Rappenantilope (Hippotragus niger) im Zoo de Vincennes, Paris
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Pferdeantilopen (Hippotraginae)
Rappenantilope
Hippotragus niger • The Sable Antelope • L'hippotrague noir
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Rappenantilopen, so genannt wegen ihrer schwarzen Fellfarbe, sind große, attraktive Antilopen mit einem eindrücklichen Gehörn, die sich gut als Botschafter für Natur- und Artenschutz in den ost- und südafrikanischen Savannengebieten eignen. Sie sind in Zoos häufiger anzutreffen als die ähnlichen Pferdeantilope. Körperbau und KörperfunktionenMit einer Kopf-Rumpflänge von (175-194 cm, einer Schulterhöhe von 128-140 cm und einem Gewicht von rund 180-230 kg bei den Bullen bzw. 160-180 kg bei Kühen sind die Rappenantilopen etwas kleiner als die Pferdeantilopen Sie haben einen 44-53 cm langen Schwanz und auch ihre mit Ohren sind mit 23-28 cm deutlich kürzer als bei equinus. Beide Geschlechter tragen, mit Querringen versehene Hörner, die bogenförmig nach hinten geschwungen sind und eine Länge von 70-173 cm erreichen können. Bei den Bullen sind sie stärker gebogen und länger als bei den Kühen. Die Grundfarbe des Fells schwankt von dunkelbraun bis tiefschwarz. Der Bauch ist weiß und das Gesicht auffallend schwarz-weiß gezeichnet. Bei der Riesen-Rappenantilopen und Tieren aus West-Sambia weicht die Gesichtszeichnung von jener der süd- und ostafrikanischen Tiere ab. Vom Nacken bis zu den Schultern erstreckt sich eine üppige Mähne [2; 5; 10]. VerbreitungOst- und südliches Afrika: Angola, Botswana, Kenia, Kongo Dem., Malawi, Mosambik, Namibia, Sambia, Simbabwe, Südafrika, Tansania. In Swasiland aus Zoobeständen wiedereingeführt. Eingeführte Populationen außerhalb des natürlichen Areals gibt es in Namibia, im (Oranje-) Freistaat, in KwaZulu-Natal sowie im Ost- und Nordkap [1; 3]. Lebensraum und LebensweiseRappenantilopen bevorzugen Baumsavannen und Trockenwälder mit feuchten Niederungen und guter Grasdecke. insbesondere der Miombo bietet gute Einstände, aber auch im mit Akazien und Buschweiden (Combretum) bestandenen Sandveld sind sie anzutreffen. Gräser sind ihre Hauptnahrung, besonders beliebt sind Rotgras (Themeda triandra) sowie Brachiaria-, Urochlora- und Panicum-Arten. In geringerem Umfang werden auch Sauergräser und Blätter gefressen. Wie die Pferdeantilopen leben die Tiere in Gruppen von Kühen mit Jungen oder in Haremsgruppen. Jungbullen werden mit 2 Jahren vertrieben und schließen sich zu Junggesellenverbänden zusammen, ältere Bullen ab 6 Jahren halten sich einen Harem oder sind territoriale Einzelgänger [5; 10]. Rappenantilopenkühe werden mit knapp zwei Jahren geschlechtsreif. Es gibt keine feste Fortpflanzungsperiode, allenfalls saisonale Häufungen der Fortpflanzungsaktivitäten. Nach einer Tragzeit von 270 (262-281) Tagen wird ein einzelnes Kalb mit einem Geburtsgewicht von 10-17 kg geboren. Zum Abkalben verlässt die Kuh die Herde. Das Junge versteckt sich im hohen Gras und kommt nur zum Säugen und zur Fellpflege durch die Mutter heraus. Wenn sich die Kühe mit ihren Jungen wieder der Herde anschließen, bilden die Jungen Spielgruppen, die sich bis zu 100 m von der Herde entfernen, wobei oft eine Kuh die Rolle einer Kindergärtnerin übernimmt [5; 6]. Das bei den Bullen etwas dickere Gehörn ist jenem der Steinböcke