022) zehnmal so viele wildlebende Arten im Zoogelände vorkommen.

Der Zoo Basel fördert mit gezielten Massnahmen diese Artenvielfalt. Nistkästen bieten Vögeln zusätzliche Brutplätze, blühende Flächen versorgen Nektar suchende Insekten mit Nahrung und schädliche Neophyten werden entfernt.

Literatur:

 

21.03.2013 - 1060; reaktiviert und erweitert 27.02.2024; 28.12.2024