Zwergotter

Zwergotter (Aonyx (Amblonyx) cinereus) im Wildpark Schwarze Berge, Rosengarten-Vahrendorf
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Taxon ohne Rang: Landraubtiere (FISSIPEDIA)
Unterordnung: Hundeartige (Caniformia)
Familie: Marderverwandte (Mustelidae)
Unterfamilie Otter (Lutrinae)

D VU 650

Zwerg- oder Kurzkrallenotter

Aonyx cinereus • The Asian Small-clawed Otter • La loutre cendrée

112 004 021 002 aonyx cinerea tonis PD1Zwergotter (Aonyx cinereus) in Tonis Zoo, Rothenburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

112 004 021 002 aonyx cinereus mapApproximative Verbreitung des Zwergotters (Aonyx cinereus)

112 004 021 002 aonyx cinerea reutemühle PD1Zwergotter (Aonyx cinereus) im Bodensee-Zoo Reutemühle, Überlingen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

112 004 021 002 aonyx cinerea bremerhvn PD1Zwergotterfähe (Aonyx cinereus) mit Welpen im Zoo am Meer, Bremerhaven © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

112 004 021 002 aonyx cinerea tonis PD2Zwergotter (Aonyx cinereus) in Tonis Zoo, Rothenburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

112 004 021 002 aonyx cinerea DA PD1Zwergotter (Aonyx cinereus) im Zoo-Vivarium Darmstadt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

112 004 021 002 aonyx cinerea DA PD3Zwergotter (Aonyx cinereus) im Zoo-Vivarium Darmstadt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

112 004 021 002 aonyx cinerea VIE nPotenskyZwergotter (Aonyx cinereus) im Tiergarten Schönbrunn © Norbert Potenskyi / TG Schönbrunn (Pressefoto)

112 004 021 002 aonyx cinerea riesa PD1Zwergotter (Aonyx cinereus) im Tierpark Riesa © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

112 004 021 002 aonyx cinerea MH PD1Zwergotter (Aonyx cinereus) im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen im Elsass © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

112 004 021 002 aonyx cinerea OS hannaRickertOS1Zwergotter (Aonyx cinereus) im Zoo Osnabrück © Hanna Rickert, Zoo Osnabrück

112 004 021 002 zwergotter berlin zooZwergotter (Aonyx cinereus) im Zoo Berlin © Zoo Berlin (Pressefoto)

112 004 021 002 zwergotter osnabr PMZwergotterwelpen (Aonyx cinereus) im Zoo Osnabrück © Zoo Osnabrück (Pressefoto)

112 004 021 002 zwergotter osnabrZwergotter (Aonyx cinereus) im Zoo Osnabrück © Zoo Osnabrück (Pressefoto)

 

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Der im Freiland gefährdete Zwergotter ist mit seinem dem LORENZ'schen Kindchenschema entsprechenden Kopf und seiner lebhaften Art ein äußerst populäres Zootier, das sich bestens als Botschafter für Tier- und Artenschutzprojekte in den zunehmend bedrohten Lebensräumen seiner Heimatländer eignet. Er ist denn auch die mit Abstand am häufigsten gehaltene Otterart.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Zwergotter ist der deutlich kleinste Vertreter der Lutrinae. Er erreicht eine Kopf-Rumpflänge von 36-44(-64) cm, eine Schwanzlänge von 22-27(-35) cm und ein Gewicht von 2-4 kg.

Der Kopf ist rundlich und eher klein, mit kurzer Schauzenpartie und vergleichsweise großen Augen. Der Körper ist langgestreckt und kräftig, die Beine sind kurz, der Schwanz ist lang und dorso-vetral abgeplattet.

An jedem Fuß befinden sich 5 Zehen, die rudimentäre Krallen tragen und durch kurze Schwimmhäute miteinander verbunde sind. Die 3. und 4. Zehe sind deutlich länger als die übrigen.

Von der unteren Gesichtshälfte bis zur Vorderbrust ist die Fellfärbung silbergrau, ansonsten braun. Die Fähen haben 2 Paar Zitzen [7; 9; 13].

Verbreitung

Süd- und Südostasien: Bangladesch, Bhutan, Brunei, China, Indien, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Nepal, Philippinen, Singapur, Taiwan, Thailand, Viet Nam. In Hongkong ausgestorben [13].

Lebensraum und Lebensweise

Der Zwergotter besiedelt kleinere Fließ- und Stillgewässer und deren Umgebung, Reisfelder, Mangrovenwälder sowie Brack- und Süßwassersümpfe. Im Gebirge geht er bis auf eine Höhe von 2'000 m.

Er ist überwiegend tag- und dämmerungsaktiv und lebt in Familiengruppen von 4-12(-15) Individuen, die auch zusammen auf Nahrungssuche gehen.