recht ähnlich. Daraus darf man aber nicht auf ein ähnliches Kampfverhalten schließen: Währenddem sich die Steinböcke auf die Hinterläufe aufrichten und den Schlag ausführen, indem sie sich nach vorne fallen lassen, gehen Pferde und Rappenantilope, sofern sie nicht im Stehen fechten, „in die Knie“, d.h. legen sich zum Schlagen auf die Karpalgelenke. Bei beiden Tiergruppen geht der Schlag aber von oben nach unten und wird ungefähr mit der Hornmitte ausgeführt. Aus statischen Gründen ist ein großes, massives Horn dann bruchsicherer, wenn es gekrümmt ist. Die Ähnlichkeit der Hörner weist also auf eine ähnliche mechanische Funktion, die Unterschiede im Verhalten auf divergierende stammesgeschichtliche Entwicklungstendenzen hin [8]. Gefährdung und SchutzDie Rappenantilope hat eine weite Verbreitung und der Weltbestand von rund 75'000 Tieren ist stabil. Etwa die Hälfte aller Tiere lebt in Schutzgebieten. Sie wurde daher aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 nicht als gefährdet eingestuft (Rote Liste: LEAST CONCERN). Dies gilt allerdings nicht für die Riesenrappenantilope (H. n. variani) aus Angola, die vom Aussterben bedroht ist und deren Bestand im Jahr 2015 auf nur noch 90 Individuen geschätzt wurde. Die noch verbleibenden Tiere leben im Cangandala-Nationalpk und im Luando-Reservat [3]. Der Bestand im Kruger Nationalpark nahm von 2'240 Tieren im Jahr 1986 auf gegenwärtig noch etwa 300 ab, möglicherweise als Folge des durch den Betrieb von künstlichen Tränken und den Überbestand an Elefanten verursachten Landschaftswandels, der Zebras, Büffel und Gnus begünstigt, eventuell auch, weil Tiere nach Westen Richtung Drakensberge ausgewandert sind [12]. Der internationale Handel ist unter CITES nicht geregelt, außer mit H. n. variani, die unter Anhang I des Übereinkommens fällt. Die Einfuhr aus den Ursprungsländern ist wegen der restriktiven Veterinärbestimmungen der EU so gut wie ausgeschlossen. Bedeutung für den MenschenWirtschaftliche Bedeutung: Rappenantilopen werden wegen ihres Fleischs und ihrer Trophäen gejagt. Im südlichen Afrika sind sie Gegenstand einer kommerziellen Trophäenjagd, wobei die Abschussgebühren in Südafrika im Bereich von 4'500-8'000 USD, in Namibia bei etwa 9'000 USD und in Simbabwe bei 6'500 USD liegen. Wie andere Antilopenarten auch werden sie zu diesem Zweck auf texanischen Wildfarmen gehalten, wo Abschüsse für 13'000-18'000 USD verkauft werden [Online-Inserate 2019]. Kulturelle Bedeutung: Die auf Portugiesisch "palanca negra gigante" genannte Riesenrappenantilope ist das nationale Symboltier Angolas, das auf Banknoten, amtlichen Dokumenten und zahlreichen Briefmarken abgebildet ist. HaltungRappenantilopen lassen sich in geeigneten Gehegen mit anderen Tierarten vergesellschaften, so z.B. mit Steppenzebras, die aber gelegentlich die braun gefärbten Kälber angreifen, Breitmaulnashorn, Giraffen, Rotbüffel, Elenantilope, Großem Kudu, Streifengnu, Südafrikanischem Spießbock, Wasserbock, Springbock, Dikdik, Strauß, Marabu und Gänsegeier. WEIGL gibt als Höchstalter für zwei in amerikanischen Zoos gehaltene weibliches Nachzuchttiere 22 Jahre bzw. 22 Jahre und 3 Monate an [9]. Haltung in europäischen Zoos: Zwei weibliche Riesenrappenantilopen (H. n. variani) wurden kurz nach dem 2. Weltkrieg im Zoo Lissabon gehalten. Rappenantilopen der Nominatform werden