Berberaffe

Berberaffe (Macaca sylvanus) im Vogelpark Steinen
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Affen (Simiae / Haplorrhini)
Teilordnung: Eigentliche Affen (Simiiformes)
Überfamilie: Altwelt- oder  Schmalnasenaffen  (Catarrhini)
Familie: Meerkatzenverwandte (Cercopithecidae)
Unterfamilie: Backentaschenaffen (Cercopithecinae)
Tribus Pavianartige (Papionini)

D EN 650

EEPBerberaffe, Magot

Macaca sylvanus • The Barbary Ape • Le magot

106 008 003 012 macaca sylvanus edinburgh PD1Berberaffe (Macaca sylvanus) im Edinburgh Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

106 008 003 012 macaca sylvanus mapApproximative Verbreitung des Berberaffen (Macaca sylvanus)

 

FAGAL fagaceae fagus sylvatica salem PD2Berberaffe (Macaca sylvanus) im Bunchenwald (Fagus sylvatica) des Affenbergs Salem, Mendlishausen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

106 008 003 012 macaca sylvanus VIE dZupancBerberaffen (Macaca sylvanus) im Tiergarten Schönbrunn © Daniel Zupanc / TG Schönbrunn (Pressefoto)

 

106 008 003 012 macaca sylvanus edinburgh PD2Berberaffe (Macaca sylvanus) im Edinburgh Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

106 008 003 012 macaca sylvanus kintzheim PD1Berberaffe (Macaca sylvanus) in begehbarem Gehege in der Montagne des Singes, Kintzheim © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

106 008 003 012 macaca sylvanus kintzheim PD2Berberaffe (Macaca sylvanus) in begehbarem Gehege in der Montagne des Singes, Kintzheim © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

106 008 003 012 Macaca sylvanus KR BerlinBerberäffin (Macaca sylvanus)mit Jungtier im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

106 008 003 012 macaca sylvanus steinen PD1Berberaffe (Macaca sylvanus) in begehbarem Gehege im Vogelpark Steinen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

106 008 003 012 macaca sylvanus steinen PD3Berberäffin (Macaca sylvanus) mit Jungtier in begehbarem Gehege im Vogelpark Steinen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

106 008 003 012 macaca sylvanus hodenhagen PD1Berberäffin (Macaca sylvanus) mit Jungem und Halbwüchsigem im Serengetipark Hodenhagen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

106 008 003 012 macaca sylvanus Nuernbg HMBerberaffe (Macaca sylvanus) im Tiergarten Nürnberg frisst Gänseblümchen © Helmut Mägdefrau, TG Nürnberg

 

106 008 003 012 macaca sylvanus TPBerlin PDBerberaffen (Macaca sylvanus) im Tierpark Berlin © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

106 008 003 012 macaca sylvanus PD NuernbergBerberaffe (Macaca sylvanus) im Tiergarten Nürnberg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

106 008 003 012 macaca sylvanus salem PD1Gesäßschwielen bei männlichem Berberaffen (Macaca sylvanus) im Affenberg Salem, Mendlishausen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Der in seiner Heimat stark gefährdete Berberaffe ist als einzige Affenart der westlichen Paläarktis von zoopädagogischem Interesse und hat seinen Platz auch in "Europa-Zoos". Da er sich mit Gebirgshuftieren vergesellschaften lässt und in für die Besucher begehbaren Gehegen gehalten werden kann, ist er auch für das allgemeine Zoopublikum attraktiv und lässt sich so gut als Botschafter für Natur- und Artenschutz im Mittelmeerraum einsetzen. Dementsprechend wird er in sehr vielen Zoos gehalten.

Körperbau und Körperfunktionen

Die Kopf-Rumpflänge des Berberaffen reicht von etwa 50-75 cm, die Schulterhöhe beträgt bis etwa 50 cm. Es besteht ein Geschlechtsdimorphismus, indem erwachsene Weibchen etwas kleiner und mit 5-9 kg deutlich leichter sind als die 8-14.5 kg schweren Männchen. Alte Männchen weisen zudem stark entwickelte Augenwülste auf.

Die Tiere sind ziemlich schlank, wirken aber durch das dichte Fell und das Fehlen des Schwanzes gedrungener. Die nackte Gesichtshaut ist rosa, das Fell oberseits hell- bis mittelbraun, unterseits grauweiß [2; 5; 9].

