Grosser Kudu (Tragelaphus strepsiceros) im Opel-Zoo Kronberg
© © Thomas Kauffels, Opel-Zoo
Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Echte Rinder (Bovinae)
Tribus: Afrikanische Waldböcke (Tragelaphini)
Großer Kudu
Tragelaphus strepsiceros • The Greater Kudu • Le grand koudou
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Der Große Kudu ist in seiner Heimat nicht gefährdet, weil er aber zu den größten und schönsten Antilopen Afrikas gehört und seine Bullen ein eindrucksvolles Gehörn haben, ist er ein idealer Botschafter für Natur- und Artenschutz in den Savannen Zentral-, Ost- und Südafrikas. In europäischen Zoos wird er mit mittlerer Häufigkeit gehalten. Körperbau und KörperfunktionenMit einer Kopf-Rumpflänge von 212-248 cm, einer Schulterhöhe von 142-157(-170) cm und einem Gewicht bis zu 300 kg bei den Bullen sowie einer Kopf-Rumpflänge von 202-217 cm, einer Schulterhöhe von 121-132 cm und einem Gewicht bis zu 210 kg bei den Kühen sind die Großen Kudus nach den beiden Elenantilopen-Arten die größten Waldböcke. Ihr Schwanz wird 32-51 cm lang. Die schraubenförmig gewundenen Hörner der Bullen erreichen Rekordlängen von etwa 180 cm. Die Kühe sind hornlos. Die Ohren sind sehr groß. Voraugendrüsen sind nicht vorhanden. Die Grundfarbe des Fells schwankt von gelbbraun bis graubraun. Es ist auf dem Rumpf mit etwa 8-12 schmalen weißen Querstreifen und einem Längsstreifen auf der Rückenmitte gezeichnet. Im Gesicht hat es einige weiße Flecken und ein V-förmige Band zwischen den Augen, Lippen und Kinn sowie die Unterseite des Schwanzes und zum Teil die Innenseiten der Beine sind weiß und an den Läufen hat es weiße und eventuell schwarze Abzeichen oberhalb der Klauen. Vom Nacken bis zu den Schultern erstreckt sich eine dunkle, auf der Halsunterseite eine helle Mähne, die bei den Bullen stärker ausgebildet sind [2; 4; 8]. VerbreitungAfrika südlich der Sahara: Angola, Äthiopien, Botswana, Demokratische Republik Kongo, Eritrea, Kenia, Malawi, Mosambik, Namibia, Sambia, Simbabwe, Südafrika, Swasiland, Tansania, Tschad, Uganda, Zentralafrikanische Republik. In Dschibuti möglicherweise ausgerottet [3]. Lebensraum und LebensweiseGroße Kudus bevorzugen Baumsavannen und Trockenwälder wie Miombo- oder Mopani-Wald und erreichen hohe Dichten im Sukkulentendickicht des Ostkaps. Sie meiden geschlossenen Wald und baumloses Grasland. Daraus den Schluss zu ziehen, dass es eine Verbreitungslücke zwischen der Population am Kap und den weiter nördlichen Beständen gäbe, ist aber falsch. Denn auch im Grasland hat es Flüsse und Riviere. Diese werden von Akazien, Buschweiden (Combretum) und anderen Bäumen begleitet - und wo es Akazien hat, sind die Kudus nicht weit. Die Nahrung besteht aus Laub und Ästen von Bäumen und Sträuchern, namentlich Akazien und Buschweiden, Stauden, Kriechpflanzen, Früchten, Samenkapseln und Sukkulenten wie Portulak und Aloen. Die Kudus leben in Gruppen von 4-10, maximal bestehend aus Kühen mit ihrem Nachwuchs. Größere Zusammenschlüsse kommen, vor, sind aber nicht stabil. Währen der Brunft schließen sich Bullen den Rudeln an. Bullen sind nicht territorial, sondern bilden Rangordnungen aus. Jungbullen verlassen mit 2 Jahren das Weibchenrudel und schließen sich zu Junggesellenverbänden zusammen, ältere Bullen ab 6 Jahren sind oft Einzelgänger [2; 4]. Zumindest im südlichen Afrika verläuft die Fortpflanzung saisonal. Die Brunft fällt auf April-Mai- Nach einer Tragzeit von ca. 270-280 Tagen wird im Januar-Februar in der Regel ein einzelnes, 15-20 kg schweres Kalb geboren. Junge Kudus sind