Die Tiere ernähren sich vorab von Krabben und anderen Krebstieren, Schnecken und Muscheln, Insekten, Fröschen und kleineren Fischen, gelegentlich auch von Kleinnagern und Schlangen [7; 12; 13].

Zwergotter bilden monogame Paare, die ihre Jungen gemeinsam großziehen. Es gibt keine feste Paarungszeit. Nach einer Tragzeit von jeweils rund 60 (-86) Tagen kann die Fähe in einem mit Pflanzenmaterial ausgekleideten Bau bis zu 2 Würfen pro Jahr bringen. Ein Wurf umfasst meist 4 (1-7) etwa 50 g schwere Welpen. Diese haben ein kurzes, silbergraues Fell, sind bei der Geburt blind, öffnen ihre Augen erst mit rund 35 Tagen, und lernen ab der 7. Lebenswoche schwimmen. Fähen pflanzen sich mit 2.1, Rüden mit 2.8 Jahren erfolgreich fort, im Zoo kann dies schon früher der Fall sein [7; 13].

Gefährdung und Schutz

In den letzten Jahrzehnten hat das Areal des Zwergotters drastisch abgenommen. Die Art gilt daher aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2008, letztmals überprüft 2015, als gefährdet (Rote Liste: VULNERABLE) [13].

Der internationale Handel war nach CITES-Anhang II geregelt und ist ab dem 26.11.2019 nach CITES-Anhang I eingeschränkt.

Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):

  • Die französische Association Anoulak engagiert sich im Schutz des 3'500 km² großen Nakai-Nam Theun-Nationalparks in Laos. Seit 2019 erforscht sie gemeinsam mit der thailändischen Thonburi-Universität das Vorkommen und die Verbreitung der drei dort vorkommenden Otterarten. Anoulak wird von rund 15, hauptsächlich europäischen Zoos, vom französischen Zooverband und von der ZGAP unterstützt. mehr ...

Bedeutung für den Menschen

Zwergotter werden sehr zahm und werden deshalb in Asien, aber auch in anderen Kontinenten, häufig als Heimtiere gehalten. In den indischen Western Ghats werden sie wegen ihres Fells bejagt. Sie spielen eine wichtige Rolle beim Reisanbau und der Mangroven-Forstwirtschaft, weil sie Krebse kurz halten, welche die Setzlinge zerstören und durch Graben die Deiche beschädigen. Andererseits können sie sich dadurch unbeliebt machen, dass sie in Reisfeldern, Fischteichen und Krabbenfarmen größere Schäden anrichten, indem sie Fische, Frösche und Garnelen fressen [1].

Von 2001-2017 wurden nur 15 Wildfänge von ihren Ursprungsländern zur Ausfuhr genehmigt. In derselben Periode wurden weltweit etwa 650 Nachzuchttiere international gehandelt, am meisten aus Tschechien (137) und den Niederlanden (90) [2].

Haltung

Eine Umfrage aus dem Jahr 2007 in 86 Zoos ergab, dass die Hälfte der Zoos die Zwergotter in Gruppen von 7-21 Individuen hielt, was in etwa den Verhältnissen im Freiland entspricht. Die Gehegedimensionen bewegten sich von 5.2 m² bis 464 m², wobei die Otter in den größeren Gehegen zusammen mit anderen Tierarten gehalten wurden [4].

In der ZOOM-Erlebniswelt Gelsenkirchen werden Zwergotter gemeinsam mit Orangutans und Hulmans gehalten. Die wesentlich kleineren Otter verbringen ihre aktive Zeit hauptsächlich auf der Gemeinschaftsanlage und ziehen sich nur zum Schlafen zurück. Sie scheinen keine Angst vor den Affen zu haben und werden nicht von ihnen belästigt [1].

Im Zoo Basel wurden die Zwergotter mit den Panzernashörnern und Chinesischen Muntjaks vergesellschaftet. Sie fürchten sich nicht vor den großen Pflanzenfressern, sondern benützen, wenn sie baden, die Nashörner als schwimmende Inseln. Der Heidelberger Zoo hält Zwergotter gemeinsam mit Binturongs, der Kölner Zoo mit Gibbons.

Seit 1990 gibt ein Internationales Zuchtbuch (ISB), das vom New Forest Wildlife Park geführt wird und im Dezember 2015 insgesamt 1'461 lebende Tiere in 315 Institutionen umfasste [IZY 52].

Zwergotter können im Zoo ein  Alter von 23 Jahren erreichen [11].

Haltung in europäischen Zoos: Die in Europa gehaltenen Tiere gehen auf rund 70 Wildfänge zurück, die bis 1999, und zwei weitere, die 2004 importiert worden waren [14].
 Die Art wird in rund 270 Zoos gehalten, von denen sich gut ein Fünftel im deutschsprachigen Raum befinden.  Für Details siehe Zootierliste.