Verbreitung

Westlicher Mittelmeerraum: Algerien, Marokko und Gibraltar. Der Berberaffe oder Magot ist die einzige Makakenart, die den afrikanischen Kontinent bewohnt, nämlich das nordafrikanische Atlasgebirge. Die Vorfahren der heute auf dem Felsen von Gibraltar lebenden Affen wurden durch den Menschen eingeführt [3].

Ansiedlung in Deutschland: 1763 importierte Graf Martin Ernst von SCHLIEFFEN ein Rudel Berberaffen und ließ sie in den Waldungen seines Guts Windhausen bei Kassel frei. Die Tiere akklimatisierten sich gut, gediehen vortrefflich und machten sich bei der lokalen Bevölkerung durch Raubzüge nicht eben beliebt, bis sie 1784 durch einen Hund mit Tollwut angesteckt wurden und alle abgeschossen werden mussten. Noch heute besteht ein Grab mit Gedenkstein für 60 dieser Affen im Waldpark von Windhausen [1; 5].

Lebensraum und Lebensweise

Der Berberaffe bewohnt vorzugsweise hoch gelegene Zedernwälder, kommt aber auch in Eichenwäldern, Küstenvegetation und felsigem Gelände vor. Die Höhenverbreitung reicht vom Meeresspiegel bis auf 3'300 m. Die Tiere sind winterhart und halten in der oft monatelang verschneiten Umgebung des Atlasgebirges durch.

Sie leben in Gruppen von 12-25 (-88) Tieren beiderlei Geschlechts und nutzen Streifgebiete von mehreren Quadratkilometern, die sich aber bis zu 80% mit denen benachbarter Gruppen überlappen [1; 5; 9].

 Die Fortpflanzung der Berberaffen ist saisonal. Nach einer Tragzeit von rund 165 Tagen gebären die Weibchen erstmals im Alter von 4-6 Jahren ein einzelnes Junges. Dieses wird nicht nur von der Mutter, sondern auch von anderen Gruppenmitgliedern betreut. Die Geburtsintervalle betragen meist ein Jahr. Jungtiere der Berberaffen haben im Gegensatz zu ihren Eltern eine schwarze Fellfarbe. Sie sehen nicht nur niedlich aus, sondern erfüllen auch eine besondere Aufgabe im Sozialgefüge. Bei Rangstreitigkeiten unter erwachsenen Männern werden sie als Schlichter eingesetzt [1; 5, 9].

Gefährdung und Schutz

Nachdem festgestellt wurde, dass die Bestände des Berberaffen über drei Generationen (24 Jahre) um mehr als 50% abgenommen hatten, wurde die bislang als gefährdet betrachtete Art 2008 in die Kategorie stark gefährdet hochgestuft (Rote Liste: ENDANGERED) [3].

Der internationale Handel war nach CITES-Anhang II geregelt und ist seit dem 3. Januar 2017 nach Anhang I eingeschränkt.

Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):

  • Der elsässiche Affenpark "La Montagne des Singes" und seine Schwesterinstitutionen wilderten 1980 und 86 zur Bestandstützung insgesamt  591 Berberaffen im Mittleren Atlas Marokkos aus. Daneben führten sie Informationskampagnen über die Affen durch und unterstützten Forschungsprojekte. Zoos in Deutschland und Frankreich stellten 382 Tiere für Wiederansiedlungsprojekte in Marokko zur Verfügung [6].

  • Seit 2015 unterstützt der Tiergarten Schönbrunn das Artenschutzprojekt „Barbary Macaque Awareness and Conservation“ (BMAC) in Marokko und finanziert das Gehalt eines Pädagogen, der Dorfschulen besucht, um die Kinder über die Berberaffen aufzuklären. Diese Organisation wird von rund einem Dutzend weiterer Zoos gefördert [7]. Das Projekt wird auch gefördert durch den NaturZoo Rheine und weitere Tiergörten wie Beauval oder Helsinki.

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Berberaffen werden - oder wurden zumindest - als Schädlinge an landwirtschaftlichen Kulturen und Atlaszedern-Pflanzungen verfolgt. Es besteht ein illegaler Handel für den lokalen Heimtiermarkt [3].

