Tüpfelhyäne (Crocuta crocuta) im Zoo Osnabrück
© SS, Osnabrück
Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Taxon ohne Rang: Landraubtiere (FISSIPEDIA)
Unterordnung: Katzenartige (Feliformia)
Familie: Hyänen (Hyaenidae)
Unterfamilie: Eigentliche Hyänen (Hyaeninae)
Tüpfelhyäne
Crocuta crocuta • The Spotted Hyena • La hyène tachetée
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Die Höhlenhyäne Europas
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
Weitere Bilder bei BioLib |
Wie andere als Aasfresser wahrgenommene Tierarten auch, haben Tüpfelhyänen bei der Bevölkerung einen schlechten Ruf, der ihrem wahren Wesen nicht gerecht wird. In jüngerer Zeit haben Forschungsarbeiten im Feld und im Zoo viele neue Erkenntnisse über die Art gebracht. Zoos zeigen die Tiere wieder vermehrt und tragen dazu bei, die äußerst interessante Art mit ihrem komplexen Sozialverhalten ins rechte Licht zu rücken. Körperbau und KörperfunktionenDie Tüpfelhyäne ist mit einer Schulterhöhe von rund 75-90 cm deutlich größer als Tiere der beiden Arten der Gattung Hyaena und haben einen kürzeren, weniger buschigen Schwanz. Die Kopf-Rumpflänge beträgt 125-160 cm, die Schwanzlänge 22-27 cm, das Gewicht 45-86 kg. Weibliche Tüpfelhyänen sind kräftiger und mit ca. 70 kg schwerer als die nur etwa 60 kg schweren Männchen. Der Kopf ist groß, die Kiefer sind kräftig und mit einem starken Brechscherengebiss mit 32-34 Zähnen ausgestattet. Die Kau- und Nackenmuskeln sind stark entwickelt. Die Ohren sind relativ kurz. Der Rumpf ist gedrungen. Die Vorderbeine sind länger als die hinteren, die Rückenlinie ist daher abschüssig. Alle Füße haben vier Zehen mit nicht-rückziehbaren Krallen. Es sind paarige Afterdrüsen mit Drüsentaschen vorhanden. Das raue, kurze Fell ist gelbgrau oder gelbbraun mit dunkelbraunen bis schwarzen Tupfen [4; 5; 6; 11]. Eine Besonderheit der Tüpfelhyäne ist das fast gleiche Aussehen der äußeren Geschlechtsorgane: Das Präputium der Männchen ist nicht in die Bauchwand integriert, sondern der Penis hängt frei. Die Weibchen haben einen aus den verlängerten und mit der großen Klitoris verwachsenen Schamlippen bestehenden, erigierbaren Scheinpenis, und paarige Schwellungen täuschen Hoden vor. Nur wenn man ganz aus der Nähe den Penis bzw. den Scheinpenis des Weibchens betrachtet, fällt der „kleine Unterschied“ auf. Eine sichere Geschlechtsbestimmung ist nur über einen Bluttest möglich [6; PM Tierpark Berlin vom 24.10.2013]. VerbreitungAfrika, in 38-40 Ländern südlich der Sahara: Angola, Äquatorialguinea, Äthiopien, Benin, Botswana, Burkina Faso, Burundi, Dschibuti, Elfenbeinküste, Eritrea, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Kamerun, Kenia, Kongo, Kongo Dem., Malawi, Mali, Mauretanien, Mosambik, Namibia, Niger, Nigeria, Ruanda, Sambia, Senegal, Sierra Leone, Simbabwe, Somalia, Südafrika, Südsudan, Sudan, Swasiland, Tansania, Tschad, Uganda, Zentralafrikanische Republik. Gelegentlich in Gabun. Vermutlich ausgerottet in Algerien und Togo [2]. Ursprünglich erstreckte sich die Verbreitung im Süden bis zum Kap der Guten Hoffnung. Martin Hinrich Carl LICHTENSTEIN, der erste Direktor des Berliner Zoologischen Gartens, der von 1802-1806 mehrmals Südafrika bereist hatte, stellte fest "Sie ist dort bei weitem das häufigste unter allen Raubthieren und findet sich selbst noch in den Schluchten des Tafelberges, sodaß die Pächtereien ganz in der Nähe der Kapstadt nicht selten von ihr beunruhigt werden." [4]. Lebensraum und LebensweiseDer Tüpfelhyäne besiedelt Halbwüsten, Steppen, Trockensavannen, Savannen, Trockenwälder und Buschland. Im Gebirge geht sie bis