Pferdeantilope (Hippotragus equinus) im ErlebnisZoo Hannover
© Klaus Brunsing, Zoo Hannover
Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Pferdeantilopen (Hippotraginae)
Pferdeantilope
Hippotragus equinus • The Roan Antelope • L'antilope rouanne
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Pferdeantilopen, so genannt wegen ihrer starken Halsmähne, sind äußerst stattliche Erscheinungen, die sich gut als Botschafter für Natur- und Artenschutz in den afrikanischen Savannengebieten eignen. Sie sind aber in Zoos nicht sehr häufig, wohl weil sie als ziemlich unverträglich gelten und in Konkurrenz zu der ähnlichen Rappenantilope stehen. Körperbau und KörperfunktionenMit einer Kopf-Rumpflänge von 200-219 cm, einer Schulterhöhe von 126-145 cm und einem Gewicht von rund 235-300 kg bei den Bullen bzw. 215-280 kg bei Kühen sind die Pferdeantilopen die größten Vertreter ihrer Unterfamilie. Sie haben einen 60-75 cm langen Schwanz und auch ihre mit Haarbüscheln besetzten Ohren sind mit 35-38 cm sehr lang. Beide Geschlechter tragen massive, mit Querringen versehene Hörner, die bogenförmig nach hinten geschwungen sind und eine Länge von 50-95 cm erreichen können. Bei den Bullen sind sie stärker gebogen und dicker als bei den Kühen. Die Grundfarbe des Fells ist rot- bis graubraun. Es ist eine schwarz-weiße Gesichtsmaske vorhanden, über den Rücken verläuft ein dunkler Aalstrich, der Schwanz und zum Teil die Beine sind schwarz [4; 8; 11]. Im Übrigen beschreibt BREHM [2] beschreibt die Art wie folgt: "Ihr Kopf erinnert in Form und Aussehen an den unserer Gemse, die Ohren aber haben beziehentlich ihrer Länge und Gestalt mit denen des Esels entschiedene Aehnlichkeit; der Hals ist kurz und dick, der auf verhältnismäßig schlanken Läufen ruhende, vorn höher als hinten gestellte Leib gedrungen, der Schwanz sehr lang und dick bequastet; Thränengruben fehlen, werden jedoch durch einen Haarbüschel gewissermaßen ersetzt; Klauendrüsen und Weichengruben sind nicht vorhanden. Das Weibchen hat zwei Zitzen." VerbreitungSavannengebiete Afrikas südlich der Sahara: Angola, Äthiopien, Benin, Botswana, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Kamerun, Kenia, Kongo Dem., Malawi, Mali, Mauretanien, Mosambik, Namibia, Niger, Nigeria, Ruanda, Sambia, Senegal, Simbabwe, Südafrika, Sudan, Süd-Sudan, Tansania, Togo, Tschad, Uganda, Zentralafrikanische Republik. Ausgestorben in Burundi, Eritrea und vermutlich Gambia. In Swasiland nach Ausrottung aus Zoobeständen wieder angesiedelt [5]. Lebensraum und LebensweisePferdeantilopen besiedeln mit hohem Gras bestandene Trockenwälder, Savannen, Steppen und Schwemmebenen. Gräser sind ihre Hauptnahrung und können 90-100% der Diät ausmachen. Daneben fressen sie auch Kräuter, Blätter und, wo verfügbar, Wasserpflanzen. Die Tiere leben in Gruppen von 6-15 oder gelegentlich mehr Kühen mit Jungen, welche die Territorien von mehreren Bullen durchstreifen, oder in Haremsgruppen. Jungbullen werden mit 2 Jahren vertrieben werden und schließen sich zu Junggesellenverbänden zusammen [6; 11]. Es gibt keine feste Fortpflanzungsperiode. Nach einer Tragzeit von 259-287 Tagen wird in der Regel ein einzelnes Kalb geboren. Dieses ist 13.5-20 kg schwer. Die Kuh sondert sich vor der Geburt von der Herde ab und bleibt etwa 5 Tage beim Kalb, dann lässt sie es in einem Versteck bis es 6 Wochen alt ist und sucht es nur am frühen Morgen und eventuell nachts zum Säugen auf. innerhalb eines Monats nach der Geburt wird sie meist wieder brünftig, sodass die Geburtsintervalle etwa 10 Monate betragen. Mit etwa 6 Monaten wird das Kalb entwöhnt. Kühe werden mit etwa 2 Jahren geschlechtsreif [6; 7; 11]. Das bei den Bullen etwas dickere Gehörn ist jenem der Steinböcke recht ähnlich. Daraus darf man aber nicht auf ein ähnliches Kampfverhalten schließen: Währenddem sich die Steinböcke auf die Hinterläufe aufrichten und den Schlag ausführen, indem sie sich nach vorne fallen lassen, gehen Pferde und Rappenantilope, sofern sie nicht im Stehen fechten, „in die Knie“, d.h. legen sich zum Schlagen auf die Karpalgelenke. Bei beiden Tiergruppen geht der Schlag aber von oben nach unten und wird ungefähr mit der Hornmitte ausgeführt. Aus