Hauskaninchen

Geschecktes Zwergkaninchen (Oryctolagus cuniculus f. dom.) im Zoo Landau
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Taxon ohne Rang: Nagetiere und Hasen (GLIRES)
Ordnung: Hasentiere (LAGOMORPHA)
Familie: Hasenartige (Leporidae)

D NB 650

Hauskaninchen

Oryctolagus cuniculus f. domestica • The Domestic Rabbit • Le lapin domestique

109 002 004 001 oryctolagus cuniculus sable des voges hunawihrSable des Vosges - Sandfarbenes Vogesenkaninchen (Oryctolagus cuniculus f. dom.) im NaturOparC, Hunawihr im Elsass© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

109 002 004 001a oryctolagus dom nordhorn fFrielingDeutsches Riesenscheckenkaninchen (Oryctolagus cuniculus f. dom.) im Tierpark Nordhorn © Franz Frieling, TP Nordhorn

109 002 004 001 oryctolagus cuniculus rhoen TPB KR1Rhönkaninchen (Oryctolagus cuniculus f. dom.) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

109 002 004 001 oryctolagus cuniculus schweizerschecke BRN PD3Schweizer Scheckenkaninchen (Oryctolagus cuniculus f. dom.) im Tierpark Dählhölzli, Bern © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

109 002 004 001 oryctolagus cuniculus 3farbenschneckenrex TonisZoo PD1Dreifarbenschecken-Rexkaninchen (Oryctolagus cuniculus f. dom.) in Tonis Zoo, Rothenburg LU © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

109 002 004 001 oryctolagus cuniculus loewenkopf lelkendf KR1Löwenkopfkaninchen (Oryctolagus cuniculus f. dom.) im Haustierpark Lelkendorf © Klaus Rudloff, Berlin

109 002 004 001 oryctolagus cuniculus zwerg HH LutzSchnierWildfarbenes Zwergkanichen (Oryctolagus cuniculus f. dom.) in Hagenbecks Tierpark, Hamburg © Lutz Schnier / Tierpark Hagenbeck

109 002 004 001 oryctolagus cuniculus schwarzloh hamm PD1Kaninchenhaltung (Schwarzloh) im Tierpark Hamm © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

109 002 004 001 oryctolagus cuniculus dom sababurg PD1Kaninchen-Mix Kontaktgehege im Tierpark Sababurg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

109 002 004 001a oryctolagus dom NKN PDHelles Großsilberkaninchen (Oryctolagus cuniculus f. dom.) in Kontaktgehege im Zoo Neunkirchen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

109 002 004 001 oryctolagus cuniculus allg illerbeuren PD1Historischer Kaninchenstall im Schwäbischen Bauernhofmuseum, Illerbeuren © Peter Dollinger Zoo Office Bern

109 002 004 001 oryctolagus cuniculus batterie mech PDImmer noch werden in einzelnen zoologischen Einrichtungen Kaninchen in relativ engen Käfigen gehalten, wie sie in der Hobby- und kleinbäuerlichen Haltung üblich sind © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

109 002 004 001 oryctolagus cuniculus konv stall limb PD1Konventioneller Kaninchenstall in ostdeutschem Tierpark © Peter Dollinger Zoo Office Bern

109 002 004 001 oryctolagus cuniculus konv stall limb PD1Kaninchenstall im Tiergarten Neustrelitz © Peter Dollinger Zoo Office Bern

109 002 004 001 oryctolagus cuniculus blindham PDNaturnahe Haltung von wildfarbenen Zwergkaninchen (Oryctolagus cuniculus f. dom.) im Bergtierpark Blindham © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

109 002 004 001 oryctolagus cuniculus sababurg PD3Kaninchenhaltung im Tierpark Sababurg. Die Volierenhaltung schützt die Kaninchen vor Raubwild und Greifvögeln. Links großes Rückzugsgehege, rechts Kontaktgehege © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

109 002 004 001 oryctolagus cuniculus sababurg PD2Kaninchen im Rückzugsgehege des Tierparks Sababurg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Das Hauskaninchen ist nicht nur ein populäres Heim- und weitverbreitetes Nutztier, sondern gehört auch zum Standardbesatz von Streichelgehegen oder Kinderbauernhöfen in Zoos. Daneben züchten viele Zoos hinter den Kulissen Kaninchen, die getötet und zur artgemäßen Fütterung von Raubtieren, Greifvögeln oder Reptilien verwendet werden.

