Galapagos-Riesenschildkröte (Chelonoidis nigra) im Zoo Zürich
© Sam Furrer, Zoo Zürich
Ordnung: Schildkröten (TESTUDINATA)
Unterordnung: Halsbergerschildkröten (CRYPTODIRA)
Familie: Landschildkröten (Testudinidae)
Galápagos-Riesenschildkröte
Chelonoidis nigra (s. l.) • The Galápagos Giant Tortoise • La tortue géante des îles Galápagos
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Die Galápagos-Riesenschildkröte stellt das Pendant zur Aldabra-Riesenschildkröte dar, ist aber trotz ähnlichem Aussehen mit jener nicht näher verwandt. Auch sie ist ein attraktives Zootier, wird aber in Europa deutlich seltener gehalten als die Aldabra-Riesenschildkröte. Körperbau und KörperfunktionenDie Form des einfarbig schwärzlichen Carapax ist je nach Unterart (bzw. neuerdings Art) unterschiedlich, entweder hochgewölbt oder sattelförmig. Im Gegensatz zur Aldabra-Riesenschildkröte ist kein Nuchalschild vorhanden. Das Supracaudalschild ist ungeteilt und auf jeder Seite des Panzers befinden sich 11 Marginalschilder. Auch das Plastron und die Haut sind schwärzlich gefärbt [3]. VerbreitungGalápagos-Archipel (Ekuador) [10]. Lebensraum und LebensweiseDie klimatischen Bedingungen sind auf den Galápagos-Inseln recht heterogen, was Auswirkungen auf die Lebensweise der Schildkröten hat. Tiere in arider Umgebung sind vergleichsweise weniger aktiv und zeigen z. T. eine biphasische Tagesaktivität. In der Mittagshitze und nachts ruhen oder schlafen die Tiere mit ausgestreckten Beinen und Köpfen [4]. Während der Trockenzeit finden die Schildkröten der kleineren ariden Inseln sehr wenig Futter. Diese Formen bleiben verhältnismäßig klein und ihr Panzer ist sattelförmig, was Ihnen das Abfressen von Büschen und Opuntien erleichtert. Einige Individuen scheinen während sehr trockener Zeit eine Art Trockenschlaf zu halten. Auf den großen Inseln halten sich viele ältere Tiere fast ganzjährig im feuchteren, vegetationsreichen Hochland auf, wo sie sich hauptsächlich von saftigen Gräsern und Kräutern, aber auch von Kletterpflanzen, Büschen, Beeren, Fallobst und Flechten ernähren. Nur zur Nistzeit migrieren dort die Weibchen zu ihren Eiablageplätzen im Tiefland [4]. Soziale Interaktionen sind bei Männchen verhältnismäßig häufig. Bei der Konfrontation zweier Männchen begegnen sich diese mit hoch ausgestreckten Hälsen, Bissandeutungen und Schnappbewegungen. Tatsächliche Bissverletzungen sind allerdings selten. Es siegt das Männchen, welches den Kopf höher streckt. Bei den Männchen besteht somit eine Rangfolge und Männchen dominieren über Weibchen. Weibchen untereinander scheinen kaum Sozialkontakt aufzubauen. Paarungen werden von Dezember bis August beobachtet, wobei die meisten zwischen Februar und April stattfinden. Die Nistzeit beginnt gegen Ende Juni und dauert bis Ende November. Der Schlupf erfolgt nach 4 bis 8 Monaten von November bis April, wobei die Schlüpflinge bis zu 4 Wochen benötigen, um sich aus dem Nest an die Erdoberfläche emporzuarbeiten [4]. Gefährdung und SchutzAls Art sind die Galápagos-Riesenschildkröten gefährdet. Einzelne Unterarten, die in der Ausgabe der Roten Liste von 2016 als volle Arten aufgeführt sind, sind in höheren Gefährdungskategorien eingestuft, bis hin zu EXTINCT IN THE WILD und EXTINCT [2; 8; 10]. Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang I eingeschränkt. Bedeutung für den MenschenIm 19. Jahrhundert liefen Robbenjäger und Walfänger die Galápagos-Inseln an, um Galápagos-Seebären (Arctocephalus galapagoensis) zu schlagen. Für die Seeleute waren die Riesenschildkröten willkommenes Frischfleisch und sie wurde auch als lebende Konserven mit auf die Heimreise genommen. Als die Wale knapper wurden, begann man auch, aus den Schildkröten Tran zu kochen. Binnen 30 Jahren wurden so mindestens 200'000 Riesenschildkröten getötet [9]. HaltungForschung im Zoo: Am Zoo Zürich wurden Forschungsarbeiten über die Verdauungsphysiologie und Fortpflanzung der Galápagos-Riesenschildkröte durchgeführt [5; 7]. Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund zwei Dutzend Institutionen gehalten, wovon sich etwa ein Fünftel im deutschsprachigen Raum befinden. Gehalten werden die Unterarten becki, darwini, duncanensis und porteri, Unterart-Hybriden sowie nicht näher bestimmte Individuen. Für Details siehe Zootierliste. In Nordamerika ist die Art deutlich häufiger vertreten (ca. 50 Institutionen mit rund 240 Tieren) 1991 glückte dem Zoo Zürich die europäische Erstzucht und seitdem werden dort regelmäßig Jungtiere (C. n. becki x C. n. porteri) nachgezogen, bis 2023 insgesamt 125 Stück. 