Weißstorch (Ciconia ciconia) im Zoo Zürich
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Ordnung: Stelzvögel (Ciconiiformes)
Familie: Störche (Ciconiidae)
Tribus: Eigentliche Störche (Ciconiini)
Weißstorch
Ciconia ciconia • The White Stork • La cigogne blanche
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Der Weißstorch ist der "Storch par excellence". Er ist weltweit nicht gefährdet, war aber aus vielen Gegenden Europas verschwunden und wurde unter tätiger Mitwirkung der Zoos wiederangesiedelt. Wegen seiner Popularität und seiner kulturellen Bedeutung wird er in sehr vielen Einrichtungen gehalten, wobei verschiedene Zoos mittlerweile anstatt Störche zu halten wildlebende Kolonien beherbergen. Körperbau und KörperfunktionenDer Weißstorch erreicht eine Gesamtlänge von 100-102 cm, eine Flügelspannweite von etwa 155-165 cm und ein Gewicht von 2.3-4.4 kg. Er ist also um ein Weniges größer als der ebenfalls einheimische Schwarzstorch. Die Männchen sind etwas größer und schwerer als die Weibchen und die zentralasiatischen Störche sind etwas größer als die europäischen. Der Schnabel, die Läufe und Zehen sind rot, die Iris ist braun. Das Gefieder ist bis auf die schwarzen Flügel weiß. Die Dunenjungen sind weiß mit schwarzem Schnabel und Beinen [4; 6; 7; 8]. VerbreitungDer Weißstorch kommt ganzjährig, als Brut- oder regelmäßiger Gastvogel in folgenden Ländern vor [1]: Europa: Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Belgien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Frankreich, Georgien, Gibraltar, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Moldawien, Montenegro, Niederlande, Nordmazedonien, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Schweden, Schweiz, Serbien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Türkei, Ukraine, Ungarn, Weißrussland, Zypern. Asien: Afghanistan, Bahrein, Bangladesch, Indien, Irak, Iran, Israel, Jemen, Jordanien, Kasachstan, Katar, Kirgistan, Kuweit, Libanon, Nepal, Oman, Pakistan, Saudi-Arabien, Sri Lanka, Syrien, Tadschikistan, Thailand, Turkmenistan, Usbekistan. Afrika: Ägypten, Äthiopien, Algerien, Angola, Benin, Botswana, Burkina Faso, Burundi, Dschibuti, Elfenbeinküste, Eritrea, Gabun, Guinea, Guinea-Bissau, Kamerun, Kenia, Kongo, DR Kongo, Malawi, Mali, Mauretanien, Marokko, Mosambik, Namibia, Niger, Nigeria, Ruanda, Sambia, Senegal, Simbabwe, Somalia, Südafrika, Sudan, Südsudan, Swasiland, Tschad, Tansania, Togo, Tunesien, Uganda, West-Sahara, Zentralafrikanische Republik. Irrgäste auch in anderen Ländern. Lebensraum und LebensweiseDer Weißstorch besiedelt offenes Gelände unterschiedlichster Art, in Europa überwiegend Feuchtgebiete und Agrarland, in Afrika häufig Steppen, Trocken- und Feuchtsavannen. Seine Nahrung, hauptsächlich bestehend aus Insekten und anderen Wirbellosen, Fischen, Froschlurchen und deren Kaulquappen, Echsen, Schlangen und Kleinsäugern, sucht er schreitend. Genistet wird bei uns im April, / Mai auf Bäumen, sehr oft aber auch auf vom Menschen errichteten Strukturen wie Hausdächern, Türmen, Kaminen oder Stromleitungsmasten. Das Gelege besteht aus 4-5 (3-7) weißen, ca. 77x52 mm großen Eiern, die während 33-34 Tagen ausgebrütet werden. Die Jungen bleiben 54-63 Tage im Nest und werden mit etwa 70 Tagen selbständig. Der Herbstzug in die Winterquartiere setzt Mitte Juli ein und erreicht seinen Höhepunkt Ende