in rund 40 europäischen Zoos gehalten, von denen sich etwa ein Viertel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Diese Zoos beteiligen sich am Europäischen Zuchtbuch, das am Givskud Zoo in Dänemark geführt wird und am 19.07.2019 insgesamt 216 Tiere umfasste, die auf 38 Gründertiere zurückgehen [11]. Wie bei in Haremsgruppen lebenden Tieren üblich, gibt es zahlreiche überzählige Böcke. Diese zu schlachten und zu verfüttern ist eine der vom Zuchtbuch angegebenen Optionen. Kastration ist eine andere. Ein Versuch, einen jungen Bock zu kastrieren und ihn in der Herde zu belassen, schlug jedoch fehl. Als der junge Bock drei Jahre alt war, begann der Zuchtbock ihn zu verfolgen. Forschung im Zoo: Rappenantilopen sind gelegentlich Gegenstand von Forschungsarbeiten oder forschendem Lernen. So wurde z.B. im der ZOOM Erlebniswelt in Gelsenkirchen eine Diplomarbeit über die Raum-zeitliche Nutzung und soziale Beziehungen auf einer Gemeinschaftsanlage afrikanischer Großtiere verfasst [7]. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 400 m² zur Verfügung stehen, für jedes weitere Tier 30 m² zusätzlich. Stallfläche 5 m²/Tier. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Gehege vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 80 m² zur Basisflächen dazu. In der Stallung ist für jedes Tier 8 m² anzubieten. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) sind für 1-5 Tiere 800 m² erforderlich, für jedes weitere 80 m² mehr, ferner eine Stallfläche von 5 m²/Tier. Taxonomie und NomenklaturDie Rappenantilope wurde von dem englischen Kolonialoffizier William Cornwallis HARRIS, einem Jäger, Verfasser und Illustrator, als "Aigocerus niger" ("Aigocerus" bedeuted "ziegenhörnig") erstmals wissenschaftlich beschrieben und kam später in die 1845 von dem schwedischen Zoologwn Carl Jakob SUNDEVALL für die Pferdeantilope geschaffene und heute noch gültige Gattung Hippotragus [11]. Hinsichtlich der Systematik der Rappenantilope gibt es unterschiedliche Ansichten. GROVES & GRUBB [1] spalten - wie könnte es anders sein - die ostafrikanische roosevelti als eigene Art ab und unterteilen die südlichen Rappenantilopen in vier Unterarten, was denn auch vom Säugetierhandbuch übernommen wurde [10]. Die Rote Liste der IUCN geht aber nach wie vor von einer Art mit vier Unterarten aus [3]. Rappenantilopen aus West-Sambia ähneln morphologisch zwar sehr stark der Riesenrappenantilope (siehe Bild), genetische Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass sie der Nominatform zuzurechnen sind [4] nach andern Angaben würden sie allerdings zu kirkii gehören. In Zoos wird ausschließlich die Nominatform H. niger niger gehalten [1; 10]. |
Literatur und Internetquellen
- GROVES, C.P. & GRUBB, P. (2011)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- IUCN SSC Antelope Specialist Group (2017). Hippotragus niger. The IUCN Red List of Threatened Species 2017: e.T10170A50188654. http://www.iucnredlist.org/details/10170/0. Downloaded on 13 June 2018.
- JANSEN VAN VUUREN, B., ROBINSON, T.J., VAZPINTO, P., ESTES, R., MATTHEE, C.A. (2010)
- MILLS, G & HES, L. (1999)
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- WALDER, S. (2007)
- WALTHER, F. (1966)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- SKALBORG SIMONSEN, K. (2019) Sable Antelope ESB 2018-2019.
- KRUGER NATIONALPARK