Von 1977-2017 exportierten Algerien und Marokko nebst etwas Wissenschaftsmaterial lediglich 46 lebende Wildfänge. Im selben Zeitraum wurden weltweit Exporte von 637 Nachzuchttieren erfasst. Wichtigste Ausfuhrländer waren Deutschland mit 237 und Frankreich mit 206 Tieren [4].

Kulturelle Bedeutung: Es gibt zwar fossile Nachweise, dass Berberaffen früher auch in Europa vorkamen, die heute auf dem Felsen von Gibraltar lebenden Affen stammen aber von der nordafrikanischen Population ab. Möglicherweise haben bereits die Phönizier, Karthager oder Römer Affen in Gibraltar eingeführt. Vermutlich wurden welche von den Engländern 1740 für jagdliche Zwecke eingeführt. Eine offizielle Einfuhr erfolgte 1856, wonach die Affen unter Schutz gestellt wurden. Die Legende geht, dass Gibraltar so lange britisch bleibt, als dort Berberaffen leben. Als im Jahr 1943 der Bestand auf nur noch vier Tiere geschrumpft war, ordnete Winston Churchill daher an, das eine neue Gruppe in Marokko gefangen und auf dem Peñon freigelassen werden sollte. Offensichtlich half dies, denn der Union Jack weht immer noch über dem Fels von Gibraltar [1; 5].

Heute umfasst der Bestand etwa 200 Tiere, die zum Teil so an den Menschen gewöhnt sind, dass sie Leute belästigen und in Häuser eindringen, um dort Lebensmittel zu stehlen. Im April 2008 wurde deshalb beschlossen, 25 Affen abzuschießen und den Bestand bei 200 Tieren zu stabilisieren [3].

Haltung

Magots wurden früher im Serengetipark Hodenhagen mit Hulmans, Kapuzinern und Grünmeerkatzen in einem für die Besucher begehbaren Gehege gehalten [11]. Ebenfalls in Hodenhagen sowie in Apeldoorn wurden sie mit Mähnenschafen, in Nürnberg mit Gorillas und im Vogelpark Steinen mit Pfauen vergesellschaftet. Auch eher unpassende Gemeinschaftshaltungen mit Husarenaffen, Zwergottern und Siamamngs haben funktioniert [11]. Es ist zu beachten, dass die Affen Schälschäden an Bäumen verursachen können und dass eine Naturverhüngung des Baumbestands meistens nur eingeschränkt möglich ist.

WEIGL gibt als bekanntes Höchstalter 29 Jahre und 1 Monat an, erreicht von einem im Chessington Zoo geborenen und danach im Tierpark Ueckermünde gehaltenen Weibchen [9].

Haltung in europäischen Zoos: Berberaffen werden in rund 150 Zoos gehalten, von denen sich über ein Drittel  im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Ab 2009 gab es ein Europäisches Zuchtbuch (ESB), das in ein Erhaltungszuchtprogramm (EEP) umgwandelt wurde, das seit 2020 vom Zoo Bacelona koordiniert wird.

Wie Berberaffen gehalten werden (Beispiel):

In Deutschland wurde 1974 die erste begehbare Anlage für Berberaffen eröffnet, der Affenwald im Naturzoo Rheine. Vorbild war die "Montagne des Singes", die der Baron von Turckheim 1969 oberhalb Kintzheim im Elsass eröffnet hatte und wo auf 24 ha über 200 Berberaffen leben. Mittlerweile gibt es im deutschsprachigen Raum weitere Anlagen dieser Art, so z.B.  im ZooPark Erfurt, im Tierpark Neumünster, im Affenberg Salem, im Vogelpark Steinen oder im Tierpark Ueckermünde.

Forschung im Zoo: Berberaffen sind Gegenstand zahlreicher Forschungsarbeiten, hauptsächlich zu Fragestellungen in den Bereichen Ethologie und Fortpflanzung [12; 13; 14; 15; 16; 17; 18].

Das Meiste, was wir über das Sozialverhalten der Art wissen gründet auf Forschungsarbeiten, die in Zoologischen Einrichtungen gemacht wurden. Viele dieser Arbeiten wurden während der vergangenen vier Jahrzehnte in großflächigen Affenparks, manche aber auch unter konventionellen Zooverhältnissen. So wurde z.B. im Opel-Zoo Kronberg eine Studie über das Verhalten der Tiere und dessen Beeinflussung durch die Besucher durchgeführt [2].

