Glattrandgelenkschildkröte (Kinixys belliana) im Zoo Leipzig
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Ordnung: Schildkröten (TESTUDINATA)
Unterordnung: Halsbergerschildkröten (CRYPTODIRA)
Familie: Landschildkröten (Testudinidae)
Glattrand-Gelenkschildkröte
Kinixys belliana (s.l.) • The Bell's Hinge-back Tortoise • La tortue de Bell
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Die Glattrand-Gelenkschildkröte ist besonders gut an das Leben in trockenen Landschaften angepasst. Wegen ihrer Fähigkeit zur Wasserspeicherung und der Fähigkeit, zur Feindvermeidung den Panzer zu verschließen, ist sie von besonderem zoopädagogischem Interesse. Körperbau und KörperfunktionenErwachsene Gelenkschildkröten werden bis zu 21-22 cm lang. Sie haben im hinteren Teil des Carapax, zwischen dem 7. und 8. Randschild, ein Scharnier, mittels dem sie die hintere Panzeröffnung verschließen und so Schwanz und Hinterbeine schützen können [5; 6]. Es ist ein Nuchalschild vorhanden, das Supracaudalschild ist in der Regel nicht geteilt, auf jeder Seite befinden sich 11 Marginalschilder [1]. Der Rückenpanzer ist olivbraun bis graubraun mit von den Mittelfeldern der Seitenschilder abgehenden radiären, dunkeln Bänder. Der Bauchpanzer hat kein Gelenk. Er ist dunkler mit unregelmäßiger, hellerer Zeichnung. Die Vorderfüße tragen 5, die Hinterfüße 4 sehr starke Krallen [3; 4]. VerbreitungAfrika, südlich der Sahara, sowie Madagaskar, wo die heute als eigene Art taxierte zombensis angesiedelt wurde. Je nach Quelle variieren die Verbreitungsangaben für die Art und ihre Unterarten bzw. die von ihr abespalteten Arten beträchtlich. Für Kinixys belliana sensu stricto werden Angola, Äthiopien, Burundi, Eritrea, Kenia, Ruanda, Somalia, Südsudan, Sudan, Uganda und die Zentralafrikanische Republik angegeben [8]. Lebensraum und LebensweiseDie Glattrand-Gelenkschildkröte kommt in den unterschiedlichsten Lebensräumen vor: Wald-Savannen-Übergangszone, Savanne, Trockenwald, Grasland, Küstenebenen und Trockenbusch. Nebst Pflanzenmaterial aller Art frisst sie auch Wirbellose und verpflegt sich an tot aufgefundenen Amphibien und Kleinsäugern. Ihrem Schutz dient, dass sie in Höhlen, Felspalten, hohen Baumstämmen etc. übernachten [5; 6]. Für die Trockenzeit, die in manchen Teilen ihres Areals monatelang anhält, speichern die Gelenkschildkröten Wasser in ihrem Körper. Als Reservoire dienen ihre Analsäcke, die in gefülltem Zustand den größten Teil der Bauchhöhle einnehmen [8]. Die Weibchen der Glattrand-Gelenkschildkröte werden bedeutend größer als die Männchen. Dies ist mit ein Grund dafür, daß die Paarungsaufforderung des Männchens, wenn sie auch der bei anderen Testudiniden weitgehend gleicht, mehr werbende als kämpferische Züge trägt: Sie beginnt mit Kopfnicken, mit geruchlicher Prüfung des Weibchens, setzt sich fort mit relativ sanften Stößen des Gulare, bis das Männchen schließlich aufreitet. Für eine erfolgreiche Paarung ist es dann wichtig, daß sich das Weibchen auf den Hinterbeinen hochstemmt und die hintere Öffnung des Panzers mittels des gattungsspezifischen Gelenkes im Carapax weit öffnet. Das weibliche Tier kann also niemals überwältigt werden, eine zwangsweise Begattung ist nicht möglich. Die Gelege umfassen 1-5 längliche Eier. Die frisch geschlüpften Jungen sind