August. Osteuropäische Störche ziehen über den Bosporus oder über Kreta nach Ost- und Südafrika, mittel- und westeuropäische über Gibraltar, gelegentlich über Italien oder Sardinien, bis Westafrika, wobei viele in Spanien oder den Maghrebstaaten bleiben. Seit einigen Jahren nimmt auch die Zahl der im westeuropäischen Brutgebiet überwinternden Störche zu [4; 6; 7; 8; 9; 10]. Gefährdung und SchutzDer Weißstorch hat eine extrem weite Verbreitung und einen sehr großen, auf rund 700'000 Individuen geschätzten Bestand, der tendenziell zunimmt. Er gilt deshalb als weltweit nicht gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1]. Der internationale Handel ist nicht durch CITES geregelt. Die Art fällt unter Anhang I der Vogelschutzrichtlinie der EU (RL 2009/147/EG) sowie jeweils unter Anhang 2 der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume, des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten (CMS) und des African-European Waterbird Agreements (AEWA). Situation in Europa: Ohne den Einfluss des Menschen wäre Europa grösstenteils von dichtem Wald bedeckt. Durch die Rodung von Wald zur Gewinnung von Agrarland wurden neue Lebensräume für Graslandbewohner geschaffen, die in der Folge aus den asiatischen Steppen einwanderten: Ziesel, Feldhamster, Feldhase, Steppeniltis, Rebhuhn, Wachtel, Wachtelkönig, Feldlerche und manche mehr. Das durch die traditionelle Landwirtschaft geschaffene Mosaik von vielfältigen Lebensräumen wurde jedoch durch die Entwicklung der letzten Jahrzehnte weitgehend zerstört: Feuchtwiesen, Magerwiesen, Obstgärten, Hecken, Feldgehölze, mäandrierende Bäche, Tümpel und Kleinstrukturen, wie Lesestein- oder Totholzhaufen mussten einer strukturärmeren und eintönigeren, dafür maschinengerechten Landschaft weichen. Eine Art, die besonders unter den Auswirkungen der intensivierten Landwirtschaft und der damit verbundenen Trockenlegung von Feuchtgebieten litt, ist der Weißstorch (Ciconia ciconia). In Nord- Mittel- und Westeuropa setzte schon um 1850 ein Rückgang der Bestände ein. Bereits 1895 starb der Storch in Belgien aus. In Schweden, wo es 1917 in Schonen und Halland noch 35 Brutpaare gab, dauerte es etwas länger. Aber 1955 war der Storch auch dort verschwunden. Die Niederlande, 1910 noch mit 500 Storchennestern, folgten 1984. In Dänemark, 1850 ein Storchenland mit etwa 10'000 Brutpaaren, waren 1985 gerade noch 14 Paare übrig [3]. In Deutschland wurden 1934, bei der ersten internationalen Storchenzählung, etwa 9'000 Storchenpaare auf dem heutigen Staatsgebiet gezählt. 1959 waren es noch etwa 4'800. 1974 gab es auf dem Gebiet der damaligen Bundesrepublik noch 903 Brutpaare, die meisten davon in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. In der ehemaligen DDR war der Bestand 1974 mit 2'948 Paaren deutlich höher. Der absolute Tiefstand wurde in den 1980er-Jahren mit total 2'949 Paaren in beiden Teilen Deutschlands erreicht. 