statischen Gründen ist ein großes, massives Horn dann bruchsicherer, wenn es gekrümmt ist. Die Ähnlichkeit der Hörner weist also auf eine ähnliche mechanische Funktion, die Unterschiede im Verhalten auf divergierende stammesgeschichtliche Entwicklungstendenzen hin [9]. Gefährdung und SchutzDer Weltbestand der Pferdeantilope nimmt ab und manche regionalen Populationen sind gefährdet. Da die Art aber eine sehr große Verbreitung hat und etwa 60% des auf 76'000 Individuen geschätzten Bestands in Schutzgebieten leben, wird sie auf der Grundlage einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 global als nicht gefährdet eingestuft (Rote Liste: LEAST CONCERN) [5]. Der internationale Handel ist unter CITES nicht (mehr) geregelt. Die Einfuhr lebender Tiere aus den Ursprungsländern ist aber wegen der restriktiven Veterinärbestimmungen der EU so gut wie ausgeschlossen. Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):
Bedeutung für den MenschenPferdeantilopen werden zur Gewinnung von Fleisch zumeist illegal gejagt. In Südafrika sind sie Gegenstand einer geregelten Trophäenjagd, wobei die Abschussgebühren im Bereich von 6'500-9'500 USD liegen. Wie andere Antilopenarten auch werden sie zu diesem Zweck auf texanischen Wildfarmen gehalten, wo Abschüsse für 18'000-20'000 USD verkauft werden [Online-Inserate 2019]. HaltungPferdeantilopen gelten zwar als besonders unverträglich [7], lassen sich aber trotzdem in geeigneten Gehegen mit anderen Tierarten vergesellschaften, so z.B. mit Steppenzebras, Giraffen, Elenantilope, Nyala, Blessbock, Litschi-Wasserbock, Gazellen, Dikdiks und Kranichen. WEIGL gibt als Höchstalter für ein im Busch Gardens in Florida gehaltenes weibliches Nachzuchttier 25 Jahren und 10 Monaten an [10]. Haltung in europäischen Zoos: Die erste Pferdeantilope gelangte 1878 in den Londoner Zoo. Die Welterstzucht gelang 1967 im Zoo Hannover. Seit 2000 gibt es ein Europäisches Zuchtbuch (ESB). Nachdem der europäische Bestand im Jahr 2005 auf 88 Tiere gefallen war, wurde 2007 das Zuchtbuch in ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP) umgewandelt, das vom Zoo Hannover koordiniert wird. Gegenwärtig (2024) wird die Art in rund 25 Zoos gehalten, von denen sich vier im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 400 m² zur Verfügung stehen, für jedes weitere Tier 30 m² zusätzlich. Stallfläche 5 m²/Tier. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Gehege vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 80 m² zur Basisflächen dazu. In der Stallung ist für jedes Tier 8 m² anzubieten. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) sind für 1-5 Tiere 800 m² erforderlich, für jedes weitere 80 m² mehr, ferner eine Stallfläche von 5 m²/Tier. Taxonomie und NomenklaturDie Pferdeantilope wurde 1803 von Étienne GEOFFROY SAINT-HILAIRE, dem Begründer des ersten bürgerlichen Zoos, der Ménagerie im Jardin des Plantes von Paris, als "Antilope equina" erstmals wissenschaftlich beschrieben. 1845 stellte sie der schwedische Zoologe Carl Jakob SUNDEVALL als Typusart in die neue und heute noch gültige Gattung Hippotragus [11]. Traditionell unterschied man 5-6 Unterarten der Pferdeantilopen und die Pferdeantilopen in Zoos wurden den Unterarten cottoni und langheldi zugeordnet. Nach neueren molekulargenetischen Untersuchungen gibt es aber nur zwei Unterarten: Hippotragus e. koba in Westafrika und Hippotragus e. equinus von Zentral- über Ost- bis Südafrika. In der umstrittenen Huftier-Taxonomie von 2011 sagen die Autoren sie seien zum gegenwärtigen Zeitpunkt "nicht geneigt" Unterarten zu differenzieren [1; 3]. |
Literatur und Internetquellen
- ALPERS, D.L., VAN VUUREN, B.J., ARCTANDER, P. & ROBINSON, T.J. (2004)
- BREHM, A. E. (1882-1887)
- GROVES, C.P. & GRUBB, P. (2011)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- IUCN SSC Antelope Specialist Group (2017). Hippotragus equinus. The IUCN Red List of Threatened Species 2017: e.T10167A50188287. http://www.iucnredlist.org/details/10167/0. Downloaded on 13 June 2018.
- MILLS, G & HES, L. (1999)
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- SPINAGE, C.A. (1986)
- WALTHER, F. (1966)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)