Mindestanforderungen an Gehege: Im Säugetiergutachten 2014 des BMEL wird für die Haltung von bis zu 5 erwachsenen Berberaffen mindestens 2 Außengehege von 33 m² bei 3 m Höhe gefordert, zwischen denen die Tiere frei wechseln können, und für jedes zusätzliche Adulttier 6 m² Fläche mehr. Dies ist eine Erhöhung des Raumangebots auf über das Doppelte gegenüber dem Gutachten’96, die wissenschaftlich nicht begründet ist.

Die Tierschutzsachverständigen der Zoos hielten eine Erhöhung des Platzangebots ebenfalls für angebracht schlugen aber im Differenzprotokoll vor, dass für 5 Tiere ein Außengehege von 30 m² bei 3 m Höhe angeboten werden sollte und dazu Abtrenngehege, das aber kleiner dimensioniert sein kann. Wie auch im Gutachten gefordert, sollen Schattenplätze sowie Sitzplätze vorhanden sein, auf denen die Tiere Schutz vor Wind, Niederschlägen und Kälte finden können.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für 5 Berberaffen ein Außengehege mit einer Grundfläche von 15 m² bei 3 m Höhe und für jedes weitere Tier jeweils 3 m² Fläche zusätzlich vor. Ferner muss eine isolierte Schutzhütte vorhanden sein.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen und es ist für 5 Adulttiere ein Außengehege mit einer Grundfläche von 100 m²  bei 3 m Höhe erforderlich, das über geeignete Unterstände gegen Witterungsverhältnisse, wie Regen, Schnee, Wind, Sonneneinstrahlung und Hitze verfügt, die von allen Tieren gleichzeitig wahlweise aufgesucht werden können. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 10  m² zu erweitern.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Berberaffe wurde bereits in der Historia animalium des Zürcher Stadtarztes Conrad GESSNER von 1551 (deutsche Übersetzung 1563) abgebildet und beschrieben. Wie GESSNER feststellte, sei er "an ausserlicher gstalt dem menschen etwas gleich" und fände man ihn "hauffen weyß" im "künigreych Marocho und Feus". Zur Ernährung weiß Gessner: "Nusß und ops / als öpffel ist jr angenäme speyß / wo aber die schal und scheleten etwas bitter an sölichem ops / so werffen sy es hinweg: leüß und ander wůst auff dem haupt und an kleideren / klauben sy fleyssig ab und fressen dieselbigen ... Sy trinckend auch weyn und übersauffend sich dermassen daß sy also voll leychtlich gefangen werden" [19]. Erstmals wissenschaftlich benannt wurde er 1758 von Carl von LINNÉ als "Simia sylvanus". 1799 wurde er von dem französischen Naturforscher Bernard Germain LACÉPÈDE als Typusart in die Gattung Macaca überführt. Es gibt keine Unterarten [3; 10].

106 008 003 012 macaca sylvanus kintzheim PD3Berberaffe (Macaca sylvanus) in begehbarem Gehege in der Montagne des Singes, Kintzheim © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Literatur und Internetquellen

  1. BERGER, G. & TYLINEK, E. (1984)
  2. BÜSCHING, O. (2014)
  3. BUTYNSKI, T.M., et al. (2008). Macaca sylvanus. The IUCN Red List of Threatened Species 2008: e.T12561A3359140. http://www.iucnredlist.org/details/12561/0. Downloaded on 16 May 2018.
  4. CITES TRADE DATA BASE
  5. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  6. LA MONTAGNE DES SINGES
  7. TIERGARTEN SCHÖNBRUNN
  8. WEIGL, R. (2005)
  9. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  10. ZIEGLER, T. (2002)
  11. KRAAIJ, E. & TER MAAT, P. (2011)
  12. AMICI, F., WIDDIG, A., VON FERSEN, L., LOPEZ CAICOXA, A. & BONAVENTURA, M. (2021)
  13. BISSONNETTE, A., DE VRIES, H. & VAN SCHAYK, C. P. (2009)
  14. MERZ, E. (1978)
  15. PAUL, A. & KUESTER, J. (1996)
  16. PAUL, A., KUESTER, J. & ARNEMANN, J. (1996)
  17. PAUL, A. & THOMMEN, D. (1984)
  18. WIDDIG, A., STREICH, W. J. & TEMBROCK, G. (2000)
  19. GESSNER, C., FORRER, K. & HEROLD, J. (1563)