2021 konnte das Tropiquarium de Servion als zweiter europäischer Zoo einen Zuchterfolg verzeichnen. Dieser wiederholte sich 2022, wobei eines der beiden Jungtiere ein Albino war. Albinismus soll bei Schildkröten bei einem auf 100'000 Individuen auftreten und damit fünfmal seltener als beim Menschen sein [13; 14]. 2004 wurde für die Art ein vom Zoo Zürich koordiniertes Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP) eingerichtet, das zwischenzeitlich in ein Europäisches Zuchtbuch (ESB) umgewandelt wurde, seit 2020 jedoch wieder als "New Style"-EEP betrieben wird. Der Bestand in EAZA-Zoos wurde für 2019 mit 80 Individuen angegeben. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Reptiliengutachten 1997 des BMELF soll ein Terrarium für eine Kleingruppe mindestens 8x so lang und 4x so breit sein wie die Carapaxlänge. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.02.2024) schreibt für 1-2 Tiere ein Gehege vor, welches das 8x4-fache der Carapaxlänge misst. Für jedes weitere Tier kommt das 2x2-fache der Carapaxlänge dazu. Sofern die Witterungsverhältnisse es erlauben, ist den Tieren Auslauf im Freien zu gewähren. Bei Unverträglichkeit müssen die Tiere einzeln gehalten werden. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) ist für 1-2 über ein Innengehege von 10 m² und ein Außengehege von 20 m² anzubieten. Für jedes weitere Tier ist die Fläche innen um 5 m², außen um 10 m² zu erhöhen. Taxonomie und NomenklaturCharles DARWIN wurde bei seinem Besuch auf Galápagos vom Vize-Gouverneur Nicholas LAWSON darauf hingewiesen, dass die Schildkröten der einzelnen Inseln voneinander verschieden seien und dass man mit Sicherheit sagen könne, von welcher Insel eine Schildkröte stamme. Interessanterweise maß DARWIN dieser Aussage keine besondere Bedeutung bei [6]. Bis vor Kurzem galten die Galápagos-Riesenschildkröten als eine einzige Art mit 12 Unterarten, die abwechslungsweise den Gattungen Geochelone oder Chelonoidis zugeteilt wurde. Aktuell ist es Chelonoidis. Als Artbezeichnung war früher elephantopus gebräuchlich, heute nigra. Die am engsten verwandte Art soll nicht etwa die Seychellen-Riesenschildkröte sein, sondern die Patagonische Landschildkröte (Chelonoidis chilensis). Die traditionellen Unterarten wurden zum Teil zusammengelegt und zu Arten aufgewertet. Mittlerweile führt die REPTILE DATA BASE 14 eigenständige Arten auf [1; 10; 11]:
2015 haben sich ein paar Taxonomen dadurch ein Denkmal gesetzt, dass sie C. donfaustoi von der Insel Santa Cruz als neue Art beschrieben. Zitat dazu: "There are no diagnostic morphological characters that uniquely define the new species. However, “linear and geometric morphometric analyses reveal consistent differences in mean shell size and shape between tortoises from Reserva and Cerro Fatal...” (POULAKAKIS et al. 2015)." [9]. Mit der Argumentation, dass mittlere Größenunterschiede eine neue Art begründen, müsste man auch die menschliche Bevölkerung von Sardinien als eigene Art definieren, denn die Sardinier sind im Mittel deutlich kleiner als die übrigen Italiener .... |
Literatur und Internetquellen
- CACCONE, A., GIBBS, J.P., KETMAIER, V-, SUATONI, E. & POWELL, J.R. (1999)
- CAYOT, L.J.et al. (2018). Chelonoidis vicina (errata version published in 2019). The IUCN Red List of Threatened Species 2018: e.T9028A144765855. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2018-2.RLTS.T9028A144765855.en. Accessed on 31 July 2023.
- CITES IDENTIFICATION MANUAL
- EBERSBACH, K. (2001)
- GISLER, R. (2002)
- OBST, F. J. (1985)
- PFEIFFER, M. (2000)
- RHODIN, A.G.J. et al. (2017). Chelonoidis phantasticus (errata version published in 2018). The IUCN Red List of Threatened Species 2017: e.T170517A128969920. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2017-3.RLTS.T170517A1315907.en. Downloaded on 27 May 2021.
- ROGNER, M. (2008)
- THE REPTILE DATA BASE
- TURTLE TAXONOMY WORKING GROUP (2014-21)
- MINISTERIO DEL AMBIENTE Y AGUA - Boletín No 091 vom 20.02.2019
- IRBIS. ZEITSCHRIFT DER TIERGARTEN-GESELLSCHAFT ZÜRICH vom Juli 2023.
- TROPIQUARIUM SERVION, PM vom 02.06.2022