sogenannte Ablieger, die reglos an einem geschützten Platz warten, während die Mutter auf Nahrungssuche geht. Erst mit 4-6 Wochen beginnen sie, der Mutter zu folgen. Kühe werden mit 15.18 Monaten, Bullen mit 21-24 Monaten geschlechtsreif [4; 5; 8]. In ihrer afrikanischen Heimat haben die Großen Kudus neben dem Menschen und dem Löwen nur einen weiteren, winzigen Feind: eine Wespenart, die ihre Eier an die Hörner der Tiere legt. Von dort aus fressen sich die Larven zu dem Knochenkern der Hörner vor und lassen letztendlich die mächtigen Tiere zumeist jammervoll verenden [PM Zoo Berlin 03.11.2006]. Gefährdung und SchutzEtwa 15 % der Kudus kommen in Schutzgebieten vor und ca. 61 % auf Privatland. Auf beiden Gebieten nehmen die Bestände eher zu, weshalb diese Antilope aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 nicht als gefährdet eingestuft wird. Der Bestand an erwachsenen Tieren wurde auf 300'000 bis 350'000 geschätzt (Rote Liste: LEAST CONCERN) [3]. Der internationale Handel ist unter CITES nicht geregelt. Die Einfuhr lebender Tiere aus den Ursprungsländern ist aber wegen der restriktiven Veterinärbestimmungen der EU sehr schwierig oder so gut wie ausgeschlossen. Bedeutung für den MenschenGroße Kudus werden zur Fleischgewinnung bejagt und in Wildfarmen oder auf Viehfarmen gehalten, wo sie wegen ihrer unterschiedlichen Nahrungsansprüche - im Gegensatz zu Rindern und Schafen sind die Kudus keine Grasfresser - die Nutztiere nicht konkurrenzieren, sondern ergänzen. Das Gehörn der Bullen ist bei Trophäenjägern sehr beliebt. Der Kudu generiert von allen südafrikanischen Tierarten den höchsten Anteil (13.2%) an den Einnahmen aus der Jagd. Die "Trophy Fee" für einen Bullen liegt in Südafrika und Namibia bei 2'000 bis 3'500 USD, für Rekordgehörne mehr. Sehr viel kostspieliger ist die Kudujagd auf Wildfarmen in Texas, wo Abschüsse für 15'000-18'000 USD angeboten werden [3, Online-Inserate 2019]. Wie viele andere Tiere auch, sind Kudus empfänglich für das Tollwutvirus. In Namibia stellt dies ein größeres Problem das. Seit 1977 hat das Land zwei Seuchenzüge von Tollwut bei Kudu-Antilopen erlebt, von denen der zweite bis heute andauert. Diese Ausbrüche haben einen starken zyklischen Charakter. Die Tollwut ist für den Tod einer großen Anzahl von Tieren verantwortlich, was wiederum einen hohen finanziellen Verlust für Wildfarmen und die Jagd zur Folge hat. Deswegen laufen Versuche, die Seuche mittels einer oralen Vakzine zu bekämpfen [10]. HaltungGroße Kudus können ausgezeichnet springen. Bullen überwinden Zäune von 200 cm, Kühe von 180 cm. Sie lassen sich in geeigneten Gehegen mit vielen anderen Tierarten vergesellschaften, so z.B. mit Grévy-, Steppen- und Hartmannzebra, Giraffen, Elenantilope, Sitatunga, Rappen-, Säbel- und Weißnacken-Moorantilope, Wasserbock, Litschi, Streifengnus, Blessbock, Springbock, Impala, Thomsongazelle, Strauß, Marabu, Nilgans, Helmperlhuhn, Gänsegeier, Kronenkranichen und Hornraben. Bei der Gemeinschaftshaltung mit Elenantilopen kann es zu unerwünschten Bastardierungen kommen [2; 5]. Die von WEIGL angegebenen Höchstalter liegen zwischen 22 Jahren und 6 Monaten bzw. 23 Jahren und 5 Monaten für Südafrikanische Kudus [7]. Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in gegen 40 Zoos gehalten, von denen sich etwa ein Vierftel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Es gibt ein Europäisches Zuchtbuch (ESB), das am Erlebnis-Zoo Hannover geführt wurde. Dieses umfasste 2018 insgesamt 222 lebende Tiere in 38 Haltungen [9]. 