auf 4'100 m [2]. Anders als bei den meisten Säugetieren üblich sind bei der Tüpfelhyäne die Weibchen das dominante Geschlecht. Die Tiere leben in territorialen Familienclans von bis zu 80 Tieren mit einer komplizierten Sozialstruktur: Kern ist ein dominantes Weibchen mit seinen erwachsenen Töchtern. Hinzu kommen Jungtiere, die den sozialen Rang ihrer Mütter erben, sowie im Clan geborene und zugewanderte Rüden. Wird ein Weibchen läufig, wird es vom dominanten zugewanderte Rüden gedeckt [1]. Die Tüpfelhyäne galt lange Zeit als Aasfresser, doch ist sie in Wirklichkeit ein ausdauernder Jäger, der etwa 70% seiner Nahrung (u.a. Gazellen, Gnus und Zebras) selbst erbeutet [4]. Tüpfelhyänen haben keine feste Fortpflanzungszeit. Nach einer Trächtigkeit von 110-125 Tagen kommen 1-2 (1-4) weit entwickelte Junge zur Welt, die im Mittel 1'170 g wiegen. Ihre Zähne sind bei der Geburt bereits durchgebrochen, sie sind zwar noch blind, aber die Augen beginnen sich aber schon ab dem 1. Lebenstag zu öffnen. Am 2.-4 Tag unternehmen sie erste Gehversuche außerhalb des Baus und nehmen am 4. Tag die erste feste Kost zu sich. Bei Zwillings- oder Mehrlingswürfen fallen die Jungen mitunter schon wenige Stunden nach der Geburt über einander her und können sich gravierende Verletzungen zufügen [7]. Gefährdung und SchutzDie Tüpfelhyäne gilt seit 1996, letztmals überprüft 2014 nicht als gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN), obwohl die Bestände außerhalb von Nationalparks und Schutzgebieten in vielen Gebieten laufend abnehmen. Der Gesamtbestand wurde auf 27'000-47'000 geschätzt. Die größten Populationen leben im Serengeti-Masai Mara-Ökosystem und im Kruger-Nationalpark [2]. Der internationale Handel ist nicht unter CITES geregelt. Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):
Bedeutung für den MenschenDie Reputation der Tüpfelhyäne ist traditionell nicht die beste, entweder gilt sie als feige oder als blutrünstig. BREHM zitiert dazu den Afrikaforscher Eduard RÜPPELL wie folgt: "Die gefleckten Hiänen sind von Natur sehr feige, haben aber, wenn sie der Hunger quält, eine unglaubliche Kühnheit. Sie besuchen dann selbst zur Tageszeit die Häuser und schleppen kleine Kinder fort, wogegen sie jedoch nie einen erwachsenen Menschen angreifen. Oft wissen sie, wenn abends die Herde heimkehrt, eines der letzten Schafe derselben durch einen Sprung zu erhaschen, und meist gelingt es ihnen, trotz der Verfolgung der Hirten, ihre Beute fortzuschleppen." [4]. Bisweilen töten Tüpfelhyänen tatsächlich Nutztiere, was zu Konflikten mit der ländlichen Bevölkerung führt. Haare und Hautstücke von Tüpfelhyänen werden häufig als Talismane verwendet. In manchen Gebieten Tansanias werden die Tiere oder Körperteile zur Hexerei eingesetzt. In Äthiopien und Nigeria werden lebende Tiere zur Schaustellung gebraucht. [2]. HaltungIm Vergleich zu anderen feliformen Raubtiere werden Hyänen sehr alt. Im Zoo Berlin erreichte eine Tüpfelhyäne ein Alter von 41 Jahren und 1 Monat [8]. Wenn kälteisolierte Ruheplätze vorhanden sind, ertragen Tüpfelhyänen Temperaturen bis -20ºC [6]. Haltung in europäischen Zoos: Der Bestand hat in letzter Zeit zugenommen. Tüpfelhyänen werden gegenwärtig (2024) in gegen 55 Zoos gehalten, von denen sich ein Siebtel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Ab 1999 gab es ein Europäisches Zuchtbuch (ESP), das mittlerweile in ein "New Style"-EEP umgewandelt wurde, das vom Zoo Amersfoort koordiniert wird. Die erfolgreichste Zucht befindet sich im Zoo Leipzig. Wie Tüpfelhyänen gehalten werden (Beispiel): Forschung im Zoo: Hyänen sind immer wieder Gegenstand von Forschungsarbeiten im Zoo. Im Rahmen einer tiermedizinischen Dissertation aus dem Jahr 2000 wurden mehr als 200 wissenschaftliche Publikationen aus 14 Zoos gefunden [8]. