Chaco-Pekari (Catagonus wagneri) im Tierpark Berlin
© Klaus Rudloff, Berlin
Überordnung: LAURASIATHERiA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Nichtwiederkäuer (Nonruminantia) bzw. Schweineartige (Suina)
Familie: Nabelschweine, Pekaris (Tayassuidae)
Chaco-Pekari
Catagonus wagneri • The Chacoan Pecari or Tagua • Le pécari du Chaco
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Das Chaco-Pekari ist die größte, am stärksten gefährdete und auch in Zoos seltenste Art der Nabelschweine. In Nordamerika haben die Zoos eine Reservepopulation aufgebaut, von der dank dem Tierpark Berlin in Europa ein Ableger gegründet werden konnte. Körperbau und KörperfunktionenPekaris ähneln den Schweinen, weisen aber verschiedene anatomische Besonderheiten auf. So sind ihre Eckzähne dolchartig verlängert, jedoch nicht zu ausladenden Hauern ausgebildet. Auf dem Rücken haben sie eine große Drüse, aus der sie ein moschusartiges Sekret verspritzen können. Der Schwanz ist sehr kurz. Die Weibchen haben nur je ein Paar funktionsfähige abdominale und inguinale Zitzen [4; 8]. Mit einer Kopf-Rumpflänge von 90-117 cm, einer Schwanzlänge von 2-10 cm, einer Schulterhöhe von 52-69 cm und einem Gewicht von 30-40 kg ist das Chaco-Pekari der größte Vertreter der Nabelschweine. Keiler und Bachen sind gleich groß. Im Gegensatz zu den beiden anderen Arten ist nicht nur der 5, sondern auch der 1. Strahl des Hinterfußes zurückgebildet, d. h. beide Afterklauen fehlen. Der Kopf ist im Verhältnis zum Körper größer, die Ohren und Beine sind relativ länger und die Rückenmähne ist ausgeprägter als beim Halsbandpekari, ansonsten sind sich die beiden Arten ziemlich ähnlich [4; 5; 8]. VerbreitungSüdamerika: Nord-Argentinien (Provinzen Chaco, Formosa, Salta und Santiago del Estero), Südost-Bolivien (Departemente Chuquisaca, Santa Cruz und Tarija) und West-Paraguay (Chaco-Region) [1]. Lebensraum und LebensweiseLebensraum des Chaco-Pekaris ist, wie sein Name sagt, der Chaco seco. Die tagaktiven Tiere bevorzugen die trockensten Gegenden der Region mit xerophytischer Vegetation. In geringerer Dichte kommen sie auch in Savannen vor. Sie bilden kleine Gruppen von 2 bis 10 Individuen, werden aber auch einzeln angetroffen. Die Streifgebiete der Gruppen haben einen Umfang bis etwa 11 km². Sie fressen Pflanzenmaterial aller Art, einschließlich Kakteen, nehmen Aas und fangen vermutlich auch Kleintiere [1; 8]. Mit 2 Jahren, also später als bei den anderen Arten, bekommen Chaco-Pekari-Bachen erstmals Nachwuchs. Nach einer Tragzeit von im Mittel 151 Tagen werden einmal jährlich 1-4 Frischlinge geboren [8]. Gefährdung und SchutzDurch jagdliche Übernutzung und wegen Lebensraumverlust gingen die Bestände des Chaco-Pekaris massiv zurück. Die Verbreitung ist stark fragmentiert und der Gesamtbestand umfasst nur etwa 5'000 Tiere. Die Art wird deshalb seit 1994, letztmals überprüft 2011, als stark gefährdet eingestuft (Rote Liste: ENDANGERED) [1]. Der internationale Handel ist seit 1987 nach CITES-Anhang I eingeschränkt. Zoogestütztes Artenschutzprojekt:
Bedeutung für den MenschenChaco-Pekaris werden hauptsächlich zur Gewinnung von Fleisch für den Eigenbedarf oder lokale Märkte bejagt. Die Häute sind im Vergleich zu denen der beiden anderen Pekari-Arten von geringem Wert [1]. Von 1987-2017 wurden aus Paraguay bei der Ausfuhr nebst etwas Wissenschaftsmaterial lediglich 5 lebende Wildfänge ausgeführt. Weltweit wurden im internationalen Verkehr 24 Nachzuchttiere registriert, die in die USA gingen, und 10 weitere, die von den USA ausgeführt wurden [2]. Haltung1977/1978 gelangten die ersten Chaco-Pekaris in eine Haltung außerhalb ihrer Heimatländer, und zwar in den Zoo Berlin. 