Südafrikanische Kuhantilope (Alcelaphus b. caama) im Zoo Pretoria
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Kuhantilopen (Alcelaphinae)
Kuhantilopen
Alcelaphus buselaphus (caama, lichtensteinii) • The Hartebeest • Le bubale
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Ergänzende Informationen zu den einzelnen Unterarten
- Literatur und Internetquellen
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Dieses Datenblatt ist in doppelter Hinsicht ein Nachruf: einerseits auf die Nordafrikanische Kuhantilope, die seit 1994 offiziell als ausgestorben gilt, andererseits auf die übrigen Kuhantilopen in europäischen Zoos, von denen ein einziges Exemplar bis zur Gegenwart (2019) überlebt hat Körperbau und KörperfunktionenDie einzelnen Unterarten, nach manchen Autoren Arten, der Kuhantilope sind hinsichtlich Körpergröße, Hornform und Fellfarbe recht heterogen. Mit einer Kopf-Rumpflänge von 160-250 cm, einer Schulterhöhe von 108-143 cm und einem Gewicht von rund 105-218 kg für die heute noch lebenden Formen sind sie recht groß. Für alle Formen typisch sind der langgestreckte Kopf, der nach hinten abfallende Rücken, die bei beiden Geschlechtern vorkommenden leierförmigen Hörner, die schlanken Beine und der relativ lange, in einer schwarzen Quaste endende Schwanz. Das Fell ist je nach Unterart hellgrau bis rotbraun, wobei es verschiedene Schattierungen und schwarze Partien aufweisen kann [1; 2; 9; 13]. VerbreitungAfrika : Ursprünglich offene Landschaften von der Mittelmeerküste bis ins Kapland. Heute: Angola, Äthiopien, Benin, Botswana, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Eritrea, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Kamerun, Kenia, Kongo Dem., Malawi, Mali, Mosambik, Namibia, Niger, Nigeria, Sambia, Senegal, Simbabwe, Südafrika, Südsudan, Sudan, Tansania, Togo, Tschad, Uganda, Zentralafrikanische Republik. Lebensraum und LebensweiseKuhantilopen bevorzugen Kurzgrassteppen, kommen aber auch mit hohem Gras und lockerem Trockenwald zurecht. Im südlichen Afrika besiedeln sie auch Fynbos, Renosterveld und wüstenhafte Gebiete wie Sukkulenten- und Nama-Karoo und die südwestliche Kalahari. Ihre Höhenverbreitung reicht vom Tiefland bis auf eine Höhe von um die 3'000 m in den Drakensbergen und 4'000 m am Mount Kenya. Sie sind selektive Grasäser, weichen während Trockenzeiten auf Laub aus und benötigen offenes Wasser um den Durst zu löschen, sind allerdings weniger wasserabhängig als Gnus und Leierantilopen. Wie bei anderen Alcelaphinen gibt es bei der Kuhantilope Weibchen- und Junggesellenverbände und territoriale Einzelbullen. Nach einer Tragzeit von etwa 235 (214-242) Tagen wird in der Regel einzelnes Kalb mit einem Geburtsgewicht von 4.8-13 kg gesetzt [7; 9; 10; 13]. Gefährdung und SchutzGemäß einer Beurteilung aus dem Jahr 2015 ist die Kuhantilope mit einem Gesamtbestand von etwa 360'000 Individuen als Art nicht gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN). Dies trifft aber nicht für alle Unterarten zu [7]. Der internationale Handel ist nicht durch CITES geregelt. Die Einfuhr lebender Tiere aus den Ursprungsländern ist wegen der restriktiven Veterinärbestimmungen der EU so gut wie ausgeschlossen. Bedeutung für den MenschenKuhantilopen werden für Phototourismus, Trophäen- oder Fleischjagd genutzt. Das Fleisch wird sehr geschätzt, was gebietsweise zu einem hohen Jagddruck führt. Gewöhnliche Südafrikanische Kuhantilopen erzielen auf südafrikanischen Wildauktionen Preise von umgerechnet etwa 450-550 €, im Extremfall über 5'000 €. "King Red Hartebeeste" von etwa 10'000 € und Lichtensteins Kuhantilopen von 8'700 € [7; Online-Inserate 2019]. HaltungDas Höchstalter wird von WEIGL mit knapp 23 Jahren für ein aus Namibia in den USA eineführtes weibliches Rooj Hartebeest angegeben [12]. Haltung in europäischen Zoos: Bis in die 1980er-Jahre wurden caama, cokii und lelwel in mehreren europäischen Zoos gehalten und auch gezüchtet. Danach nur noch die Südafrikanische Kuhantilope (caama ) im Zoo Hannover bis 2011. Nachdem das letzte Tier im Zoo Breslau 2024 im Alter von 16 Jahren eingegangen ist, ist die Gattung Alcelaphus aus europäischen Zoos ganz verschwunden. Für Details siehe Zootierliste. