Prärie-Bisonbulle (Bison b. bison) in Landwirtschaftlicher Bisonhaltung in der Schweiz
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Unterfamilie: Echte Rinder (Bovinae)
Tribus: Rinder i. e. S. (Bovini)
Bison
Bison bison • The American Bison or Buffalo • Le bison d'Amérique
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Der immer noch als potenziell gefährdet eingestufte Amerikanische Bison ist als "Indianerbüffel" ein äußerst populäres Tier und ist eines der Musterbeispiele dafür, wie Tierarten durch nicht-nachhaltige Nutzung beinahe ausgerottet wurden und in letzter Minute durch Mitwirkung der Zoos gerettet werden konnten. Er ist eine der wenigen nordamerikanischen Säugetierarten, die in europäischen Tierarten häufig gehalten werden. Körperbau und KörperfunktionenDer Bison ist das größte noch lebende Wildtier Nordamerikas. Bullen erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 304-380 cm, eine Schulterhöhe von 167-195 cm, eine Hornlänge bis 56 cm und ein Gewicht von 460-988(-1'100) kg. Der Geschlechtsdimorphismus ist sehr deutlich. Kühe werden nur 210-350 cm lang, 150-180 cm hoch und 360-554 kg schwer. Der Kopf der Bisons ist schwer und wird namentlich bei Präriebison tief getragen. Hinterhaupt und Halswirbel werden durch ungewöhnlich starke Nackenbänder mit den stark verlängerten Dornfortsätzen der Brustwirbel verbunden. Bedingt durch die Dornfortsätze ist der Widerrist insbesondere der Bullen hoch und die Rückenlinie fällt nach hinten ab. Die Hufe sind schmaler als beim europäischen Wisent und der Schwanz ist kürzer. Die Behaarung von Bison und Wisent ist auffallend verschieden. Der Kopf und Vorderhälfte des Körpers sind beim Bison bedeutend stärker behaart und die Vorderläufe sind zu jeder Jahreszeit stark behost. Die hintere Körperhälfte ist dagegen während des Sommers fast nackt. Es sind ein Stirnschopf, dessen Haare beim Präriebison-Bullen über 50 cm lang werden können, ein langer Kinnbart und eine Halsmähne vorhanden. Der 43-60 cm lange Schwanz ist bis auf eine Endquaste kurz behaart. Das Fell ist rotbraun, an Kopf, Mähne und Schulter ins Schwarze übergehend. Die Ohren sind schwarz. Die Bullen haben an der Penisvorhaut ein auffälliges Haarbüschel, die Kühe 2 Paar Zitzen [7; 8; 15]. Der bei uns weniger gut bekannte Waldbison unterscheidet sich vom Präriebison dadurch, dass er etwas größer ist, sein Kopf kleiner scheint, weil Scheitelmähne und Bart weniger entwickelt sind, der Unterschied zwischen der Felllänge des Vorderkörpers und jener des Hinterkörpers weniger ausgeprägt ist, die Unterarm-Manschetten schwächer ausgeprägt sind, der höchste Punkt des Rücken sich vor und nicht über den Vorderläufen befindet und die Hörner in der Regel das Scheitelhaar deutlich überragen [7; 8]. VerbreitungDie beiden Unterarten sind verbreitet in: Lebensraum und LebensweiseDer Präriebison ist ein Charaktertier der nordamerikanischen Grasländer, der Waldbison lebt in lockeren borealen Nadelwäldern. Früher gingen die Bisons im Felsengebirge bis auf eine Höhe von 3'200-3'900 m. ü. M., heute findet man sie noch bis auf 2'750 m. Präriebisons fressen im Sommer Gräser, Seggen und Kräuter, Waldbisons nehmen auch Blätter von Bäumen und Sträuchern, Zweige, Triebe und Baumrinde. Im Winter wird auf vertrocknetes Gras, Flechten und Moose ausgewichen. Die Tiere gehen einmal täglich zur Tränke [2; 15]. Bisons sind hauptsächlich tagaktiv. Sie bilden (im Yellowstone-Nationalpark) nach Geschlechtern getrennte Gruppen von 10-63 oder, vor allem während der Brunft, gemischte Herden bis zu 480 Tieren. Zur Erschließung neuer Nahrungsgründe unternehmen (bzw. unternahmen) sie Wanderungen, wobei sie sich zu größeren Herden - bis ins 18. Jahrhundert bis zu 4 Millionen Tiere - zusammenfanden. Vom Juli an zogen sie südwärts, mit Beginn des Frühjahrs kehrten sie in kleineren Trupps oder Herden wieder nach Norden zurück. Auf ihren Wanderungen traten sie sich »Büffelpfade« genannte Wege aus, von denen jeweils Hunderte nebeneinander über große Strecken geradeaus führten. Einzelne Individuen, namentlich