Es gibt weder ein Zuchtbuch noch ein Erhaltungszuchtprogramm für den Zwergotter.

Wie Zwergotter gehalten werden (Beispiele):

  • Panzernashornanlage im Zoo Basel
  • Südostasiatischer Regenwald im Kölner Zoo
  • ZoORANGerie im Allwetterzoo Münster
  • Orang-Utan-Haus im Tierpark Hagenbeck - siehe ZOOLEX Gallery

Forschung im Zoo: Zwergotter sind beliebte Studienobjekte für Forschungsarbeiten. Dabei kann es um Grundlagenforschung gehen, etwa zur Anatomie, Ontogenese, Physiologie oder Ethologie, aber auch um die Prüfung und gegebenenfalls Optimierung der Haltungsbedingungen und somit zur Erhöhung des Tierwohls, wie etwa zur Gruppenzusammensetzung, Umweltanreicherung, Neugestaltung von Anlagen, Fütterung oder Krankheitsgeschehen und tierärztliche Maßnahmen [1; 3; 5; 8; 10].

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL sollen für ein Paar ein Außengehege mit einer Landfläche von 20 m², einer Wasserfläche von 10 m²und einem Wasservolumen von 5 m³ und ein Innengehege von 6 m² vorhanden sein. Für jedes weitere erwachsene Tier sollen Land- und Stallfläche um je 2 m², die Wasserfläche um 1 m² erweitert werden.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.02.2024) schreibt für 1-2 Zwergotter ein Außengehege mit einer Landfläche von 20 m², einer Wasserfläche von 10 m² und einer Tiefe von 0.5 m und ein Innengehege von 6 m² vor. Für jedes weitere erwachsene Tier ist das Außengehege um je 3 m², das Innengehege um je 2 m², die Wasserfläche um 2 m² zu erweitern.

Nach  der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) sind für ein Paar ein Außen- und ein auf 15ºC temperiertes Innengehege mit einer Land- und Wasserfläche von je 10 m², einer Raumhöhe von 2 m²  und einer Wassertiefe von 0.5 m erforderlich. Dass die Wasserfläche 50% der Gesamtfläche ausmachen soll, widerspricht sämtlichen Haltungsempfehlungen und die Festlegung einer Raumhöhe ist überflüssig.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Zwergotter wurde 1815 von dem in Berlin tätigen Zoologen Johann Karl Wilhelm ILLIGER als "Lutra cinerea" beschrieben. 1832 stellte ihn der in Marseille aufgewachsene, hauptsächlich in den USA tätige Universalgelehrte Constantine Samuel RAFINESQUE in eine neue Gattung Amblonyx. 1951 kam er in die von dem französischen Arzt und Naturforscher René Primevère LESSON 1827 für den Afrikanischen Fingerotter aufgestellte Gattung Aonyx, und Amblonyx wurde als Subgenus behandelt. Relativ spät fiel auf, dass "ἀὀνυξ", der Krallenlose, ein Maskulinum ist, weshalb die Art bis vor Kurzem als "Aonyx cinerea" bezeichnet wurde. Jetzt heißt er offiziell Aonyx cinereus, man findet aber beide Schreibweisen. 

Gegenwärtig werden 3 Unterarten anerkannt [6; 12; 13]:

  • Südostasiatischer Zwergotter (Aonyx c. cinereus) - Süd-/Südost-China, Hinterindien, Indonesien
  • Südhimalaya-Zwergotter (A. c. concolor) - Bhutan, Nordost-Indien, Nord-Myanmar, Nepal, Südwest-China
  • Südindischer Zwergotter (A. c. nirnai) - Südwest-Indien

112 004 021 002 aonyx cinerea DA PD2Zwergotter (Aonyx cinereus) im Zoo-Vivarium Darmstadt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Literatur und Internetquellen

  1. BUCKEN, S. (2012)
  2. CITES TRADE DATA BASE
  3. DORNBUSCH, T. (2008)
  4. DORNBUSCH, T. & GREVEN, H. (2009)
  5. GÜNTHER-WEIGL, A. (2009)
  6. HONACKI, J.H., KINMAN, K.E. & KOEPPL, J.W. (1982)
  7. HUSSAIN, S.A., GUPTA, S.K. & DE SILVA, P.K. (2011)
  8. PURGAND, T. (2012)
  9. SMITH, A. T. & XIE, Y. (Hrsg., 2008)
  10. STAVENHAGEN, P. (2014)
  11. WEIGL, R. (2005)
  12. WILSON, D. E. & MITTERMEIER, R.A. eds. (2009-2019)
  13. WRIGHT, L. et al. (2015). Aonyx cinereus. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T44166A21939068. http://www.iucnredlist.org/details/44166/0. Downloaded on 22 June 2018.
  14. PALMER, J. (2017) EAZA Species monitoring for Asian Short Clawed Otter (Aonyx cinereus). PPT.