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 400 m² zur Verfügung stehen. Für jedes weitere Tier kommen 30 m² zur Basisfläche dazu. Zudem wird ein Stall von 4-5 m²/Tier vorgegeben. Die Stalltemperatur soll mindestens 10ºC betragen. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Gehege mit Trenn- oder Absperrmöglichkeit vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 80 m² zur Basisfläche dazu. Ferner ist ein Stall mit einer Fläche von 8 m²/Tier erforderlich. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) ist für 1-5 Tiere ein Außengehege von 800 m² erforderlich, für jedes weitere 80 m² mehr. Zudem ist ein beheizter Stall mit einem Mindestausmaß von 5 m² pro Tier mit einer Mindesttemperatur von 10°C vorgeschrieben. Die Haltung hat in Gruppen mit einem erwachsenen Männchen, mehreren Weibchen und deren Nachwuchs zu erfolgen. Taxonomie und NomenklaturDie Nordafrikanische Kuhantilope wurde 1766 vom Berliner Naturforscher Peter Simon PALLAS, den Katharina die Große als Professor nach Petersburg berufen hatte, als "Antilope buselaphus" erstmals wissenschaftlich beschrieben. 1767 beschrieb er noch "Antilope bubalis", die faktisch aber mit buselaphus identisch ist. Der heute gültige Gattungsname Alcelaphus wurde 1816 von dem französischen Zoologen Henri Marie Ducrotay de BLAINVILLE vergeben. Traditionell wurden alle Kuhantilopen der Gattung Alcelaphus in eine Art gestellt. WILSON & REEDER [13] machten drei Arten daraus (A. buselaphus, A. caama und A. lichtensteinii) und bei den Spezialisten im Erfinden neuer Arten der jüngsten Zeit stieg die Artenzahl auf acht [2; 14]. Die IUCN anerkennt dagegen nur eine Art mit acht Unterarten [7]. Ergänzende Informationen zu den einzelnen Unterarten(1) Nördliche Kuhantilope (A. b. buselaphus): Ausgestorben. Dies ist die einzige Kuhantilope, die in der Westpaläarktis vorkam [1]. Mit einer Schulterhöhe von 109-111 cm war sie die kleinste aller Kuhantilopen. Als Reaktion auf das kalte Klima des Atlasgebirges und der Vorsaharasteppen bildete sie ein deutliches Winterfell aus. Nach Aufzeichnungen von Dr. Ludwig Wunderlich, der ab 1888 Direktor des Kölner Zoos war, betrug die Tragzeit 239-240 Tage. Der Verlauf des Hornwachstums beim Jungtier ist durch Aufzeichnungen aus dem Dresdener Zoo bekannt. Als die Nördliche Kuhantilope noch einigermaßen häufig war, gelangten ziemlich regelmäßig Jungtiere in die nordafrikanischen Küstenstädte und von dort nach Europa. Der Zoo Berlin erhielt das erste Tier im Jahr 1847 als Geschenk des französisch-algerischen Generals JUSSUF an den preußischen König FRIEDRICH WILHELM IV. Der Transport erfolgte per Schiff von Algier nach Marseille, dann mit dem Pferdefuhrwerk bis Straßburg, von dort per Schiff nach Frankfurt am Main, danach wieder auf der Straße bis Eisenach und von dort mit der Bahn nach Berlin. Die gesamte Transportdauer betrug 138 Tage! Die letzte Nördliche Kuhantilope des Berliner Zoos starb 1907. Im 19. Jahrhundert hielten auch die Zoos von Dresden, Frankfurt und Köln Nördliche Kuhantilopen und die Tiere hatten in allen drei Zoos auch gezüchtet, erstmals im Juni 1860 im Zoo Frankfurt, in Dresden ab 1862. Die allerletzte Nördliche Kuhantilope in einem Zoo starb 1923 in der Ménagerie des Jardin des Plantes in Paris [11]. Mit dem Aufkommen moderner Feuerwaffen schwanden die wilden Bestände der ehemals weit verbreiteten Nördlichen Kuhantilope zusehends. Die letzten sicheren Beobachtungen wurden um 1950 in der Westsahara gemacht, angeblich wurden 1959 noch welche südlich von Ghadames in Westlibyen gesichtet. (2) Westliche Kuhantilope (A. b. major): Potenziell