2004 gab es in den westlichen Bundesländern wieder 1'297 Brutpaare, und im Osten deren 3'512. Dabei war im Norden (Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen) ein Abwärtstrend zu beobachten. In Mittel- und Süddeutschland ging es dafür aufwärts, besonders deutlich in Baden-Württemberg (von 18 auf 288 Brutpaare), in Hessen (von 5 auf 94 Brutpaare) in Sachsen (von 249 auf 368 Brutpaare) und in Sachsen-Anhalt (von 382 auf 572 Brutpaare) [Michael-Otto-Institut im NABU]. In Österreich brütet der Weißstorch hauptsächlich in den Bundesländern Burgenland, Niederösterreich und Steiermark. Burgenland ist die Region, in der die stärksten Bestandseinbußen Österreichs festgestellt wurden; die gegenwärtige allgemeine Bestandserholung ist dort kaum feststellbar. Die relativ stärksten Zunahmen seit Beginn der 90er Jahre wurden in Niederösterreich ermittelt. Insgesamt nahm der Bestand im Zeitraum 1984-2004 von 319 auf 337 Brutpaare leicht zu [Michael-Otto-Institut im NABU]. In der Schweiz, wo während des Zweiten Weltkriegs viele Feuchtgebiete trockengelegt werden mussten, um die Ernährung der Bevölkerung zu sichern, brütete das letzte Paar der ursprünglichen Wildpopulation 1949 in Neunkirch (Kanton Schaffhausen). 1950 war der Storch auch hier als Brutvogel ausgestorben. Glücklicherweise liess sich Max BLOESCH (1908-1997), damals ein junger Lehrer in der Stadt Solothurn, durch eines der letzten Brutpaare faszinieren und beschloss, ein Wiederansiedlungsprogramm zu wagen. In Altreu, einem kleinen Dorf an der Aare südlich von Solothurn, errichtete er eine Storchenstation, die er 1948 mit einigen Störchen aus dem Elsass bevölkerte. Rasch merkte er, dass er sein Ziel mit den wenigen Vögeln, die er in Europa beschaffen konnte, nicht erreichen würde, und importierte 1955 36 Jungstörche aus Algerien. 24 dieser Vögel wurde in Kunsthorsten in Altreu, dem Natur- und Tierpark Goldau und an zwei weiteren Orten ausgewildert die andern verblieben in Zuchtvolieren in Altreu. Weitere Fangexpeditionen folgten 1959, 1960 und 1961. Insgesamt wurden beinahe 300 Störche in die Schweiz eingeführt. Wie in solchen Fällen üblich, fanden sich alsbald Experten in großer Zahl, die den Standpunkt vertraten, das Projekt müsse zwangsläufig scheitern, weil sich künstlich aufgezogene Jungvögel in der Natur nicht zurechtfänden, weil nordafrikanische Störche kein Zugverhalten hätten, und was der Gründe mehr waren. Glücklicherweise liess sich Storchenvater Max BLOESCH durch die Skeptiker nicht beeindrucken - und die Störche noch viel weniger. Zwar blieb ein Teil der Vögel auch im Winter in Altreu, andere aber flogen, wie es sich für mitteleuropäische Störche gehört, im Herbst auf der Westroute über Gibraltar nach Afrika - bis hinunter in den Senegal und nach Mali - und kamen im Frühjahr wieder zurück. 1960 brütete das erste freifliegende Paar auf dem Dach des Wirtshauses "Zum grünen Affen" in Altreu. Andere Paare machten es ihnen nach, bis ein Bestand von etwa 40 Paaren erreicht war. Ab 1966 wurden 23 weitere Storchenstationen gegründet, und der schweizerische Storchenbestand wuchs ständig. Mit ihm auch die Bestände in Süddeutschland, im Elsass und im Vorarlberg (2008 brüteten ca. 15 "Schweizer" Störche im Elsass, 2023 über 120 in Deutschland vom Allgäu bis in die Pfalz und Hessen, 109 Paare im Vorarlberg und 48 Paare im Fürstentum Liechtenstein). 1976 gründete Max BLOESCH einen, heute "Storch Schweiz - Cigogne Suisse" genannten, Verein als Träger für das Programm. Ab 1994 wurde darauf verzichtet, Störche in Volieren zu züchten, und die Zusatzfütterung wurde allmählich eingestellt. Die Storchenstationen wurden seitdem zu Informationszentren umgewidmet, und die Tätigkeit des Vereins konzentrierte sich auf die Erhaltung und Schaffung von Lebensraum in der Schweiz und das Besendern und Überwachen der ziehenden Störche. 2023 gab es in der Schweiz wieder 961 Storchen-Brutpaare, wovon 715 insgesamt 1'744 Junge aufzogen [2; 8; 10]. Ein guter Teil des Erfolgs ist Zoos zu verdanken, die dem Storch geeigneten Lebensraum bieten. Mehr zur Rolle der Zoos bei der Wiederansiedlung:
