Ernährung

Äsende Gemse im Natur- und Tierpark Goldau
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Schimpansin Nanettli bei Tisch. Zoo Zürich um 1940. Foto Beringer & Pampaluchi

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Allesfresser-Menu für Bären © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Futtermeisterei im Zoo Basel, Futterfische aus nachhaltigem Fang © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Futtermeisterei im Zoo Basel, Futtermittelsilos © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Futtermeisterei im Zoo Krefeld, Haltung von Futterratten © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Futtermeisterei im Zoo Basel, Gemüselager © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Futtermeisterei im Zoo Krefeld, Insektenzucht © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Gepard im Zoo Landau mit einem Stück Zwergziege, Muskelfleisch, Sehnen, Fell und Knochen, aus dem benachbarten Streichelgehege © Peter Dollinger, Zoo Office

Nach Art der hauptsächlich genutzten Nahrung unterscheidet man zwischen Pflanzenfressern, Fleisch- und Fischfressern, Allesfressern und Parasiten oder Symbionten. Innerhalb jeder dieser Gruppen gibt es eine enorme Bandbreite unterschiedlicher artspezifischer Anforderungen. Zur Tierhaltung gehört eine auf die jeweilige Tierart abgestimmte Ernährung. Auf der Grundlage aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse erstellen die Zoos für die einzelnen Tierarten Futterpläne, die eine ausgewogene, vollwertige Ernährung sicherstellen. Neben den physiologischen Anforderungen, die jahreszeitlich und nach Alter der Tiere variieren können, tragen sie auch dem artspezifischen Verhalten Rechnung. Wo eine Ernährung mit den von den Tieren in der Wildbahn konsumierten Fuittermitteln nicht möglich ist (z.B. Ameisen und Termiten für Nebengelenk- und Schuppentiere), muss eine adäquate Ersatznahrung entwickelt werden [9].

Bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts war über die Ernährung von Zootieren recht wenig bekannt. Einerseits waren viele heute selbstverständliche Erkenntnisse hinsichtlich Ernährungt noch recht jung: Das erste Vitamin war erst 1909 entdeckt worden, und es dauerte bis 1936, bis erstmals ein Vitamin synthetisiert wurde. Erst 1953 wurde das Institut für Tierernährung Leipzig-Rostock in der damaligen DDR als später Nachfahre der 1879 gegründeten Königlichen landwirtschaftlichen Versuchsstation Möckern gegründet. An der Tierärztlichen Hochschule Hannover gab es ein selbständiges Institut für Tierernährung erst ab 1968, in Wien ab 1971.

Andererseits hatte man es mit Tierarten zu tun, über deren physiologischen Bedürfnisse und Ernährung im Freiland man wenig wusste. Futter-Rezepturen wurden daher empirisch und in Analogie zu Diäten verwandter Arten zusammengestellt. Der erste Gorilla auf deutschem Boden, den das Berliner Aquarium Unter den Linden 1876 für den damals riesigen Betrag von 20'000 Mark erworben hatte, wurde daher ähnlich wie ein Mensch ernährt. Sein Speiseplan beinhaltete Frankfurter Würstchen, Käse, Stullen und Weißbier. Dass Menschenaffen damals bei Tisch und mit Löffel essen mussten, kommt noch hinzu [9; 10].

Nicht vollwertige Ernährung führte dazu, dass viele Tierarten als nicht haltbar galten. Der erwähnte Berliner Gorilla erreichte z.B. nur ein Alter von 16 Monaten. Der erste Zoo, der versuchte, die Zootierernährung auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen, war jener von Philadelphia in den USA. Als Grund- oder Ergänzungsfutter dienten dort vorab standardisierte Futtermischungen in Pellet- oder Kuchenform. RATCLIFFE, der Leiter des Forschungsinstituts des Zoos gab 1956 eine zusammenfassende Veröffentlichung heraus, in der er die Vorzüge seiner wissenschaftlich fundierten Ernährung darstellte, was dazu führte, dass der Zoo Basel seinen damaligen wissenschaftlichen Assistenten und späteren Vizedirektor Hans WACKERNAGEL für anderthalb Jahre nach Phildalphia "in die Lehre" schickte. Zurück in der Schweiz reformierte WACKERNAGEL die Fütterung der Tiere im Zoo Basel, wobei er eng mit der Firma Hoffmann-La Roche zusammenarbeitete, die seit den 1930er Jahre führend in der Vitaminforschung war [5; 6; 7; 8].