Körperbau und Körperfunktionen

Verglichen mit der Stammform zeigt das Hauskaninchen eine viel größere Variabilität in Größe, Fellfarbe, Fellstruktur und Ohrenform. Verschiedene Zuchtziele (Fleischgewinnung, Fellnutzung, Rassenzucht, Heimtier) haben zu diesen verschiedenen Merkmalen geführt. Dabei reicht die Gewichtsspanne von 1 kg bei den Farbzwergen bis zu über 7 (bis 12) kg bei den 70 cm langen Belgischen oder Deutschen Riesen. Die meisten Rassen haben Stehohren, deren Länge von 6-18 cm variiert. Die ramsnasigen Widderkaninchen haben Hängeohren, die besonders lang und breit sind, wobei die Spannweite im Extremfall  über 70 cm und die Breite 16 cm betragen kann.

Neben Rassen mit nomalem Haarkleid gibt es Kurzhaarrassen, wie das in zahlreichen Farbschlägen gezüchtete Rexkaninchen, bei denen die 17-23 mm langen Grannenhaare die Unterwolle nicht überragen, Langhaarrassen, wie das Angora- und das Fuchskaninchen, bei denen die Grannenhaare 8 bzw. 7 cm lang werden, oder das Löwenkopfkaninchen, eine junge, noch nicht überall anerkannte Zwergkaninchenrasse, sowie Haarstrukturrassen, wie das in mehreren Farbschlägen vorkommende Satinkaninchen, bei denen der Haarschaft verdünnt ist, wodurch das Fell einen seidigen Glanz bekommt.

Das von verschiedenen Organisationen gemeinsam herausgegebene Deutsche Kaninchenrassenverzeichnis führt 104 "deutsche" und 6 "ausländische" Rassen auf. Davon sind vom Zentralverband Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter derzeit rund 90 Rassen in insgesamt 370 verschiedenen Farbenschlägen anerkannt. Die Richtpunkttabelle 2018/19 des Schweizerischen Kaninchenzuchtverbands führt 42 Rassen auf, von denen 22 in 148 Farbschläge unterteilt werden [2; 4; 7]. In Österreich ist die Situation ähnlich wie in Deutschland.

Wie alle Hasenartigen haben Hauskaninchen einen sehr großen Blinddarm und praktizieren Coecotrophie, d. h. sie fressen den weichen, nährstoffreichen Blinddarmkot direkt ab Quelle.

Domestikation und Verbreitung

Das Hauskaninchen ist ein Abkömmling des Europäischen Wildkaninchens (Oryctolagus cuniculus). Dieses wurde bereits von den Römern von der Iberischen Halbinsel nach Italien eingeführt, auf Inseln ausgesetzt oder zur Fleischgewinnung in sogenannten "Leporarien" gehalten. Im Gegensatz zu anderen Haustieren wurde das Kaninchen erst relativ spät domestiziert. Die eigentliche Domestikation erfolgte vermutlich während des Mittelalters, etwa um das Jahr 1000, in französischen Klöstern. In Deutschland sind die ersten Hauskaninchen 1149 urkundlich belegt. Im 16. Jahrhundert wurden sie bereits in mehreren Farbvariationen gezüchtet. Eine größere Bedeutung erlangte die Haltung und Zucht hier um 1870. 1874 fand in Bremen die erste Kaninchenausstellung statt. Heute findet man die domestizierte Form praktisch überall auf der Welt [1; 3].

Bedeutung für den Menschen

Hauskaninchen werden zur Fleisch- und Fellgewinnung genutzt. Sie dienen sprichwörtlich als "Versuchskaninchen" für Forschung, Lehre und Produktesicherung und sie werden zunehmend als Heim- und Kuscheltiere gehalten, obwohl sie dafür wenig geeignet sind.

Laut FAO hat der weltweite Hauskaninchenbestand von 1961 bis 2018 von 98 auf 770 Millionen massiv zugenommen [8].