ältere Stiere, schlossen sich jeweils dem Strom nicht an, sondern blieben ganzjährig in derselben Gegend. [7; 8; 9; 15; 20]. Die Brunft fällt auf Ende Juni-September. BREHM [20] berichtet dazu Folgendes: "Die Brunst währt ungefähr einen Monat lang; Stiere aber, welche ihren Trieb nicht befriedigen können, bleiben noch wochenlang nach der eigentlichen Brunstzeit wüthend und bösartig. Ein unausstehlicher Moschusgeruch erfüllt die Luft, macht sie auch dem Jäger schon von weitem kenntlich und durchdringt das Wildpret in einem Grade, daß es, für Europäer wenigstens, vollkommen ungenießbar wird. Die heftige Erregung bringt das Thier außerdem sehr vom Leibe; es vergißt, sich zu äsen, magert ab, entkräftet schließlich und bleibt hinter den eigentlichen Herden zurück." Abgekalbt wird Mitte April-Mai, beim Waldbison etwas später. Nach einer Tragzeit von 274 (254-295) Tagen kommt in der Regel ein einzelnes, ocker- bis rotbraun gefärbtes Kalb mit einem Gewicht von ca. 25-30 kg zur Welt. Die Kälber stehen bereits nach 10 Minuten und gehen nach einer halben Stunde ans Euter. Sie werden bis zum 7-8. Monat gesäugt, bisweilen länger. Innerhalb der Herden bilden sie Kindergärten. Die Färsen werden mit 2 Jahren geschlechtsreif [8; 12; 15]. Gefährdung und SchutzDie Art wird aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 als potenziell gefährdet eingestuft, weil sie nach wie vor von Schutzprogrammen abhängig ist und es nur einige wenige freilebende und langfristig lebensfähige Populationen gibt (Rote Liste: NEAR THREATENED) [2]. Der internationale Handel wird durch CITES nicht geregelt, nachdem der Waldbison mit Wirkung auf den 3. Januar 2017 aus Anhang II gestrichen wurde. Historische Entwicklung: Vor der Landnahme durch die Europäer war der Bison von Nordmexiko bis nach Alaska verbreitet und hatte einen geschätzten Gesamtbestand von 60 Millionen Tieren. Durch den Bau der transkontinentalen Eisenbahnlinie wurde die Population in eine nördliche und eine südliche Herde gespalten. Durch nicht nachhaltige Jagd brachen die Bestände ein. Um 1895 waren schätzungsweise nur noch 800 Bisons übrig. 1905 konstituierte sich im Löwenhaus des New Yorker Bronx Zoos unter Leitung von William T. HORNADAY, dem damaligen Zoodirektor, die „American Bison Society“ mit dem Ziel, die Art zu retten. Es wurden Tiere zusammengekauft und gezüchtet, und Nachzuchttiere wurden in Schutzgebieten in Oklahoma und Süddakota ausgewildert [9]. Für die nördliche Unterart, den Waldbison, erließen die kanadischen Behörden 1893 ein Jagdverbot und errichteten 1922 den Wood Buffalo Park in Alberta und Mackenzie, mit einer Fläche, die leicht über jener der Schweiz liegt (44'800 qkm). Allerdings wurden in den Jahren 1925-28 insgesamt 6'673 Präriebisons aus dem aufgelösten Buffalo Park in Wainwright (Alberta) in den Wood Buffalo Park umgesiedelt, wo sie sich mit den Waldbisons vermischten, sodass man die Unterart bereits ausgestorben glaubte. Glücklicherweise wurde 1957 noch eine reinblütige, von den übrigen Tieren durch Sümpfe getrennte Herde entdeckt, womit letztlich beide Unterarten erhalten werden konnten [3; 10]. Heute leben wieder rund 19'000 Präriebisons in 54 „conservation herds“, also Herden die von Behörden oder Nichtregierungsorganisationen im Interesse der Arterhaltung bewirtschaftet werden, und 11'000 Waldbisons in 11 „conservation herds“. Etwa die Hälfte dieser Tiere lebt in nicht-eingezäunten Flächen innerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets der jeweiligen Unterart. Nur fünf Herden des Präriebisons und drei Herden des Waldbisons umfassen mehr als 1'000 Individuen [2]. Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):