Bis in die 1950er war das Gefieder von Zooflamingos weiß - ihre natürliche rosa- bis purpurrote Farbe verschwand in den Zoos binnen Monaten. WACKERNAGEL befasste sich nach seiner Rückkehr in die Schweiz intensiv mit den Basler Flamingos und verbesserte deren Fütterung und Haltung. 1956 ergänzte er die Flamingo-Diät mit Canthaxanthin, einem von der Firma Hoffman-La Roche synthetisierten Carotinoid, womit die Ära der weissen Flamingos der Vergangenheit angehörte. 1958 schlüpfte in Basel der erste (Chile-)Flamingo in einem europäischen Zoo. Im folgenden Jahr kam es zum Schlupf der weltweit ersten Rosaflamingos in einem Zoo. In der Folge entwickelte sich die Basler Flamingozucht zu einer echten Erfolgsgeschichte, indem jährlich bis zu 35 Rosa-Flamingoküken schlüpften [7; 8].

Die Einführung standardisierter Futtermittel, die auf das natürlichen Nahrungserwerbsverhalten der Tiere keine Rücksicht nahmen und kaum Beschäftigungsmöglichkeiten boten, führte in Europa alsbald zu einem Glaubenskrieg, wobei sich HEDIGER [3], der mit dem Zoo Basel ohnenhin noch eine Rechnung offen hatte, zum Wortführer der Traditionalisten machte. Heute hat sich die Situation diesbezüglich beruhigt. Man ist sich darin einig, dass die Aufbereitung und Art der Präsentation des Futters sich auf das Verhalten der Tiere, ihre Ernährung und Motivation auswirken und letztlich das Wohlergehen der Tiere beeinflussen kann [1], und man handelte nach dem Prinzip "das eine tun und das andere nicht lassen", d. h. sorgt durch allenfalls vorfabriziertes Futter dafür, dass die Tiere alle Nahrungskomponenten erhalten, die sie benötigen, verabreicht ihnen aber zusätzlich Beschäftigungsfutter.

Ein Argument der Traditionalisten war, dass die Nahrungsaufnahme für die Tiere eine lustvolle und abwechslungsreiche Tätigkeit sei. Bei dieser Argumentation, die heute noch von Tierschützern mit wenig Tierhaltungspraxis hochgehalten wird, hatten sie aber einen entscheidenden Punkt übersehen: Die meisten erwachsenen Tieren sind hinsichtlich ihrer Ernährungsgewohnheiten sehr konservativ und richten sich nach dem Motto "Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht". Es liegt ihnen also nichts daran, immer wieder neue, vor allem auch noch unbekannte Nahrungsmittel zu schmecken. Sie fressen am liebsten das, was sie in ihrer Jugendzeit als genießbar kennen gelernt haben [2].

Im deutschsprachigen Raum und anderen Regionen Europas hat sich vielfach die Praxis durchgesetzt, im Zoo aufgezogene Haus- und Wildtiere im Rahmen einer „Breed and Feed“-Strategie zur Fütterung von Fleischfressern zu verwenden. Gründe dafür sind das Wohlergehen der Futtertiere, das bei in Zoos gehaltenen Tieren wohl höher ist als bei Tieren aus konventioneller oder intensiver Tierhaltung, die nach Transport in einem Schlachthof getötet werden, das Ermöglichen von Fortpflanzung und damit verbundener Verhaltensweisen statt Unterdrückung der Fortpflanzung in Zoos, die Nachhaltigkeit durch Verringerung der Transporte, die Bildung des Publikums, indem „Tod“ nicht aus dem im Zoo dargestellten Lebenszyklus ausgeschlossen wird und die langfristige Erhaltung der Zootierpopulationen, für welche die Produktion eines gewissen „Überschusses“ erforderlich ist. Darüber hinaus wird angenommen, dass die Fütterung ganzer Tierkörper, einschließlich großer Kadaver, psychologische und physiologische Vorteile für die Fleischfresser mit sich bringt und auch ein didaktisches Element enthält. Diese Praxis ist im Falle der meisten Tierarten sowohl für Personal wie für die Besucher überwiegend akzeptabel, während sich die Medien mehrheitlich neutral verhalten [4].

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Futtermeisterei im Zoo Basel, Kühllager
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Literatur:

  1. DAVISON, J. et al. (2024)
  2. DITTRICH, L. (1977)
  3. HEDIGER, H. (1965)
  4. KLEINLUGTENBELT, C.L.M. et al. (2024)
  5. RATCLIFFE, H.L. (1940)
  6. RATCLIFFE, H. L. (1956)
  7. WACKERNAGEL, H. (1959)
  8. WACKERNAGEL, H. (1960)
  9. ZWIRNER Grundlagen der Tierernährung. In: DITTRICH, L. (2007) Zootierhaltung - Tiere in menschlicher Obhut: Grundlagen: 201-259. 9. korrigierte Auflage. Gebunden. 478 Seiten. Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main. ISBN 978-3-8171-1813-7.
  10. Diverse Internetquellen zur Historie.

PD - 09.01.2013; 05.10.2024