In Deutschland erfasst das Statistische Bundesamt keine Daten zur Kaninchenproduktion. Gemäß einer Tierschutzorganisation sollen nach Schätzungen von Fachleuten jährlich etwa 41'000 Tonnen Kaninchenfleisch verzehrt und etwa 30 Millionen Mastkaninchen geschlachtet werden. 60 Prozent der verzehrten Menge werden von Hobbyhaltern und Rassekaninchenzüchtern produziert, 20 Prozent kommen von kommerziellen Mästern, und 20 Prozent werden aus Frankreich, Ungarn, den Niederlanden, Polen, Italien und China importiert [nach Wikipedia-Artikel, der sich auf eine nicht mehr verfügbare Internetseite bezieht]. In der Schweiz werden jährlich etwa 1'800 Tonnen Kaninchenfleisch konsumiert, also etwas über 200 g pro Kopf der Bevölkerung. Davon stammt ein Drittel aus inländischer Produktion und zwei Drittel werden hauptsächlich aus Ungarn, China, Frankreich und Italien importiert [5].

Haltung

Kaninchen werden oft als "Stallhasen" bezeichnet. Vielen Besuchern ist nicht geläufig, dass es beträchtliche Unterschiede zwischen Hasen und Kaninchen gibt, was ein Betätigungsfeld für die Zoopädagogik bietet.

Hauskaninchen werden normalerweise im Streichel- oder Bauernhofzoo gehalten, oft in Kontaktgehegen, was eine gewisse Aufsicht bedingt und Rückzugsmöglichkeiten erfordert. Kaninchen sind keine Kuscheltiere. Das Hochheben der Tiere durch das Publikum ist tunlichst zu unterbinden. Von einer Haltung in konventionellen Kaninchenkäfigen sollte im Schaubetrieb abgesehen werden. Allfällig vorhandene alte Ställe mit Einzelboxen lassen sich durch das Einbringen von erhöhten Liegebrettern und das Verbinden von zwei oder mehreren Boxen zu einigermaßen tiergerechten Ställen umfunktionieren [9].

Für das Publikum bleiben solche Ställe aber wenig attraktiv und sollten eigentlich nur hinter den Kulissen oder in Verbindung mit einem historischen Bauernhaus, etwa in einem Freilandmuseum, Bestand haben.

Gruppenhaltung entspricht an sich dem natürlichen Sozialsystem des Kaninchens. Sie kann aber auch zu Stress und Kämpfen führen, denn Rassekaninchen sind oft wesentlich weniger sozial als ihre wildlebenden Artgenossen. Kaninchen haben eine strikte Rangordnung, die sie durch Kämpfe festlegen. Sie kennen keine Beißhemmung und können ein unterlegenes Tier, das in der Begrenztheit des Geheges nicht ausweichen kann, unerbittlich verfolgen. Hat sich eine Gruppe einmal zusammengerauft, ist es meist nicht mehr möglich, neue Tiere dazuzusetzen. Unkastrierte erwachsene Rammler lassen sich nicht zusammenhalten, das endet mit massivsten Verletzungen und dem Tod eines der Kontrahenten. Am einfachsten lässt sich eine Gruppe mit Wurfgeschwistern aufbauen, wobei die Rammler kastriert werden [9].

Tiergesundheit: Hauskaninchen leiden oft unter der durch die Einzeller Eimeria intestinalis und E. flavescens verurscate Darmkokzidiose oder der durch Eimeria stiedai hervorgerufenen Leber-Kokzidiose.n Ferner sind sie empfänglich für u.a. die folgenden Tierseuchen:

  • Hasenbrucellose (Brucella suis), eine Deckseuche, die heute bei uns kaum noch eine Rolle spielt.

  • Myomatose, eine durch Leporipoxvirus myxomatosis verursachte, verlustreiche Krankheit, die durch Insekten übertragen wird. Wildkaninchen dienen als Reservoir. In Deutschland besteht keine Meledepflicht, dies im Gegensatz zur Schweiz, wo die Myxomatose eine zu bekämpfende und somit meldepflichtige Tierseuche ist.

