Deserta-Tarante (Hogna ingens) in der Wilhelma Stuttgart
© Wilhelma / Volker Harport (Pressefoto)
Stamm: Gliederfüßer (Arthropoda)
Klasse: Spinnentiere (Arachnida)
Ordnung: Webspinnen (Araneae)
Unterordnung: Echte Webspinnen (Araneomorphae)
Überfamilie: Wolfsspinnenartige Lycosoidea
Familie: Wolfsspinnen (Lycosidae)
Unterfamilie: Eigentliche Wolfspinnen (Lycosinae)
Deserta- oder Madeira-Tarantel
Hogna ingens • The Deserta Grande Wolf Spider • La tarantule de Madère
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Die vom Aussterben bedrohte Deserta- oder Madeiratarantel ist die größte Wolfsspinne der Welt. In Zoos, die für sie ein Erhaltungszuchtprogramm geschaffen haben, wird sie erst seit kurzem gehalten. VerbreitungMadeira: Beschränkt auf ein Tal im Norden der 23 km südöstlich vor Madeira liegenden, 10 km² großen Insel Deserta Grande [2]. BiologieErwachsene Individuen haben meist eine Beinspannweite von 70-80 mm, große Weibchen können aber eine Spannweite von 120 mm erreichen. Die Körperlänge beträgt bis zu 40 mm bei den Weibchen und 30-35 mm bei den Männchen. Damit ist die Deserta-Tarantel die größte Wolfsspinne der Welt. Frischgeschlüpfte Jungspinnen haben eine Beinspannweite von 4-5 mm und eine Körperlänge von 3 mm. Erwachsene haben einen einheitlichen mittelgrauen Körper, mit Ausnahme des Cephalothorax, der etwas dunkler ist und einen weißen Rand und einen weißen Fleck in der Nähe des Opisthosoma-Gelenks aufweist. Die Cheliceren sind schwarz mit einem kleinen roten Punkt auf beiden Seiten des Kiefers. Die Beine sind auffallend schwarz-weiß gebändert und erinnern an Angehörige der Gattung Poecilotheria. Frisch geschlüpfte Jungspinnen und die nächsten Mauser sind mit bloßem Auge einheitlich braun. Die Erwachsenenfärbung beginnt sich bei ungefähr 25 mm Beinspannweite zu entwickeln [1]. Wie alle Wolfsspinnen, jagt die Deserta-Tarantel nicht mit Hilfe eines Netzes, sondern lauert in ihren Wohnröhren ihren Opfern, diversen Wirbellosen und kleinen Echsen, auf. Schon kurze Zeit, nachdem sie geschlüpft sind, leben die Spinnen räuberisch. Das ist auch der Grund, warum die Tiere einzeln gehalten werden müssen, denn sonst würden sie sich gegenseitig auffressen [4]. Auf Deserta findet man in den Spinnenbauen hauptsächlich Überreste von gefressenen Tausendfüßern, Asseln und Käfern. Im Terrarium fressen die Tiere gerne Schaben (Loboptera decipiens) und Heimchen (Gryllus bimaculatus) [1]. Rund vier Monate nach der Paarung bauen die Weibchen einen Kokon, den sie bis zum Schlupf der Jungtiere mit sich tragen und auf diese Weise gut bewachen. Auch die frisch geschlüpften Jungspinnen werden einige Zeit auf dem Körper herumgetragen. Danach sind sie aber komplett auf sich allein gestellt. Im Terrarium kann eine Brut aus über 500 Jungspinnen bestehen. In der Natur sind es wohl eher 200-250 [1]. Es ist noch unbekannt, wie alt Deserta-Taranteln werden können. Männchen werden vermutlich mit 10 Monaten geschlechtsreif. Im Gegensatz zu anderen Wolfsspinnenarten, bei denen die Weibchen kurz nachdem sie erstmals Nachwuchs gehabt haben, eingehen, können die Deserta-Weibchen zumindest bei guter Haltung im Terrarium 2-3 Gelege produzieren. In der Natur gibt es offensichtlich zwei Subpopulationen: eine Sommerpopulation, die im Juni geschlechtsreif wird, und eine Winterpopulation, bei der dies im September-Oktober der Fall ist [1]. Gefährdung und SchutzDer Bestand ist in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch zurückgegangen, da eingeführte Ziegen und ein sich explosionsartig vermehrendes Glanzgras die letzten Rückzugsorte der Tarantel gefährden. Aktuell wird davon ausgegangen, dass nur noch 4'000 dieser Tiere auf Deserta Grande leben, was für eine Spinnenart sehr wenig ist [3]. Der internationale Handel ist artenschutzrechtlich nicht geregelt. Bedeutung für den Menschen
Die Art wird lokal nicht genutzt. Sie befindet sich auch nicht im internationalen Tierhandel. Möglicherweise werden gelegentlichIndividuen von Liebhabern für die private Haltung entnommen [3]. HaltungHaltung in europäischen Zoos: Der Bestand in europäischen Zoos geht auf 3 männliche und 6 weibliche Taranteln zurück, die 2016 als Jungtiere auf Deserta Grande gesammelt worden waren. Die Art wird in rund einem Dutzend Zoos gehalten, darunter der Kölner Zoo und die Stuttgarter Wilhelma. Seit 2016 besteht ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das vom Bristol Zoo koordiniert wird [1; 4]. Mindestanforderungen an Gehege: Es gibt im deutschsprachigen Raum keine tierschutzrechtlichen Mindestanforderungen an die Haltung von Spinnen. Die EAZA hat 2018 Haltungsempfehlungen herausgegeben, die aufgrund der kurzen Haltungserfahrung noch als provisorisch anzusehen sind [1]. Taxonomie und NomenklaturDie Art wurde 1857 von John BLACKWALL als "Lycosa ingens" erstmals wissenschaftlich beschrieben. BLACKWALL war ein walisischer Naturforscher, der u.a. das zweibändige Werk "A History of the Spiders of Great Britain and Ireland" verfasste. Die heute gültige Gattungsbezeichnung Hogna wurde 1885 von Eugène Louis SIMON eingeführt, einem französischen Arachnologen und Ornithologen, der im Lauf seines Lebens über 4'000 Spinnenarten beschrieben hatte [2; 5]. |
Literatur und Internetquellen
- BUSHELL, M. (2018) Terrestrial Invertebrate Taxon Advisory Group Best Practice Guidelines for Desertas Wolf Spiders. EAZA, Amsterdam.
- ENCYCLOPEDIA OF LIFE
- CARDOSO, P. (2014). Hogna ingens. The IUCN Red List of Threatened Species 2014: e.T58048571A58061007. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2014-2.RLTS.T58048571A58061007.en . Downloaded on 18 October 2021.
- WILHELMA - PRESSEMITTEILUNG VOM 15.10.2021
- WORLD SPIDER CATALOGUE