gefährdet. Benin, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Kamerun, Mali, Niger, Nigeria, Senegal, Togo, Tschad, Zentralafrikanische Republik. Ausgestorben in Gambia. Der abnehmende Bestand wurde 1999 auf 36'000 Individuen geschätzt, von denen die meisten in Schutzgebieten lebten [7]. (3) Lelwel (A. b. lelwel): Stark gefährdet. Äthiopien, Kongo Dem., Sudan, Südsudan, Tansania, Tschad, Uganda, Zentralafrikanische Republik; ausgestorben in Kenia. Der Lelwel war 1877 vom württembergischen Afrikaforscher Theodor von HEUGLIN wissenschaftlich beschrieben worden. Die Bestände des Lelwels wurden in den 1980er Jahren noch auf 285'000 Individuen geschätzt. Heute sind es weniger als 70'000. (4) Tora (A. b. tora ): Unmittelbar vom Aussterben bedroht. Äthiopien, Eritrea, Sudan. soll nach Roter Liste noch über einen Bestand von weniger als 250 Adulttieren verfügen, im Sudan vermutlich ausgerottet sein und noch in Eritrea und unzugänglichen Regionen Äthiopiens vorkommen. HECKEL et al.[5] fanden allerdings in West- und Nordwestäthiopien keine verlässlichen Informationen über noch existierende Tora-Bestände. Ob es heute überhaupt noch welche gibt, ist ungewiss. (5) Somali-Kuhantilope (A. b. swaynei): Stark gefährdet. Von einstmals wohl 100'000 dieser auch "Korkay" genannten Form, die es im nördlichen Somalia, in Dschibuti und in weiten Teilen Äthiopiens östlich des Rift Valley gab, sind jetzt bestenfalls noch 600 übrig, im Wesentlichen im Senkele Schutzgebiet, einige in drei weiteren Schutzgebieten in Äthiopien. In Somalia und Dschibuti ist diese Antilope ausgestorben [4]. (6) Kongoni (A. b. cokii): Nicht gefährdet. Kenia, Tansania. Das Kongoni hat einen guten Teil seines Areals verloren, sein Bestand ist aber noch gesichert, weil es in großen und touristisch stark frequentierten Schutzgebieten vorkommt (Serengeti, Tarangire, Mara, Tsavo). (7) Lichtenstein-Kuhantilope (A.b. lichtensteinii): Nicht gefährdet. Angola, Malawi, Mosambik, Sambia, Simbabwe, Tansania; ausgestorben in Burundi, angesiedelt im Kruger-Nationalpark Südafrikas. Das "Konzi" wird oft als eigene Art oder gar eigene Gattung (Sigmoceros) angesehenen. Es erreicht eine Schulterhöhe von 125 cm. Mit einem mittleren Gewicht von 177 kg bei den Bullen und 166 kg bei den Kühen wird es aber deutlich schwerer als das Rooj Hartebeest [9]. Das Konzi wurde 1849 vom späteren Berliner Zoodirektor Wilhelm Carl Hartwig PETERS wissenschaftlich beschrieben und zu Ehren seines Amtsvorgängers und Mitbegründers des Berliner Zoos, Martin LICHTENSTEIN benannt. Die vom Berliner Künstler Gustav MÜTZEL "nach dem Leben" gezeichneten Kuhantilopen sind allerdings keine lichtensteinii, wie bei KLÖS [8] angegeben, sondern Südafrikanische Kuhantilopen, kenntlich an Hornform, Gesichtsmaske und dunkler Schenkelzeichnung. (8) Südafrikanische Kuhantilope (A. b. caama): Nicht gefährdet. Angola, Botswana, Namibia, Südafrika; ausgestorben in Lesotho; eingeführt in Simbabwe und Swasiland. Die Bestände dieser lokal Khama oder Rooj Hartebeest genannten Form nehmen zu: Dank Schutzgebieten, Jagd- und Fototourismus kann sie auch ihre Verbreitung ausdehnen. Das Rooj Hartebeest ist mit 130 cm Stockmaß die größte Kuhantilopen-Form. Bullen werden im Mittel 150, Kühe 120 kg schwer, damit sind die Tiere nicht ganz so massig, wie jene der Lichtenstein-Kuhantilope. |
Literatur und Internetquellen
- GRIMMBERGER & RUDLOFF (2009)
- GROVES, C.P. & GRUBB, P. (2011)
- HAGENBECK, C. (1908)
- HECKEL, J.O. (1998)
- HECKEL, J.O., WILHELM, F., KAARIYE, H. Y. & GEBEYEHU, G. (2007)
- HECKEL, J.O. (2009)
- IUCN SSC Antelope Specialist Group (2016). Alcelaphus buselaphus. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T811A50181009. http://www.iucnredlist.org/details/811/0. Downloaded on 13 June 2018.
- KLÖS, H. G. (1969)
- MILLS, G & HES, L. (1999)
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- RAETHEL, H.-S. (1986)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)