In Frankreich kam der Storch als Brutvogel hauptsächlich im Elsass vor, wo es 1947 noch 177 Horstpaare gab. Ab 1960 setzte auch hier ein katastrophaler Rückgang ein. 1974 wurde mit nur noch 9 Paaren der Tiefpunkt erreicht. Eine populäre Erklärung dafür lieferte René SCHICKELE auf seinem berühmten Plakat "Lehre d'Kinder Elsässisch!": Auf dem Plakat fliegen Störche über ein Elsässer-Dorf. In der Mitte zeigt ein kleiner Junge zum Himmel und fragt seinen Grossvater: "Grand-père, pourquoi n'y a-t-il plus de cigognes en Alsace?" Und der Grand-père antwortet: "Weisch Bue, wenn d'Stoerick uewers Elsass flieje, heere se uewerall Franzseesch reede, dann meine se, sie wäre noch nit ankumme un flieje widdersch!" (Weißt du Bub, wenn die Störche übers Elsass fliegen, hören sie überall nur Französisch reden, dann meinen sie, sie wären noch nicht angekommen und fliegen weiter.) Dass es heute im Elsass wieder über 1'400 (2021: Oberelsass 599, Unterelsass 860) und im Departement Mosel weitere 488 Brutpaare gibt [13], ist hauptsächlich Alfred SCHIERER zu verdanken, der sich um den Schutz der Störche bemühte und, wie Max BLOESCH in der Schweiz, ein Wiederansiedlungsprogramm mit spanischen, algerischen und marokkanischen Störchen durchführte. Die Stiftung Europäisches Naturerbe (EURONATUR) zeichnet Dörfer, die sich besonders um den Schutz des Storchs verdient gemacht haben, mit dem Titel "Europäisches Storchendorf" aus. Jedes ausgezeichnete Dorf ist repräsentativ für sein Land - es hat zum Beispiel die meisten Brutpaare oder einen stark zunehmenden Bestand. Um als Storchendorf ausgezeichnet zu werden, ist aktiver Storchenschutz seitens der Gemeindeverwaltungen und der Bürger nötig. Europäische Storchendörfer sind z.B.:
Bedeutung für den MenschenDer Weißstorch wird gebietsweise - hauptsächlich auf dem Zug oder in den Winterquartieren - zur Gewinnung von Fleisch oder als Sport gejagt, oder er wird für den lokalen / nationalen Heimtiermarkt gefangen bzw. ausgehorstet [1]. Kulturelle Bedeutung: In vielen Ländern gilt der Storch als Glücksbringer, als Anzeiger von Schwangerschaften bzw. als Bringer von Kindern z. B. im Kinderreim: Storch Storch guter
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Literatur und Internetquellen
- BIRDLIFE INTERNATIONAL (2016). Ciconia ciconia. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T22697691A86248677. http://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2016-3.RLTS.T22697691A86248677.en und 2015. Ciconia ciconia. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T22697691A60167953. Downloaded on 14 December 2019.
- BLOESCH, M. (1990)
- CREUTZ, G. (1988)
- DEL HOYO, J., ELLIOTT, A.. & SARGATAL, J. (eds., 1992)
- DOLLINGER, P., PAGEL, T., BAUMGARTNER, K., ENCKE, D. ENGEL, H. & FILZ, A. (2014)
- GRUMMT, W. & STREHLOW, H. (2009)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- MAUMARY, L. et al. (2007)
- PFORR, M. & LIMBRUNNER, A. (1991)
- STORCH SCHWEIZ - CIGOGNE SUISSE
- HOFFMANN-KRAYER, E. (1916)
- RUDNICK, J.-C., ZIMMERMANN, A., SCHLÖSSER, H., BAUMBACH, C. & TEIFKE, J.P. (2015)
- 20 MINUTES - STRASBOURG vom 23.02.2022