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll ein Außengehege für bis zu 4 Tieren mindestens eine Fläche von 400 m² aufweisen. Für jedes weitere Tier ist die Fläche um 100 m² zu vergrößern. Es soll ein Badebecken vorhanden sein. Angaben zu Innengehege fehlen, abgesehen davon, dass bei Haltung mit Schutzhütte Einstreu erforderlich sei. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für 1-2 Tiere ein Außengehege mit einer Grundfläche von 200 m² vor, für jedes weitere Adulttier kommen 20 m² dazu. Pro Tier ist eine individuelle Schlafbox von 4 m² anzubieten. Es muss ein Abtrenngehege vorhanden sein. Bei Neuanlagen sind allfällige neue Erkenntnisse mitzuberücksichtigen. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) ist für 1-2 Tiere ein Außengehege von 300 m² erforderlich, für jedes weitere 10 m² zusätzlich. Pro Tier ist eine individuelle Schlafbox von 4 m² anzubieten. Es müssen Abtrennmöglichkeiten vorhanden sein. Die Höhlenhyäne EuropasEine noch größere Unterart als die heutigen Tüpfelhyänen, die Höhlenhyäne, Crocuta crocuta spelaea, die von manchen Autoren auch als eigenständige Art betrachtet wird, lebte während der Eiszeit in Europa, Asien und Nordamerika. Ihre hauptsächliche Beute waren Urwildpferde, aber sie war auch im Stande, Wollnashörner und Steppenwisente zu erbeuten. Die Höhlenhyäne nutzte Höhlen, die zeitweilig auch von Neandertalern bewohnt wurden. Zu den Fundorten zählen die Balverhöhle und die Bilsteinhöhle in Nordrhein-Westfalen, die Mammuthöhle Buchenhüll in Oberbayern, die Teufelshöhle bei Pottenstein in Franken, das Sibyllenloch, die Charlottenhöhle und die Aufhausener Höhle auf der Schwäbischen Alb und die Wildkirchlihöhle in der Schweiz [10]. Die Höhlenhyäne starb in Europa vor etwa 11'000 Jahren aus, als durch den Klimawandel bedingt die Grasländer durch dichten Wald ersetzt wurden, in dem die Hyäne dem Wolf unterlegen war. Die Tüpfelhyäne ist deshalb in Zusammenhang mit dem Klimawandel von zoopädagogischem Interesse [10]. Taxonomie und NomenklaturDie Tüpfelhyäne wurde 1777 von dem aus Quedlinburg stammenden Naturforscher Johann Christian Polycarp ERXLEBEN, dem Gründer des Tierärztlichen Instituts der Universität Göttingen, aufgrund eines Exemplars aus Senegambien unter dem Namen "Canis crocuta", also als Hund, beschrieben. Der Paläontologe und Zoologe Johann Jakob KAUP aus Darmstadt stellte sie 1828 in die neue Gattung Crocuta. Allerdings war dieser Name bereits seit 1800 durch eine Fliege besetzt, weshalb die Tüpfelhyäne in der Regel Hyaena crocuta genannt wurde. 1962 beschloss die Internationalen Nomenklaturkommission die Zuweisung des Namens an die Tüpfelhyäne. Die Fliegengattung heißt heute Siphona. Crocuta ist eine Gattung mit nur einer rezenten Art. Obwohl es eine erhebliche Variationsbreite hinsichtlich Größe, Färbung und Zeichnung gibt, werden keine Unterarten unterschieden [3; 4; 11]. |
Literatur und Internetquellen
- APPS, P. (1992)
- BOHM, T. & HÖNER, O.R. (2015). Crocuta crocuta. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T5674A45194782. http://www.iucnredlist.org/details/5674/0. Downloaded on 19 June 2018.
- BOTHMA, J. du P. & WALKER, C. (1999)
- BREHM, A. E. (1882-1887)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- MILLS, G & HES, L. (1999)
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- RUCH, P. (2000)
- WEIGL, R. (2005)
- Höhlenhyäne in WIKIPEDIA
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)