Flachrücken-Schildkröte (Pyxis planicauda) im Tierpark Bern
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Ordnung: Schildkröten (TESTUDINATA)
Unterordnung: Halsbergerschildkröten (CRYPTODIRA)
Familie: Landschildkröten (Testudinidae)
Flachrückenschildkröte
Pyxis planicauda • The Flat-backed Spider Tortoise • La pyxide à dos plat
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Die Flachrücken-Schildkröte aus Madagaskar ist eine attraktiv gefärbte Art, die als unmittelbar vom Aussterben bedroht gilt und deshalb vermehrt ex situ gehalten und gezüchtet werden sollte. In Europa ist die Zahl der öffentlich zugänglichen Haltungen sehr klein, zumal die EAZA davon abrät die Art in den Bestand aufzunehmen. Da die Tiere sehr klein bleiben, sind sie auch für die Privathaltung geeignet, sollten aber qualifizierten Schildkrötenzüchtern vorbehalten bleiben, von denen sich einige zu einer Zuchtgemeinschaft zusammengeschlossen haben. Körperbau und KörperfunktionenEs handelt sich um eine eher kleine Landschildkröte mit ca. 13-15, bei den Weibchen bis ca. 17 cm Carapaxlänge. Die Männchen bleiben etwas kleiner. Der Carapax ist länglich, auf dem Rücken abgeflacht, mit beinahe parallel verlaufenden Flanken, aufgeworfenen und leicht gezahnten Nackenschildern und ebenso den Randschildern im Bereich der Hinterbeine. Die Grundfärbung des Panzers ist gelb, gelb-orange bis hellbraun, mit auf dem Rücken dunkeln, durch helle Streifen unterbrochenen Flecken um die hellen Zentren der Schilder, auf dem Bauch mit schwächerer Fleckenzeichnung. Jungtiere sind dunkler gezeichnet. Im Gegensatz zur Spinnenschildkröte ist der Vorderteil des Bauchpanzers nicht ist durch ein Quergelenk beweglich [1; 3; 11]. VerbreitungMadagaskar: West-Madagaskar in der Gegend von Morondava / Menabe, vermutlich auf einer Fläche von weniger als 500 km² [4]. Lebensraum und LebensweiseDie dämmerungsaktiven Flachrücken-Schildkröten bewohnen Trockenwälder auf lockeren Sandböden in Höhenlagen bis zu 100 m, wo sie das Falllaub nutzen, um sich zu verstecken. Sie sind während der Regenzeit aktiv, während der Trockenzeit von Ende Mai bis Oktober legen sie eine Ruhephase ein und graben sich in Laubstreu ein. Sie ernähren sich von Fallfrüchten wie z. B. von Breonia perrieri, einem Baum aus der Familie der Rötegewächse, ferner von Pilzen und abgefallenen Blüten. Auf Madagaskar werden die Weibchen mit 10 Jahren geschlechtsreif. Die Paarungen finden während der ersten Hälfte der Regenzeit statt. In der zweiten Hälfte legen die Weibchen 1-3 einzelne Eier. Im natürlichen Lebensraum schlüpfen die etwa 14 g schweren Jungen nach 250-340 Tagen [4; 5; 6]. Gefährdung und SchutzDie Flachrücken-Schildkröte war ab 1982 als "INDETERMINATE" (heute DATA DEFICIENT) in der Roten Liste der IUCN aufgeführt. Nachdem festgestellt wurde, dass sie seit 1963 rund 32% ihres Lebensraums verloren hatte wurde sie als stark gefährdet (ENDANGERED) eingestuft, und nachdem um die Jahrtausenwende ein großer Teil des Bestands gesammelt und exportiert worden war, erfolgte 2008 die Einstufung als unmittelbar vom Aussterben bedroht (CRITICALLY ENDANGERED) [4]. Die Art war seit 1977 in CITES-Anhang II aufgeführt. Seit 2002 ist der internationale Handel nach CITES-Anhang I eingeschränkt. Ex situ-Zuchtprojekt: Auf Initiative eines Schweizer Privathalters