  • Tularämie oder Hasenpest eine duch das Bakterium Francisella tularensis verursachte Zoonose, die durch Vektoren (Insekten), direkten Kontakt, den Konsum von Fleisch oder eine kontaminierte Umgebung überragen wird. Die Krankheit ist in meldepflichtig.

  • Virale hämorrhagische Krankheit der Kaninchen (VHK, RHD) oder "Chinaseuche"), eine durch das Rabbit Haemorrhagic Disease Virus 2 (RHDV-2) aus der Familie Caliciviridae in der Regel durch direkten kontakt übertagene Krankheit mit fast immer tödlichem Ausgang. Die VHK ist für den Menschen ungefährlich. Sie ist in Deutschland weit verbreitet, aber im Gegensatz zur Schweiz nicht mehr eine meldepflichtige Tierseuche. Eine Impfung ist möglich.

Haltung in europäischen Zoos: Hauskaninchen werden in Hunderten zoologischen Einrichtungen gehalten. Allein für Hauskaninchen ohne Rassenzuordnung gibt die Zootierliste rund 290 Haltungen im deutschsprachigen Raum und über 450 weitere Haltungen in anderen europäischen Ländern an. Ferner wird die Haltung von 86 verschiedene Kaninchenrassen dokumentiert.

Gesetzliche Mindestanforderungen an die Haltung:

In Deutschland sind im Rahmen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung am 11. August 2014 neue Vorschriften für die Haltung, Betreuung und Pflege von Kaninchen, die zu Erwerbszwecken gehalten werden, in Kraft getreten. Diese finden sich in Abschnitt 6, §§ 31-37 der Verordnung.

In der Schweiz wird die Haltung von Hauskaninchen durch die Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 geregelt. Einzelne Bestimmungen sind in verschiedenen Abschnitten aufgeführt. Zur Hauptsache erfolgt die Regelung aber im Rahmen von Abschnitt 8 in Verbindung mit Anhang 1 Tabelle 8. "Kleintiere Schweiz" bietet die Möglichkeit, speziell tierfreundliche Haltungen zertifizieren zu lassen. Das bedingt Ställe mit der doppelten Fläche der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestgrösse [9].

In Österreich werden die Hauskaninchen durch die 1. Tierhaltungsverordnung vom 17. Dezember 2004 erfasst, deren Anlage 9 die Detailbestimmungen enthält.

Taxonomie und Nomenklatur

Das Kaninchen wurde 1758 von Carl von LINNÉ vermutlich auf der Grundlage eines Wildkaninchens als "Lepus cuniculus" beschrieben. Vilhelm LILLJEBORG, Professor an der Universität von Uppsala, stellte es 1873 in die Gattung Oryctolagus. Nach der von Herwart BOHLKEN 1961 eingeführten Nomenklatur für Haustiere ist für das Hauskaninchen heute die Bezeichnung Oryctolagus cuniculus forma domestica gebräuchlich [6].

 

Rasseneinteilung nach ZDRK

(aufgeführt sind nur die auf diesem Blatt abgebildeten sowie die auf dem Blatt "Kaninchenrassen" behandelten Rassen)

  1. Große Normalhaar-Rassen (bis 11.5 kg)
  2. Mittelgroße Normalhaar-Rassen (bis 5.5. kg)
  3. Kleine Normalhaar-Rassen (bis 3.75 kg
  4. Normalhaar-Zwergrassen (bis 2kg)
  5. Haarstruktur-Rassen (Satin-Kaninchen, bis 4 kg)

  6. Kurzhaar-Rassen (Rex-Kaninchen, bis 4.5 kg und Zwergformen)

    • Dreifarbenschecken-Rexkaninchen
  7. Langhaar-Rassen (mit langen Haaren oder Wolle)

Literatur und Internetquellen

  1. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  2. KANINCHENRASSEN-VERZEICHNIS
  3. OSTRZECHA, P. & HIRT, J. (2003)
  4. RICHTPUNKTTABELLE SKV
  5. SCHWEIZER LANDWIRTSCHAFT
  6. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  7. ZENTRALVERBAND DEUTSCHER RASSE-KANINCHENZÜCHTER
  8. AGRECOL
  9. KLEINTIERE SCHWEIZ