Geschecktes Zwergkaninchen (Oryctolagus cuniculus f. dom.) im Zoo Landau
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Taxon ohne Rang: Nagetiere und Hasen (GLIRES)
Ordnung: Hasentiere (LAGOMORPHA)
Familie: Hasenartige (Leporidae)
Hauskaninchen
Oryctolagus cuniculus f. domestica • The Domestic Rabbit • Le lapin domestique
- Körperbau und Körperfunktionen
- Domestikation und Verbreitung
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Rasseneinteilung
- Literatur und Internetquellen
- Einzelne Rassen auf separatem Blatt
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Das Hauskaninchen ist nicht nur ein populäres Heim- und weitverbreitetes Nutztier, sondern gehört auch zum Standardbesatz von Streichelgehegen oder Kinderbauernhöfen in Zoos. Daneben züchten viele Zoos hinter den Kulissen Kaninchen, die getötet und zur artgemäßen Fütterung von Raubtieren, Greifvögeln oder Reptilien verwendet werden. Körperbau und KörperfunktionenVerglichen mit der Stammform zeigt das Hauskaninchen eine viel größere Variabilität in Größe, Fellfarbe, Fellstruktur und Ohrenform. Verschiedene Zuchtziele (Fleischgewinnung, Fellnutzung, Rassenzucht, Heimtier) haben zu diesen verschiedenen Merkmalen geführt. Dabei reicht die Gewichtsspanne von 1 kg bei den Farbzwergen bis zu über 7 (bis 12) kg bei den 70 cm langen Belgischen oder Deutschen Riesen. Die meisten Rassen haben Stehohren, deren Länge von 6-18 cm variiert. Die ramsnasigen Widderkaninchen haben Hängeohren, die besonders lang und breit sind, wobei die Spannweite im Extremfall über 70 cm und die Breite 16 cm betragen kann. Neben Rassen mit nomalem Haarkleid gibt es Kurzhaarrassen, wie das in zahlreichen Farbschlägen gezüchtete Rexkaninchen, bei denen die 17-23 mm langen Grannenhaare die Unterwolle nicht überragen, Langhaarrassen, wie das Angora- und das Fuchskaninchen, bei denen die Grannenhaare 8 bzw. 7 cm lang werden, oder das Löwenkopfkaninchen, eine junge, noch nicht überall anerkannte Zwergkaninchenrasse, sowie Haarstrukturrassen, wie das in mehreren Farbschlägen vorkommende Satinkaninchen, bei denen der Haarschaft verdünnt ist, wodurch das Fell einen seidigen Glanz bekommt. Das von verschiedenen Organisationen gemeinsam herausgegebene Deutsche Kaninchenrassenverzeichnis führt 104 "deutsche" und 6 "ausländische" Rassen auf. Davon sind vom Zentralverband Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter derzeit rund 90 Rassen in insgesamt 370 verschiedenen Farbenschlägen anerkannt. Die Richtpunkttabelle 2018/19 des Schweizerischen Kaninchenzuchtverbands führt 42 Rassen auf, von denen 22 in 148 Farbschläge unterteilt werden [2; 4; 7]. In Österreich ist die Situation ähnlich wie in Deutschland. Wie alle Hasenartigen haben Hauskaninchen einen sehr großen Blinddarm und praktizieren Coecotrophie, d. h. sie fressen den weichen, nährstoffreichen Blinddarmkot direkt ab Quelle. Domestikation und VerbreitungDas Hauskaninchen ist ein Abkömmling des Europäischen Wildkaninchens (Oryctolagus cuniculus). Dieses wurde bereits von den Römern von der Iberischen Halbinsel nach Italien eingeführt, auf Inseln ausgesetzt oder zur Fleischgewinnung in sogenannten "Leporarien" gehalten. Im Gegensatz zu anderen Haustieren wurde das Kaninchen erst relativ spät domestiziert. Die eigentliche Domestikation erfolgte vermutlich während des Mittelalters, etwa um das Jahr 1000, in französischen Klöstern. In Deutschland sind die ersten Hauskaninchen 1149 urkundlich belegt. Im 16. Jahrhundert wurden sie bereits in mehreren Farbvariationen gezüchtet. Eine größere Bedeutung erlangte die Haltung und Zucht hier um 1870. 1874 fand in Bremen die erste Kaninchenausstellung statt. Heute findet man die domestizierte Form praktisch überall auf der Welt [1; 3]. Bedeutung für den MenschenHauskaninchen werden zur Fleisch- und Fellgewinnung genutzt. Sie dienen sprichwörtlich als "Versuchskaninchen" für Forschung, Lehre und Produktesicherung und sie werden zunehmend als Heim- und Kuscheltiere gehalten, obwohl sie dafür wenig geeignet sind. Laut FAO hat der weltweite Hauskaninchenbestand von 1961 bis 2018 von 98 auf 770 Millionen massiv zugenommen [8]. In Deutschland erfasst das Statistische Bundesamt keine Daten zur Kaninchenproduktion. Gemäß einer Tierschutzorganisation sollen nach Schätzungen von Fachleuten jährlich etwa 41'000 Tonnen Kaninchenfleisch verzehrt und etwa 30 Millionen Mastkaninchen geschlachtet werden. 