1996 erhielt dann der Zoo Phoenix (USA) Nachzuchttiere aus einer Zuchtstation in Paraguay, welche vom San Diego-Zoo und Lincoln Park-Zoo aufgebaut worden war. Im Rahmen eines Erhaltungszuchtprogramms des Amerikanischen Zoo- und Aquarienverbandes AZA konnte sich diese bedrohte Pekari-Art in amerikanischen Zoos gut etablieren. Im Frühjahr 2012 erfasste ISIS 55 Tiere in 14 Haltungen in Nordamerika. Wie bei anderen Pekaris ist eine Vergesellschaftung mit anderen Tierarten unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Im Zoo Leipzig und im Dierenpark Planckendael z.B. werden die Chaco-Pekaris zusammen mit Nasenbären gehalten. Das Höchstalter wird von WEIGL für ein im Zoo von Phoenix, Arizona, noch lebendes Tier mit 14 Jahren und 8 Monaten angegeben [7]. Haltung in europäischen Zoos: Um die Zucht weiter auszuweiten erhielt der Tierpark Berlin am 2. März 2012 als erster europäischer Zoo sieben Chaco-Pekaris aus den Zuchten von Los Angeles, Phoenix, San Diego und Sedgwick (PM Tierpark Berlin). 2013 kam es zur europäischen Erstzucht, was - zum Teil mit weiteren Importen - den Aufbau von Zuchtgruppen in anderen europäischen Zoos erlaubte. Bis 2016 gab der Tierpark Pekari-Gruppen an die Zoos von Planckendael, Breslau, Jihlava und Prag ab. Heute (2024) wird die Art in 12 Zoos gehalten. Für Details siehe Zootierliste. Für die in Europa gehaltenen Tiere wurde ein Erhaltungszuchtprogramm ("New Style"-EEP) eingerichtet, das vom Tierpark Berlin koordiniert wird. Forschung im Zoo: Naturgemäß gibt es Forschungsarbeiten zu Themen wie Molekulargenetik, Fortpflanzung, Immobilisation und anderen Veterinärbelangen überwiegend aus den USA, wo die meisten Tiere gehalten werden. Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten 2014 des BMEL gibt für bis zu 4 Chaco-Pekaris ein Außengehege von 100 m² und für jedes weitere Adulttier 10 m² vor, ferner ein Innengehege von mindestens 4 m² für 4 Tiere und für jedes weitere Tier 1 m² mehr. Das Innengehege müsse mit Wasser- und Schlammbecken ausgestattet sein. Letztere Vorgabe ist unsinnig. Die Anforderung an die Fläche hat weder eine wissenschaftliche Grundlage noch beruht sie auf praktischer Erfahrung. Pekaris pflegen nämlich dicht aneinander gedrängt zu ruhen, andererseits kann es bei Streitereien ohne ausreichende Ausweichmöglichkeiten rasch zu Verletzungen kommen. Die vorliegenden Vorgaben tragen diesen Umständen zu wenig Rechnung. Eine unterteilbare Grundfläche von 6 m² für bis zu 6 Tiere ist viel zweckdienlicher. Bis zu einer Gruppengröße von 10 Tieren ist diese Fläche nach Ansicht der Tierschutzsachverständigen der Zoos um 0.6 m², ab 11 Tieren noch um 0,3 m² für jedes weitere Tier zu erhöhen. Auch die Anforderung, dass eine Wurfbox von 2 m² vorgehalten werden müsse, macht keinen Sinn, denn wie bei allen Pekaris findet die schnell ablaufende Geburt in der Gruppe statt. In der Schweizerischen Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) wird für 4 Tiere ein Gehege von 80 m² und einen Stall von 3 m² vorgeschrieben. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche außen um 10 m² zu erweitern. Für das Innengehege fehlt eine entprechende Angabe. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) schreibt ein Außengehge von 100 m² für bis zu 5 Tieren vor und für jedes weitere 10 m² zusätzlich, ferner eine Stallfläche von 2 m² pro adultes Tier. Taxonomie und NomenklaturDas Chaco-Pekari war zwar schon 1930 aufgrund von fossilen und subfossilen Knochen von dem argentinischen Paläontologen Carlos RUSCONI als "Platygonus (Parachoerus) carlesi wagneri" beschrieben worden, aber man glaubte es ausgestorben, bis 1974 lebende Chaco-Pekaris entdeckt wurden. 1948 erhob es Rusconi unter dem Namen "Platygonus wagneri" in den Rang einer Art. Die heute gültige Gattungsbezeichnung gibt es bereits 1904 für die fossile Art Catagonus metropolitanus. Catagonus wagneri ist der einzige rezente Vertreter der Gattung [3; 6; 8]. |
Literatur und Internetquellen
- ALTRICHTER, M.et al. (2015). Catagonus wagneri. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T4015A72587993. http://www.iucnredlist.org/details/4015/0. Downloaded on 25 May 2018.
- CITES TRADE DATA BASE
- HONACKI, J.H., KINMAN, K.E. & KOEPPL, J.W. (1982)
- PARERA, A. (2002)
- MAYER, J. J. & WETZEL, R. M. (1986)
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- CHACO CENTER FOR CONSERVATION AND RESEARCH