zwischen 35 und 47 mm lang und wiegen 13-20 g [7]. Gefährdung und SchutzKinixys belliana als solche wird nicht in der Roten Liste der IUCN geführt. Es ist wenig darüber bekannt, ob und in welchen Ländern diese Gelenkschildkröte gefährdet ist. Sie wird aber in einigen Gegenden zur Nahrung und für den Heimtierhandel gefangen. Die beiden 2012 als eigene Arten abgetrennten südafrikanischen Formen lobatsiana und natalensis werden seit 2018 als gefährdet (VULNERABLE) eingestuft [9; 10]. Der Internationale Handel ist nach CITES Anhang II geregelt. Bedeutung für den MenschenGebietsweise werden Gelenkschildkröte von der lokalen Bevölkerung für Ernährungszwecke gefangen [3]. Der internationale Handel ist nicht sehr bedeutend. Jährlich kommen einige Tausend Wildfänge auf den Markt, wobei die Menge in den letzten Jahren abgenommen hat. Wichtigstes Ausfuhrland ist Togo mit rund 2'000 Exemplaren pro Jahr während der Dekade 2006-2015 [2]. HaltungHaltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund zwei Dutzend Institutionen gehalten, wovon sich etwa ein Viertel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Im Rahmen der European Studbook Foundation gibt es ein Zuchtbuch, das überwiegend private Halter erfasst. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Reptiliengutachten 1997 des BMELF soll ein Terrarium für eine Kleingruppe mindestens 8x so lang und 4x so breit sein wie die Carapaxlänge und es soll eine Wasserschale vorhanden sein. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 Tiere ein Gehege vor, welches das 8x4-fache der Carapaxlänge misst. Für jedes weitere Tier kommt das 2x2-fache der Carapaxlänge dazu. Bei Unverträglichkeit müssen die Tiere einzeln gehalten werden. In der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist die Art nicht erwähnt. Taxonomie und NomenklaturDie Art wurde 1831 von dem britischen Zoologen John Edward GRAY beschrieben. Traditionell wurde die Gattung der Gelenkschildkröten in drei Arten aufgeteilt. Heute sind deren acht anerkannt, von denen vier in der Roten Liste aufgeführt sind. Bei belliana wurden früher meist nur zwei Unterarten unterschieden: Die ost-/südostafrikanische Kinixys belliana belliana, die an den Vorderfüßen fünf Krallen hat und die west-/zentralafrikanische Kinixys belliana nogueyi mit vier Krallen. Mittlerweile wird nogueyi als eigene Art angesehen und es wurden lobatsiana, natalensis, spekii und zombensis von belliana abgetrennt [8; 9; 11]. Es ist bisweilen nicht klar, zu welcher Form in Europa gehaltene Tiere gehören. |
Literatur und Internetquellen
- CITES IDENTIFICATION MANUAL
- CITES TRADE DATA BASE
- LUISELLI, L. & DIAGNE, T. (2009)
- NIETZKE, G. (1969)
- PATTERSON, R. & BANNISTER, A. (1988)
- ROGNER, M. (2008)
- SACHSSE, W. (1980)
- THE REPTILE DATA BASE
- HOFMEYR, M.D. & BOYCOTT, R.C. (2018). Kinixys natalensis. The IUCN Red List of Threatened Species 2018: e.T11004A115685642. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2018-2.RLTS.T11004A115685642.en . Accessed on 01 August 2023.
- HOFMEYR, M.D. & BOYCOTT, R.C. (2018). Kinixys lobatsiana. The IUCN Red List of Threatened Species 2018: e.T163454A115654759. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2018-2.RLTS.T163454A115654759.en. Accessed on 01 August 2023.
- TURTLE TAXONOMY WORKING GROUP (2014-21)