60 Prozent der verzehrten Menge werden von Hobbyhaltern und Rassekaninchenzüchtern produziert, 20 Prozent kommen von kommerziellen Mästern, und 20 Prozent werden aus Frankreich, Ungarn, den Niederlanden, Polen, Italien und China importiert [nach Wikipedia-Artikel, der sich auf eine nicht mehr verfügbare Internetseite bezieht]. In der Schweiz werden jährlich etwa 1'800 Tonnen Kaninchenfleisch konsumiert, also etwas über 200 g pro Kopf der Bevölkerung. Davon stammt ein Drittel aus inländischer Produktion und zwei Drittel werden hauptsächlich aus Ungarn, China, Frankreich und Italien importiert [5]. HaltungKaninchen werden oft als "Stallhasen" bezeichnet. Vielen Besuchern ist nicht geläufig, dass es beträchtliche Unterschiede zwischen Hasen und Kaninchen gibt, was ein Betätigungsfeld für die Zoopädagogik bietet. Hauskaninchen werden normalerweise im Streichel- oder Bauernhofzoo gehalten, oft in Kontaktgehegen, was eine gewisse Aufsicht bedingt und Rückzugsmöglichkeiten erfordert. Kaninchen sind keine Kuscheltiere. Das Hochheben der Tiere durch das Publikum ist tunlichst zu unterbinden. Von einer Haltung in konventionellen Kaninchenkäfigen sollte im Schaubetrieb abgesehen werden. Allfällig vorhandene alte Ställe mit Einzelboxen lassen sich durch das Einbringen von erhöhten Liegebrettern und das Verbinden von zwei oder mehreren Boxen zu einigermaßen tiergerechten Ställen umfunktionieren [9]. Für das Publikum bleiben solche Ställe aber wenig attraktiv und sollten eigentlich nur hinter den Kulissen oder in Verbindung mit einem historischen Bauernhaus, etwa in einem Freilandmuseum, Bestand haben. Gruppenhaltung entspricht an sich dem natürlichen Sozialsystem des Kaninchens. Sie kann aber auch zu Stress und Kämpfen führen, denn Rassekaninchen sind oft wesentlich weniger sozial als ihre wildlebenden Artgenossen. Kaninchen haben eine strikte Rangordnung, die sie durch Kämpfe festlegen. Sie kennen keine Beißhemmung und können ein unterlegenes Tier, das in der Begrenztheit des Geheges nicht ausweichen kann, unerbittlich verfolgen. Hat sich eine Gruppe einmal zusammengerauft, ist es meist nicht mehr möglich, neue Tiere dazuzusetzen. Unkastrierte erwachsene Rammler lassen sich nicht zusammenhalten, das endet mit massivsten Verletzungen und dem Tod eines der Kontrahenten. Am einfachsten lässt sich eine Gruppe mit Wurfgeschwistern aufbauen, wobei die Rammler kastriert werden [9]. Tiergesundheit: Hauskaninchen leiden oft unter der durch die Einzeller Eimeria intestinalis und E. flavescens verurscate Darmkokzidiose oder der durch Eimeria stiedai hervorgerufenen Leber-Kokzidiose.n Ferner sind sie empfänglich für u.a. die folgenden Tierseuchen:
Haltung in europäischen Zoos: Hauskaninchen werden in Hunderten zoologischen Einrichtungen gehalten. Allein für Hauskaninchen ohne Rassenzuordnung gibt die Zootierliste rund 290 Haltungen im deutschsprachigen Raum und über 450 weitere Haltungen in anderen europäischen Ländern an. Ferner wird die Haltung von 86 verschiedene Kaninchenrassen dokumentiert. Gesetzliche Mindestanforderungen an die Haltung: In Deutschland sind im Rahmen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung am 11. August 2014 neue Vorschriften für die Haltung, Betreuung und Pflege von Kaninchen, die zu Erwerbszwecken gehalten werden, in Kraft getreten. Diese finden sich in Abschnitt 6, §§ 31-37 der Verordnung. In der Schweiz wird die Haltung von Hauskaninchen durch die Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 geregelt. Einzelne Bestimmungen sind in verschiedenen Abschnitten aufgeführt. Zur Hauptsache erfolgt die Regelung aber im Rahmen von Abschnitt 8 in Verbindung mit Anhang 1 Tabelle 8. "Kleintiere Schweiz" bietet die Möglichkeit, speziell tierfreundliche Haltungen zertifizieren zu lassen. Das bedingt Ställe mit der doppelten Fläche der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestgrösse [9]. In Österreich werden die Hauskaninchen durch die 1. Tierhaltungsverordnung vom 17. Dezember 2004 erfasst, deren Anlage 9 die Detailbestimmungen enthält. Taxonomie und NomenklaturDas Kaninchen wurde 1758 von Carl von LINNÉ vermutlich auf der Grundlage eines Wildkaninchens als "Lepus cuniculus" beschrieben. Vilhelm LILLJEBORG, Professor an der Universität von Uppsala, stellte es 1873 in die Gattung Oryctolagus. Nach der von Herwart BOHLKEN 1961 eingeführten Nomenklatur für Haustiere ist für das Hauskaninchen heute die Bezeichnung Oryctolagus cuniculus forma domestica gebräuchlich [6].
Rasseneinteilung nach ZDRK(aufgeführt sind nur die auf diesem Blatt abgebildeten sowie die auf dem Blatt "Kaninchenrassen" behandelten Rassen)
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