wurde 2007 unter Beteiligung der Universität Basel ein Projekt zur Zucht und für den Erfahrungsaustausch gegründet, an dem sich Halter in Deutschland und der Schweiz beteiligen [5; 6; 8]. Bedeutung für den MenschenDie Flachrückenschildkröte ist ein attraktives Terrarientier. Im Zeitraum 1979-2021 wurden nach Angaben der CITES-Handelsstatistik in den Jahren 1990-2001 insgesamt 2'813 Wildfänge aus Madagaskar ausgeführt. Die meisten Tiere gingen nach Japan, ebenfalls größere Mengen importierten Südafrika und die USA. Je 100 gingen nach Tschechien und Bulgarien, und 63 Exemplare kamen in die Schweiz. 56 der von Bulgarien importierten Tiere mutierten dort auf wundersame Weise zu Nachzuchten und wurden nach China und Taiwan ausgeführt. Die Schweiz erteilte von 2005-2015 Ausfuhrbescheinigungen für 54 Nachzuchttiere, wobei sicher nicht alle zur Ausfuhr gelangten [2; 5; 6]. Haltung im ZooDas EHAP-Projekt hat 2018 Haltungsempfehlungen herausgegeben [8]. Die Tiere benötigen tagsüber hohe Lufttemperaturen (26-32ºC im Sommer, 24-26ºC im Winter) und nachts eine Abkühlung (25ºC im Sommer, 17ºC im Winter) [8; 9]. Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird (2024) in nur drei öffentlich zugänglichen Institutionen in Europa gehalten, was damit zusammenhängen mag, dass die EAZA sich gegen ihre Aufnahme in die Tierbestände ausspricht. Im Gegensatz dazu gibt es in Nordamerika 18 Institutionen mit einem Gesamtbestand von über 120 Exemplaren [3]. Für Details siehe Zootierliste. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Reptiliengutachten 1997 des BMELF soll ein Terrarium für eine Kleingruppe mindestens 4x so lang und doppelt so breit sein wie die Carapaxlänge. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.02.2024) schreibt für 1-2 Tiere ein Gehege vor, welches das 8x4-fache der Carapaxlänge misst. Für jedes weitere Tier kommt das 2x2-fache der Carapaxlänge dazu. Bei Unverträglichkeit müssen die Tiere einzeln gehalten werden. In der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) ist die Art nicht erwähnt. Taxonomie und NomenklaturDie Flachrückenschildkröte wurde 1867 vom französischen Naturforscher Alfred GRANDIDIER, der ab 1865 ausgedehnte Forschungsreisen auf Madagaskar unternommen hatte, unter dem Namen "Testudo planicauda" erstmals wissenschaftlich beschrieben. 1902 stellte sie der Wiener Herpetologe Friedrich SIEBENROCK in die von ihm neu aufgestellte Gattung Acinixys. Diese wird seit 1979 nur noch als Untergattung von Pyxis angesehen, im CITES-Kontext kann aber Acinixys immer noch auftauchen. Die Art ist monotypisch [6; 10; 11]. Die Areale von Flachrücken- und Spinnenschildkröte sind etwa 700 km voneinander entfernt [7]. |
Literatur und Internetquellen
- CITES IDENTIFICATION MANUAL
- CITES TRADE DATA BASE
- EAZA REPTILE TAG (2019). Regional Collection Plan Chelonia. 1. Ausgabe. 350 Seiten, 51 Taxa abgedeckt.
- LEUTERITZ, T., RANDRIAMAHAZO, H. & LEWIS, R. (2008). Pyxis planicauda. The IUCN Red List of Threatened Species 2008: e.T19036A8789990. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2008.RLTS.T19036A8789990.en. Accessed on 21 September 2022.
- MISLIN, V. (2018)
- MISLIN, V. & HERZOG, G. (2011)
- OBST, F. J. (1985)
- PROJEKT EHAP UND EMI
- ROGNER, M. (2008)
- THE REPTILE DATA BASE
- TURTLE TAXONOMY WORKING GROUP (2014-21)