Bedeutung für den MenschenDer Bison hatte für die Prärieindianer Nordamerikas eine herausragende kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung. Im Zuge der Erschließung des amerikanischen Westens wurde ab etwa 1820 damit begonnen, die Bisons planmäßig auszurotten, um den Indianern die Lebensgrundlage zu entziehen. Genutzt wurden namentlich die Häute und Zungen [7; 9]. Heute gibt es rund eine halbe Million Tiere in landwirtschaftlichen Haltungen, die hauptsächlich zur Fleischgewinnung gehalten werden. In diesem Zusammenhang wurden Bisons auch mit Hausrindern gekreuzt, wodurch sogenannte "Cattalos" entstanden. Die erste Hybridgeneration (F1) zeichnet sich allerdings durch reduzierte Fruchtbarkeit und Lebenskraft aus, insbesondere sind die Bullen steril [5]. HaltungEine Gemeinschaftshaltung mit anderen Arten ist möglich und wird gelegentlich praktiziert, so z.B. mit Präriehund, Schwarzbär, Weißrüsselbär, Halsbandpekari, Lama, Wapiti, Elch, Kanadagans oder Wildtrute. Das von WEIGL angegebenen Höchstalter im Zoo liegt bei über 33 Jahren und 6 Monaten, erreicht von einem in amerikanischen Zoos gehaltenen Bullen [14]. Haltung in europäischen Zoos: Der Präriebüffel ist in Europa weit verbreitet. Er wird in über 100 Zoos, Tier- und Wildparks sowie in zahlreichen Landwirtschaftsbetrieben - in der Schweiz rund ein, in Deutschland zwei Dutzend - gehalten. Vom Waldbison gibt es dagegen nur rund 15 öffentliche Haltungen Etwa 30 Prärie- und 9 Waldbisonhaltungen befinden sich im deutschsprachigen Raum. Für Details siehe Zootierliste. Wie Bisons gehalten werden (Beispiel):
Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tiere ein Gehege von 400 m², für jedes weitere Tier 30 m² mehr, sowie eine einfache Schutzhütte vorhanden sein. Das Gutachten gibt ferner vor, dass bei Extensivhaltung die jedem erwachsenen Bison zur Verfügung stehende Fläche auf 5’000 m² auszulegen ist. Demgegenüber halten CYPZIRSCH et al. [6] fest, dass Bisons sehr gute Futterverwerter sind und 4'000 m² Weidefläche ausreichend sein können, um die Tiere während des Sommers zu ernähren und zusätzlich Winterfutter zu werben. Steht kein natürlicher Witterungsschutz, wie Einzelbäume, Hecken, Wald, zur Verfügung, müssen die Flächen in Stall oder Unterstand größer sein als bei anderen Rindern. Empfohlen werden 15 m²/Tier. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Gehege mit natürlichen oder künstlichen Unterständen, die allen Tieren gleichzeitig Platz bieten vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 80 m² zur Basisflächen dazu. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) sind für 1-5 Tiere 800 m² erforderlich, für jedes weitere 80 m² mehr, ferner ein geeigneter Unterstand zum Schutz gegen Witterungsverhältnisse, wie Regen, Schnee, Wind, Sonneneinstrahlung und Hitze. Die Tiere sind paarweise, in Familiengruppen oder Herden zu halten. Taxonomie und NomenklaturDer Bison wurde 1758 von Carl von LINNÉ als Bos bison erstmals wissenschaftlich beschrieben. Der englische Oberstleutnant Charles Hamilton SMITH, ein wissenschaftlicher Illustrator und autodidaktischer Naturforscher, führte 1827 die Gattungsbezeichnung Bison ein. Diese wird heute noch allgemein verwendet (z. B. in der Roten Liste der IUCN), obwohl in der jüngsten Taxonomie die Bisons wieder in die Gattung Bos eingegliedert wurde, womit Bison noch den Status einer Untergattung hätte. Es werden meistens zwei Unterarten differenziert: die Nominatform B. b. bison im Süden und B. b. athabascae im Norden des Artareals [2; 7; 8; 15]. |
Literatur und Internetquellen
- ABDEL-GAWAD, E. (2007)
- AUNE, K. et al. (2017). Bison bison. The IUCN Red List of Threatened Species 2017: e.T2815A45156541. http://www.iucnredlist.org/details/2815/0. Downloaded on 26 May 2018.
- BRIDGES, W. (1968)
- BUNDESVERBAND FÜR LANDWIRTSCHAFTLICHE WILDHALTUNG
- CORMACK GATES,C., FREESE, C. H., GOGAN,P. J. P. & KOTZMAN, M. (eds., 2010)
- CYPZIRSCH, K. & SCHNEIDER, C, (2010)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- HECK, H. (1968)
- HORNADAY, W. T. (1889)
- KIRK, G. K. (1968)
- KULISCH, M. (2013)
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- SAMBRAUS, H. H. & SPANNL-FLOR, M.(2004)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- WOLF, H. (1995)
- WILDLIFE CONSERVATION SOCIETY (2013): American Bison Society News
- MINNESOTA ZOO (2022): Restoring Bison
- WILKINS, K., PEJCHAR, L. & GARVOILLE, R. (2019)
- BREHM, A. E. (1882-1887)