2023 wurde das Zuchtbuch in ein vom ZOOM Gelsenkirchen koordiniertes Erhaltungszuchtprogramm ("New Style"-EEP) umgewandelt. Forschung im Zoo: Große Kudus sind gelegentlich Gegenstand von Forschungsarbeiten oder forschendem Lernen. So wurde z.B. im der ZOOM Erlebniswelt in Gelsenkirchen eine Diplomarbeit über die Raum-zeitliche Nutzung und soziale Beziehungen auf einer Gemeinschaftsanlage afrikanischer Großtiere verfasst [7]. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 400 m² zur Verfügung stehen, für jedes weitere Tier 30 m² zusätzlich. Stallfläche 5 m²/Tier. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Gehege vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 80 m² zur Basisflächen dazu. In der Stallung ist für jedes Tier 8 m² anzubieten. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) sind für 1-5 Tiere 800 m² erforderlich, für jedes weitere 80 m² mehr, ferner eine Stallfläche von 5 m²/Tier. Taxonomie und NomenklaturDer Große Kudu wurde 1766 vom Berliner Naturforscher Peter Simon PALLAS, den Katharina die Große als Professor nach Petersburg berufen hatte, als "Antilope strepsiceros" erstmals wissenschaftlich beschrieben und kam später in die 1816 von dem französischen Zoologen Henri Marie Ducrotay de BLAINVILLE mit dem Buschbock als Typusart geschaffene Gattung Tragelaphus. 1827 stellte Charles Hamilton SMITH für die beiden Kudu-Arten die Gattung Strepsiceros auf, die sich nicht allgemein durchsetzte, aber 2011 Eingang in die umstrittene neue Huftier-Taxonomie fand [1; 2; 3; 8]. Taxonomen erfinden heute deutlich mehr Tierarten, als aussterben. In den letzten Jahren wurden zahlreiche Taxa "revidiert", d.h. (meistens auf der Grundlage molekulargenetischer Untersuchungen) in mehrere Arten aufgeteilt. Dabei wurde anderen Aspekten, etwa ob es sich effektiv um vikariierende Unterarten einer Art handelt, die sich in einer Übergangszone vermischen, zumeist keine Beachtung geschenkt. Ein Paradebeispiel für diesen unsinnigen Trend ist der Große Kudu: Aufgrund der Beurteilung einiger Museumsexemplare kamen GROVES & GRUBB zum Schluss, dass es vier verschiedene Großkudu-Arten gäbe. Diese Meinung wurde prompt von WILSON & MITTERMEIER in das neue Handbuch der Säugetiere der Welt übernommen. Begründet wurde die Aufspaltung im Falle der beiden südlichsten "Arten" strepsiceros und zambeziensis mit einer Verbreitungslücke und damit, dass (ein!) Kudufell aus dem Ostkap dunkler zu sein schien als solche aus Namibia. Hätte Herr GRUBB aufgrund der Tatsache, dass es unter den Menschen in Südafrika solche mit hellerer und solche mit dunklerer Hautfarbe gibt, mehrere Menschenarten stipuliert, wäre er wahrscheinlich im Gefängnis gelandet. Ganz abgesehen davon: Wenn der Verfasser dieser Zeilen in die von WILSON & MITTERMEIER publizierten Verbreitungskarten die ihm bekannten Naturschutzgebiete, einträgt, in denen Kudus vorkommen, stellt man rasch fest, dass es mit der Verbreitungslücke nicht so weit her ist, wie die Taxonomen angeben [1; 8]. |
Literatur und Internetquellen
- GROVES, C.P. & GRUBB, P. (2011)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- IUCN SSC Antelope Specialist Group. (2016). Tragelaphus strepsiceros. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T22054A50196734. http://www.iucnredlist.org/details/22054/0 . Downloaded on 12 June 2018.
- MILLS, G & HES, L. (1999)
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- WALDER, S. (2007)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
- EAZA AGTAG (2019) Woodland Antelope Report
- HASSEL, R. (2019)
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